Der Kampf am Hafen

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"FEUER!"
Die Kanonen knallten wie Blitz und Donner in den Hafen Londons. Von weitem hörte Rackham die Schreie der verzweifelten Menschen.
Er leckte sich über die Lippen. Solche himmlischen Geräusche hatte er seit einer Woche nicht mehr gehört.
Sie befanden sich nun kurz vor dem Hafen und segelten sehr zügig darauf zu. Rackham hatte nichts anderes als das wartende Land vor Augen, dort wo die Menschen schreiend vor der Jolly Roger flüchteten.
Er freute sich darauf endlich mal wieder seinen Säbel schwingen zu können. Auf jeden Fall würde er heute ein paar Jungen umbringen, denn jetzt ging es daran den Jungen zu finden, von dem der Astronom gesprochen hatte. Und Rackham würde ihn finden - er konnte es bis in die Zehenspitzen spüren.

Es dauerte nicht lange, da hatten sie den Hafen erreicht. Sobald das Schiff auf der Stelle schwamm und der Anker ausgeworfen war, stürmten die Piraten brüllend vom Deck und das Massaker begann. Seelenruhig schlenderte Rackham von der Jolly Roger. Jamie und Smee waren die einzigen, die ihm langsam folgten, die anderen Piraten waren schon dabei die Menschen am Hafen zu töten. Rackham erkannte viele Matrosen, einige betrunken, andere nicht, ein paar Frauen mit ihren Kindern und auch mehrere Marinesoldaten, die verzweifelt versuchten den Hafen vor den Piraten zu verteidigen. Doch auch sie wurden gnadenlos niedergemetzelt.
Rackham zückte seine Pistole.
Ein kleines Mädchen, vielleicht fünf Jahre, lief heulend vor Rackham davon und schrie nach seiner Mama. Rackham richtete die Pistole auf das Mädchen und drückte ab.
Das zarte Ding fiel kopfüber auf den harten Stein und rührte sich nicht mehr. Aus ihrem Kopf schoss Blut. Eine Frau stieß einen markerschütterden Schrei aus. Rackham wandte sich gelangweilt zu ihr um. Sie starrte erst total geschockt auf das Mädchen, das tot am Boden lag, und lief dann schreiend, mit Tränen in den Augen und voller Hass auf Rackham zu. Er hob die Pistole erneut und drückte ein zweites Mal ab.
Die Mutter fiel neben ihre Tochter. Von beiden waren die Augen vor Schreck weit aufgerissen und starrten ins Leere.
Rackham belächelte den sinnlosen Mut der Mutter und wandte sich dann ab.
Die Menschen waren so dumm...
Er beobachtete die Piraten dabei, wie sie einen Menschen nach dem anderen umbrachten. Der Hafen sah jetzt schon aus wie ein Schlachtfeld, denn überall lagen die Leichen herum.
"AUFHÖREN!", bellte Rackham plötzlich seiner Mannschaft zu und die Piraten hielten inne. Rackham wartete bis er die Aufmerksamkeit von allen Piraten und Überlebenden hatte dann hob er das Kinn und legte eine Hand auf den Degen. Alle Blicke waren nun auf ihn gerichtet.
"Ich mache euch ein Angebot", sagte Rackham mit lauter Stimme zu den Menschen, die von dem Gemetzel noch übrig waren. Viele standen zittrig auf der Stelle und lauschten ängstlich Rackhams Worten.
Plötzlich löste sich ein Mann aus den Reihen und rannte los. Rackham hatte geahnt, dass so ein Fluchtversuch kommen würde. Mit einer fast spielerischen Geste drückte er den Abzug seiner Pistole und der Mann stürzte tot zu Boden.
"Also wo war ich", fuhr Rackham beiläufig fort, während er den Rauch von der Pistole pustete.
"Ach ja. Das Angebot." Er lächelte spöttisch. "Ich lasse euch alle am Leben, wenn ihr euch auf die Suche nach ein paar Jungen macht. Bringt mir irgendwelche Jungen her, egal in welchem Alter. Wer mir den Jungen bringt, den ich suche, wird von mir belohnt werden. Und denkt ja nicht ans Weglaufen. Ich werde euch finden, egal wo ihr seid."
Und zu seinen Männern sagte er: "Für euch gilt das gleiche. Bringt mir diesen Jungen! Ich, Jamie und Smee werden hier warten. Nun los!"
Die Menschen setzten sich in Bewegung.
Rackham setzte sich auf ein Fass, das neben ein paar Kisten stand und lächelte zufrieden.
Oh ja, die Menschen waren wirklich dumm.
Natürlich war das, was Rackham erzählt hatte, alles nicht wahr. Bis auf seine Mannschaft würde er alle umbringen, sobald er sie nicht mehr brauchte. Wenn sie ihren Zweck erfüllt hatten, hatte er keine Verwendung mehr für sie.
Rackham ließ seinen Blick über die vielen Leichen wandern.
"Smee", fuhr er den alten Steuermann an, der sichtlich zusammen zuckte. "Bring mir was vom Grog."
"Kommt sofort, Käpt'n", sagte Smee nervös und huschte auf das Deck der Jolly Roger.
"Warum sind Sie sich so sicher, dass der Junge hier ist?", fragte Jamie, als Smee verschwunden war. "Käpt'n", setzte er schnell hinzu.
"Er ist hier", antwortete Rackham leise, "Das kann ich spüren. Und sie werden ihn schon finden."
Jamie mag Rackhams Antwort merkwürdig gefunden haben, jedenfalls ließ er sich nichts anmerken. Rackham drehte sich zu ihm um.
"Freuen Sie sich nicht auch schon auf die neue Abenteuer, Jamie?"
Jetzt konnte Jamie nicht anders als Rackham seltsam anzusehen. Rackham lachte schallend.
"Ich schon", sagte er und ein seltsames Funkeln trat in seine Augen.

Peter Pan - Wie alles begann 🏁Where stories live. Discover now