29. Kapitel

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Ihre Mutter und Kelly kannten sich schon lange, deshalb war es nicht unmöglich, dass ihr Vater auch Tino einmal kennengelernt hatte, selbst wenn sie ihn heute zum ersten Mal gesehen hatte. Das erklärte aber trotzdem nicht diese innige Umarmung, die aussah, wie die des Vaters, der seinen verlorenen Sohn wieder in die Arme schloss.

„Papa, ich denke, du musst mir jetzt mal so einiges erklären", sagte sie und er löste sich von Tino.

„Ich weiß, mein Schatz, ich weiß." Er seufzte und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Er hatte tiefe Augenringe und sie sah, wie viele Falten sein Gesicht inzwischen zierten. Ihr war nie aufgefallen, dass ihr Vater alterte, der letzte Monat hatte diesen Prozess wahrscheinlich vorangetrieben. „Ich bin ein schlechter Vater gewesen und ich schäme mich dafür. Ich erwarte auch nicht, dass du mir jetzt gleich verzeihst. Weißt du, dass es niemanden gibt, den ich mehr liebe als dich? Ich wollte dich immer schützen, aber das hat wohl nicht so ganz funktioniert."

Tino ging rücksichtsvoll zu Emilia an die Tür und rüttelte mit ihr am Griff, obwohl ihm klar war, dass das nicht helfen würde. Er wurde Romy sofort ein bisschen sympathischer.

Sie war ihrem Vater nicht böse, dazu hatte sie keine Kraft, aber verzeihen konnte sie ihm auch nicht. Nicht, weil sie nachtragend war, sondern weil sie das Gefühl hatte, dass sie die letzten Wochen ungeschehen machte, wenn sie ihm jetzt sagte, dass es nichts ausmachte. Und ihren Schmerz konnte man nicht ungeschehen machen.

„Hast du mir denn nicht vertraut? Glaubst du, ich wäre nicht damit klargekommen, dass Mamas Mörder auch für mich noch gefährlich ist? Wäre es nicht besser gewesen, du hättest mich gewarnt?"

„Mir war nicht klar, dass Vladislav wusste, wer du bist. Dass er überhaupt wusste, dass ich eine Tochter habe. Sie haben mich in der Nacht vom Dienstag auf Mittwoch abgeholt und zur Überwachung, zur Kontrolle und für Ratschläge zu ihrer Mission hierher gebracht. In diesem Raum war ich eingesperrt, solange, bis sie wieder etwas von mir wissen wollten. Den Brief habe ich auch nicht geschrieben, sie wollten, dass du so lange wie möglich beruhigt bist, keine Polizei informierst und sie dann freie Bahn haben, um dich hierher zu bringen."

„Wieso wollten sie was von dir wissen? Von dir? Verdammt, was hast du hier mit zu tun?", schrie sie. „Was habe ich damit zu tun?", fragte sie leise.

„Ich denke, ich muss ganz am Anfang beginnen", setzte er an, da wurde die Tür wieder aufgerissen und Kelly und Alan zu ihnen hineingestoßen. Tino und Emilia versuchten sich nach draußen zu drängen, aber die Männer waren zu massiv, zu stark.

„Gut, dann kommt ihr beiden jetzt mit!" Emilia und Tino wurden festgehalten und gewaltsam mit gezogen. Alan, der sich inzwischen wieder orientiert hatte, stürzte sich auf die Tür, aber sie schlug in diesem Moment zu uns er knallte gegen das harte Holz.

„Scheiße, ist das frustrierend", fluchte Alan. „Es ist nicht mal abgeschlossen und wir kommen trotzdem nicht raus. Hat jemand eine Karte? Irgendwie muss die verfickte Tür doch aufgehen."

„Beruhig dich. Die Tür geht nicht auf. Ich bin hier jetzt schon seit drei Tagen, da hilft nichts. Wer bist du überhaupt?", sagte Michael ruhig.

„Alan, einfach Alan und Sie?", aber es schien ihn nicht wirklich zu interessieren. „Ich glaub das nicht, ich glaub das einfach nicht. Die können uns hier doch nicht einfach einsperren. Irgendwie kommen wir hier raus."

„Ich bin Michael, Romys Vater."

Alan reagierte nicht, sondern rüttelte weiter an der Tür. „Hilfe! Hier sind wir, holt uns jemand raus? Hilft uns jemand? Was soll das? Wir sind hier, helft uns!"

MedaillenblutWhere stories live. Discover now