Kapitel 94

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KAPITEL 94

~ May's Sicht ~

Nachdem ich Kane in der Kita abgesetzt hatte, fuhr ich zurück nach Hause um Range Rover gegen Aston einzutauschen. Da Marco bis Montag nicht da war und ich ab da arbeiten musste, hatte ich Manu gefragt, ob sie dann Kane immer aus der Kita abholen könnte, während Marco ihn hinbringt oder ich. Vermutlich ich, weil ich um halb zehn immer anfing zu arbeiten.
Dann rief ich bei Marcel an und fragte ob ich in die Werkstatt kommen könnte wegen einem Kratzer. Meinte dann, dass da eine Menge los ist, aber ich die Beule und den kleinen Kratzer selber ausbessern sollte - da ich das ja gelernt habe.
Ich fuhr auf den Hof an den teuren Sportkarren vorbei und hielt wenig später an der Werkstatt. Marcel hatte schon einen geilen Job, mit den ganzen Sportwagen. Anfangs war das eine No-Name-Werkstatt die sich auf alle Autos konzentrierte. Irgendwann sind sie auf schicke Karrossen umgestiegen. Marcel freute es, er war einer der beliebtesten Mitarbeiter des Chefs.
Als ich ausgestiegen war, kam Marcel in blaumann und überall mit Öl beschmiert aus der Werkstatt.
"Na, Kleine", grinste er und umarmte mich trotz Ölfinger. Er wusste, dass ich das nicht so eng sah.
"Na, Kleiner", entgegnete ich. "Mensch, du siehst aus, als bist du einem Stripperkurs entflohen."
Ich kniff ihn in die starken Oberarme und er lachte nur.
"Ja und tanzen kann ich auch noch", grinste er und schaute sich den Schaden an. "Nur eine Delle."
"Weiß ich. Ich denke, heißes Wasser drüber und du drückst das von hinten raus?", fragte ich. "Ich meine, es wird zwar eng zwischen Reifen und Stoßstange zu fassen. Zur Not einfach abschrauben."
"Dann fahr die Karre in die Werkstatt", meinte Marcel und klatschte stolz in die Hände.
Ich fuhr den Wagen in die Werkstatt und die Männer blickten mich komisch an.
"Ist das nicht deine beste Freundin?", fragte der Boss, den ich von Fotos kannte. Der erinnerte mich immer wieder an Vin Diesel. Groß, breit gebaut- Glatze, tiefe Stimme.
"Ja, das ist sie", sagte Marcel. "Ey, Azubi, hol der Kleinen einen Wasserkocher."
Der kleine schmächtige Typ nickte und eilte in die Hinterzimmer.
"Möchte sie uns Kaffeekochen?", lachte ein älterer Mitarbeiter.
"Nee, dir die Fresse damit verbrühen", grummelte Marcel.
"Bleib doch ruhig", sagte ich zu Marcel.
"Ach, der hat hier eh nichts zu melden", schnaubte Marcel.
"Hey, ich bin Günther", sagte der Chef und hielt mir die Faust hin
"May", sagte ich und haute meine dagegen.
"Der Miesepeter heißt Günther."
"Noch einer?", fragte ich.
Günther der Boss nickte. "Ja, die Sekretärin heißt mit Nachnamen Günther-"
Der Azubi reichte mir den Wasserkocher.
"Danke und lass mich raten, du heißt auch Günther?", fragte ich den Azubi.
"Nein, das ist-"
Der Boss wandte sich zu dem Azubi, der nur rot wurde. "Na komm. Kannst du dich nicht vorstellen, oder muss das deine Mutter auch noch machen- wie die Stullen Vitalvollkornbrot mit Gesichtsmortadella."
"N-nein, ich b-bin Pascal", sagte der Junge stammelnd.
"Hast du ein Sprachfehler, oder so?", fragte ich irritiert.
"Nein", sagte er und traute sich gar nicht mir in die Augen zu schauen.
"Sicher?"
"Hör auf ihn zu ärgern", flüsterte Marcel.
"Na, dann geh mal malochen, Pascal."
Er nickte und flitzte weg.
"Komischer Kerl. Ganz komischer Kerl", meinte ich.
Der Boss nickte nur. "Aber der macht gute Arbeit, das muss man ihn lassen."

