Kapitel 3: Tun deine Hände weh, Ally?

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Mitten in der Nacht wachte ich auf, als ich etwas an meinem Arm bemerkte. Ich blickte auf meinen Arm und entdeckte eine Hand, die unentwegt meinen Arm streichelte. Meine Atmung verschnellte sich zunehmend und als ich der Hand folgte und zu dem Gesicht des Besitzers kam, stockte mein Atem komplett. Er war wieder da und er hat mich gefunden. Mein ganzer Körper zitterte, was er auch bemerkte, denn er zog seine Hand weg. Langsam strich er durch mein Haar, bewusst, dass ich mich vor Schock nicht bewegen konnte. Meine Augen suchten mein Zimmer nach Dexter ab, jedoch fand ich ihn nicht.

"Hallo Ally! Vor mir brauchst du doch keine Angst zu haben. Wir kennen uns doch schon solange. 2 Jahre haben wir uns nicht mehr gesehen", seine Stimme war leise und ruhig.

Ich traute mich nicht ihm zu antworten und meine Hände begannen zu kribbeln.

"Tun deine Hände weh, Ally?" Sein Ton klang fürsorglich, doch ich konnte die Gehässigkeit in seiner Stimme erkennen. Ich schüttelte den Kopf.

"Ich habe dich vermisst, Ally. Nach unserer letzten Begegnung warst du einfach weg. Du bist einfach nach Frankreich abgehauen" Er sah traurig und verletzt aus. Er strich immer noch durch meine Haare.

"Bitte geh jetzt" Ich war den Tränen nahe. Er schüttelte den Kopf.

"Weißt du was ich noch an dir vermisst habe? Du duftest so wunderbar nach Lavendel, dein Hals ist so wohl geformt und deine Brüste sind so schön prall und groß" Er ließ meine Haare los, nahm sich schnell meine Hände, drückte meinen Oberkörper auf das Bett und hielt meine Hände über dem Kopf zusammen.

"Weißt du wie lange ich auf diesen Moment gewartet habe? Ich habe verdammte 2 Jahre gewartet und jetzt hole ich mir was mir zusteht" In seiner anderen Hand sah ich ein Skalpell glänzen und ich fing an mich unter seinem Griff zu winden.

"Halt doch still. Es ist auch gleich wieder vorbei" Ich konnte das kalte Metall des Skalpells an meiner Kehle spüren. Ich versuchte mich weiter aus seinem Griff zu befreien bevor er sich kurzerhand auf meine Hüfte setzte, sodass ich mich überhaupt nicht mehr bewegen konnte.

Wieder hielt er mir das Skalpell an den Hals, wobei ich wusste, dass es sich gleich, wie ein warmes Messer in Butter, in mein Fleisch schneiden würde.

-

Schwer atmend und verschwitzt wachte ich auf. Dexter merkte, dass etwas nicht stimmte und sprang zu mir ins Bett um mich zu beruhigen. Ich streichelte ihn ununterbrochen und er leckte mein Gesicht ab. Ich strich mit meiner Hand meinen Hals entlang. Ich konnte nichts fühlen. Kein Blut, kein Kratzer, kein Schnitt. Es war nur einer meiner üblichen Alpträume. Ich schlug die Decke zurück und schlich, Dexter stets an meiner Seite, in die Küche. Ich machte mir einen Beruhigungstee und setzte mich an den Tresen.

Unaufmerksam rührte ich im Tee rum und wärmte meine Handinnenflächen an der Tasse. Ich war so unaufmerksam, dass ich erst nach einiger Zeit bemerkte, dass Dad neben mir saß und mich beobachtete.

"Du hast immer noch diese Alpträume", stellte er nach einiger Zeit fest. Ich nickte.

"Der Psychologe sagte, dass die Alpträume wahrscheinlich nie ganz aufhören werden. Das kommt von der posttraumatischen Belastungsstörung" Ich atmete tief durch.

"Es gibt Zeiten, da kann ich eine Woche lang durch schlafen ohne einen einzigen Alptraum und dann gibt es Zeiten, da muss ich nur die Augen schließen und sehe die schrecklichsten Szenarien vor mir. Manchmal sind die Alpträume furchtbar, manchmal weniger schlimm" Tränen bahnten sich den Weg über meine Wangen und ich zitterte. Dad strich meine Tränen weg und nahm mich in den Arm.

"Ich wünschte mir, ich hätte da sein können. Ich habe dich immer vor meiner Arbeit schützen wollen und im Nachhinein haben wir bemerkt, dass es tausendmal schlimmere Sachen gibt und genau dir musste eine dieser Sachen widerfahren und ich war nicht da um dich zu beschützen" Sanft strich er mir über den Rücken.

"Du bist jetzt da. Mehr brauche ich nicht" Ich löste mich lächelnd, aber immer noch mit Tränen in den Augen, von ihm und bemerkte, dass er immer noch seine Alltagskleider an hatte.

"Warst du noch nicht schlafen?"

"Ich bin immer so lange wach bis alle Jungs gegangen sind. Das kann manchmal ziemlich spät werden. Aber jetzt sind sie ja weg, da morgen Schule ist" Schule. Auch das noch.

"Du kannst aber schlafen gehen. Ich habe ja Dexter bei mir"

"So wie ich dich kenne, wirst du jetzt sicher nicht mehr schlafen gehen und Schlaftabletten nimmst du auch nicht."

"Ich werde wahrscheinlich zeichnen bis ich zur Schule muss", erklärte ich ihm. Ich trank schnell den Tee und ging dann in mein Zimmer. Dads Zimmer liegt neben dem Wohnzimmer. Ich schaltete den Wecker aus und zog mich schon mal für die Schule an. Ich schnappte mir noch Stifte und einen Zeichenblock. Ich machte, das Licht in der Küche aus und schaltete das im Wohnzimmer an.

Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es gerade mal 2 Uhr morgens war und ich normalerweise um 6 Uhr aufstehe um zur Schule zu gehen. Das würde noch eine lange Nacht werden. Ich nahm mir meinen Stift und zeichnete willkürlich darauf los. Dexter machte es sich auf meinen Füßen bequem. Nach und nach nahm die Zeichnung Form an. Ich bemerkte dabei nicht, wie die Stunden vergingen. Es war eine große, düstere Villa in einer Vollmondnacht auf meinem Blatt zustande gekommen.

"Du hast auch schon mal schönere Sachen gezeichnet" Vor Schreck fiel mein Stift aus der Hand.

Ich drehte mich um und sah meinen Vater, der, über meine Schulter hinweg, das Bild betrachtet.

"Was machst du denn hier?" Immer noch leicht verschreckt sah ich ihn an. Wieso war er schon wach?

"Irgendjemand muss dich doch zur Schule fahren, ich bezweifele stark, dass du den Weg kennst"

Ich legte Block und Stift auf den kleinen Beistelltisch vor der Couch und folgte ihm in die Küche.

Scars of the pastWo Geschichten leben. Entdecke jetzt