Prolog

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Der Schnee fiel unaufhörlich auf die kalten Pflastersteine. Auf einem mit Efeu bewachsenen Straßenschild verkündete ein verwitterter Schriftzug den Namen der Straße: Rosengasse. Der Name schien ebenso wenig hierher passen zu wollen, wie die kleine Gruppe von Jugendlichen, die in einem Hauseingang dicht zusammen gedrängt bei einander stand und rauchte. Allesamt schienen sie auf etwas zu warten.

Auf einmal löste sich eine schwarze Gestalt aus dem dichten Schneegestöber und schritt eilig auf besagten Hauseingang zu. Sie hatte den Mantelkragen hochgeschlagen und es war offensichtlich, dass sie nicht hier sein wollte.

 Bei den Jugendlichen angekommen schlug die Gestalt die Kapuze zurück und offenbarte ein Mädchen, höchstens sechzehn Jahre alt mit blonden Haaren und jeder Menge Sommersprossen.

 Einer der Jugendlichen, ein Junge, auch etwa sechzehn mit dunkelbraunen Haaren und dunklen Augen, trat vor und besprach etwas mit dem Mädchen. Er schien verärgert über ihre Antwort zu sein.

 „Nein!“, konnte man sie jetzt deutlich sagen hören „Das ist meine Antwort. Ich mach das nicht. Sucht euch jemand anderen.“ Mit diesen Worten wollte sie sich umdrehen, da lächelte der Junge listig.

 „Auch nicht, wenn wir dir sagen, dass wir wissen, was mit dem verschwundenen Mädchen passiert ist?“ Sie hielt inne.

 „Ihr wisst es? Sagt es mir. Ihr wisst, das wäre fair!“ Aber er grinste nur und hielt ihr die Hand hin.

 Sie zögerte ganz kurz. „Du mieser, hinterhältiger Dreckskerl“, zischte sie, dann ergriff sie seine Hand: „Abgemacht.“

 „Gut“, sagte er zufrieden „Donnerstag, 23 Uhr, bei der alten Fabrik. Komm allein.“ Das Mädchen warf ihm einen wütenden Blick zu, dann zog sie die Kapuze über und verschwand wieder im dichten Schneegestöber.

 Der Junge starrte ihr hinterher, bis sie nicht mehr zu sehen war. Dann drehte er sich zu den anderen Jugendlichen um. „Bald“, sagte er, nahm seine Zigarette und begann wieder zu rauchen.

 Die Szenerie war unverändert.

 ~

 Sie hämmerte mit aller Kraft gegen die Fensterscheibe.

 „Nein. Tu´s nicht“, schrie sie „Lass dich nicht auf den Handel ein. Er ist ein Wortbrecher. Er wird sein Versprechen nie halten!“

 Sie hörten sie nicht. Wie auch? Der Raum war schallisoliert und die Scheibe aus Dreifachglas. Sie schlug, trat und schrie und versuchte so viel Lärm zu veranstalten wie möglich.

 „Ich bin hier. Du musst dich nur umdrehen und nach oben gucken. Ich bin hier! Tu´s nicht.“

 Verzweifelt sah sie, wie sie ihm die Hand gab. Sie hatte sich auf den Handel eingelassen...

 Sie beobachtete noch wie die Gestalt wieder zwischen den dichten weißen Flocken verschwand, dann sank sie erschöpft zu Boden.

 Ich bin hier“, murmelte sie und spürte wie ihr heiße Tränen über das Gesicht liefen. Sie hatte schon so lange nicht mehr geweint.

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