Nachdem ich die vorderene Stoßstange gemeinsam mit Marcel ausgebeult hatte, lag die auf den Arbeitsfeld und ich schliff den Kratzer weg, um den zu Spachteln und zu übermalen.
Nach ein paar Stunden kam ich mit einem wieder normal aussehenden Auto aus der Werkstatt raus.
Ich hang Blaumann an den Nagel und wusch mir die Hände, ehe ich mich von den Jungs verabschiedete.
Der Boss hat die ganze Zeit klar gestellt, dass ich nichts bezahlen muss, da ich ja Familie bin. Der Günther schien mich nicht sonderlich zu mögen und ließ immer wieder Kommentare ab.
Ich stand mit Marcel vor der Werkstatt uns wir quatschten noch ein wenig.
"Wie ist das passiert?", fragte er.
"Sind in einen anderen Wagen reingerollt-"
"Wie? Auf P und noch die Handbremse an, wenn es runter geht. Also die Steigung", Marcel schien verdutzt.
"Ja, wir standen auf einer Graden. Sind trotzdem auf den Parkplatz weggerollt. Ist von P auf D."
"Ihr wart anderweitig beschäftigt?", grinste Marcel dreckig.
"Ja, man sollte, wenn man Sex im Auto hat auf den Prindl aufpassen", lachte ich.
"Och, ihr beiden, Mensch."
"Ja, ich fahre dann mal. Muss Kane bei Tante Melli abliefern. Da schläft er heute. Außerdem muss ich noch Yvonne von ihren Job abholen. Wir beide machen was."
"Das Spiel von Marco gucken?"
"Die spielen gegen Irland- nee."
"Dein Freund will deine Unterstützung, Kind."
"Seine Schwester will mit mir was machen, Kind", sagte ich. "Yvonne sagt man nicht ab, oder nein."
Marcel verdrehte lachend die Augen.
"Dann fahr mal", meinte er.
"Mach ich auch."
"Hey, hast du Bock Samstag Nacht mitzukommen? Robin und ich sind wieder auf der Strecke unterwegs."
"Hab keinen der auf Kane aufpasst."
"Manuela, Thomas, Melanie, Yvonne-"
"Wenn Marco wieder da ist, machen wir das. Ich will so gerne, aber ich kann nicht immer mein Kind bei anderen abschieben."
"Du schiebst Kane nicht ab. Die anderen haben dir ihre Hilfe angeboten und du nimmst sie halt wahr."
"Zwischen durch ist angebracht- aber das ist ja immer öfters."
"Okay, wenn Marco wieder da ist."
"Versprochen, Tiny Dancer."
"Wehe du brichst es, Kleine."
"Hab ich bei dir nie", sagte ich und wuschelte Marcel durchs Haar.
"Ja, danke, Scotty."
Nachdem ich die Autos getauscht hatte, holte ich Kane früher ab und brachte ihn zu Melli. Danach machte mich gleich auf den Weg zu Yvos Nebenjob. Sie war Kosmetikerin und musste zwischendurch auch mal tote Menschen schminken, damit sie noch als Tote schick aussahen für ihre Familie.
Ich parkte vor dem Bestattungunternehmen und ging rein. Der Duft von Zitrone stieg mir in die Nase.
"Yvo!", rief ich.
Sie kam nach vorne geflitzt und schloss die Tür ab.
"Hab keinen Bock auf die Bullen", meinte sie kichernd und zog mich mit nach hinten.
"Ich will keine Leichen sehen", meinte ich panisch.
"Sind in den Kühlschränken", sagte sie und führte mich weiter nach hinten.
Ich schrie, als wir im kühlen Raum waren und eine Leiche in einem Anzug auf dem Tisch lag. Der Schminkkoffer daneben auf einem Tisch.
"Nein, bye, war schön-"
Yvonne zog ich mich zurück.
"Ich mach den nur schnell fertig", sagte sie. Sie setzte sich auf den Stuhl und ich runzelte die Stirn.
"Die Tüte da mit dem grünen Zeug?", fragte ich, als ich in den Schminkkoffer blickte. Ich suchte Ablenkung, um nicht den toten Mann anzugucken.
"Das ist Wiese", kicherte Yvo.
Ich starrte sie an. "Bist du stoned?"
Sie blickte zu mir und ihre glasigen Augen sprachen Bände. "Du nicht?", stellte sie die Gegenfrage. Ich schüttelte meinen Kopf.
"Das ändern wir", sagte sie fröhlich.
"Nee, die Zeiten sind vorbei", meinte ich abwinkend und sie hielt mir eine Schachtel mit Joints hin.
Meine Finger zuckten.
"Nein", sagte ich.
Yvo zog die Brauen hoch. "Heute gehört die Nacht uns."
"Wen Marco das mitkriegt-"
"Er weiß das ich einen durchziehe. Der hat in den Ferien auch mal einem durchgezogen. Es war witzig. Das erste Mal, da hatte er sich ausgezogen und den Pfefferstreuer mit Tesafilm um den Kopf geklebt, damit er ein kleines Einhorn sein konnte."
"Wenn ich mir die Klamotten vom Leibe reiße und von dem Bullen gefangen genommen werde, langt es aber."
Ich schnappte mir einen Joint und Yvonne grinste zu frieden und ich schnappte mir das Feuerzeug.
Ich musste erstmal husten, als ich den ersten Zug nahm, aber dann ging es.
"Ey, das schmeckt ja voll mach Mango", sagte ich grinsend und schmatzte. "Voll lecker."
"Ich hab eben nur das Beste", kicherte Yvonne.

{1} This Is Us  [Marco Reus FF] ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt