Verlorenes Kind

203 18 4
                                    

"Du denkst, das ist mein Vater?", fragte Peter stirnrunzelnd.
"Ich soll zur Hälfte ein Elf sein?"

"Das würde auf jeden Fall erklären, warum du nie was von Nimmerland wusstest und völlig überraschend nach Nimmerland gekommen bist", erwiderte Wolf langsam, "Du bist auf der Erde geboren. Und deine Mutter ist ein Mensch."

Peter starrte eine Zeit lang ungläubig auf den Tagebucheintrag und schüttelte dann heftig den Kopf.

"Ich bin doch kein Elf!", protestierte er, "Das ist völlig unmöglich."

Peter stellte sich Elfen eigentlich genauso wie Feen vor - winzig klein und mit Flügeln - doch Wolf hatte gesagt, es gäbe da einen großen Unterschied. Dennoch konnte Peter nicht wirklich glauben, was er da hörte.

"Eben nicht!", drängte Wolf, "Es passt genau! Hör zu, Pan hat diese Insel vor 13 Jahren verlassen - und du bist doch auch 13 Jahre alt! Peter, ich bin mir hunterprozentig sicher, dass du Pans Sohn bist."

"Das würde aber bedeuten, dass Peter der Hüter Nimmerlands ist", erwiderte Tink mit scharfer Stimme, "Und das kann man ihm doch nicht ernsthaft zumuten. Er ist bloß ein Junge."

Wütend stemmte Peter die Arme in die Hüfte und funkelte Tinkerbell zornig an.
Zwar glaubte er genauso wenig, dass er ein Elfenhüter war, doch das gab Tink noch lange nicht das Recht, seine Fähigkeiten zu kritisieren!

"Halt die Klappe, Glühwürmchen", raunzte er sie an,
"Du hast doch keine Ahnung wie ich bin!"

"Ich weiß nur,", sagte Tink unbeeindruckt, "dass du ein überheblicher, unzuverlässiger Junge bist, der nur Schabernack treibt und keinen blassen Schimmer von Nimmerland hat! Dir sollte man nie eine solche Aufgabe anvertrauen, weil du sie sowieso nicht erfüllen kannst!"

Peter schnappte empört nach Luft.
Er spürte, wie ihm das Blut heiß in den Kopf schoss.

"Du gibt's mir ja noch nicht mal die Chance es zu versuchen!", brüllte er die Fee an, "Du denkst du bist so schlau, weil du schon ewig hier lebst, aber selbst hast du noch nie was für Nimmerland getan! Weil die Feen ihren ach so wertvollen Feenstaub beschützen müssen! Sag mal, merkst du noch was?!"

Tink riss entsetzt und verärgert den Mund auf.

"Jetzt hört auf!", herrschte Wolf dazwischen und warf jeweils Peter und Tink böse Blicke zu.

"Diese Diskussion ist total überflüssig. Wenn Peter nämlich tatsächlich Pan's Sohn ist - was ich für höchstwahrscheinlich halte - wird er nämlich keine andere Wahl haben, Tinkerbell. Egal ob er es gut macht oder nicht: Wir sind auf seine Verantwortung angewiesen."

Peter schwirrte der Kopf.
Nur mit einem Ohr bekam er mit, wie Tinkerbell eine empörte Bemerkung ablieferte und wie Wolf stürmisch darauf antwortete.

Peter starrte auf die Zeilen, die sein angeblicher Vater verfasst hatte.
Die Schrift war schnörkelich und sauber. Beinahe makellos.
Wie der Elf selbst.

Und Peter wusste, dass er niemals wie er sein könnte.
Er war nicht makellos, er war eine Schande für viele Menschen - und vieler der Dinge, die Tink ihm an den Kopf geworfen hatte, stimmten auch.

Er würde nie so schreiben können. Es war nichts Besonderes an ihm.
Er war nur ein Mensch. Nur ein Junge.

"Ich bin nur ein Junge", sprach er seine Gedanken laut aus.
Wolf und Tink verstummten.

Peter sah hoch und blickte den beiden in die Augen.

"Tink hat Recht", presste er schließlich hervor, "Ich kann nichts. Ich bin nicht besonders. Ohne mich seid ihr alle besser dran."

Peter Pan - Wie alles begann 🏁Where stories live. Discover now