1

3.8K 369 87
                                    

Ich lief durch die hässlichen Straßen, während mein Blick nach unten gesenkt war und meine schwarze Kapuze mir tief über das Gesicht hing. Meine schwarzen Boots und Lederjacke beschützten mich vor dem starken Regen, der auf mich hinab prasselte.

Ich mochte den Regen. Er gab mir Sicherheit. Man hörte weder meine Schritte, noch meine Atmung. Das war gut. Gut für meine Tarnung.

Es war dunkel und kalt um mich herum. Der zweite Grund warum ich jetzt erst unterwegs war. Es war nachts, was bedeutete dass es stockdunkel war. Man konnte mich also noch weniger sehen, weil die Dunkelheit mich verschluckte.

Zum Glück hatten wir hier keine Laternen. Jeder hatte etwas zu verstecken, denn jeder hatte Geheimnisse.

Und was ich verstecken wollte, waren meine Augen.
Tagsüber fielen sie anderen sofort auf, weshalb ich mir angewohnt hatte mit gesenktem Blick zu laufen. Aber die Nacht beschützte mich vor ihren seltsamen Blicken oder ihrer Gehässigkeit.

Um diese Tageszeit war ich unsichtbar und das gefiel mir. Denn nur so konnte ich das erreichen was ich wollte.

Der Regen wurde immer langsamer und weniger, bis es schließlich ganz aufhörte. Ich öffnete die Tür zu einer kleinen Kneipe. Sofort stiegen mir Alkohol und undefinierbar eklige Gerüche in die Nase.

Ich rümpfte sie leicht und bahnte mir meinen Weg hindurch zu Harper.

>> El! <<, begrüßte er mich laut und mit einem breiten Grinsen. 

Ich deutete ihm ins Hinterzimmer zu gehen. Sofort wurde er wieder ernst, nickte und folgte meiner Aufforderung.

Als ich sein Büro betrat, schloss ich die Tür hinter mir ab und zog die Kapuze herunter. Meine schwarzen Haare hingen mir ins Gesicht, sodass ich sie nach hinten kämmte und Harper ansah.

>> Wie geht es dir? <<, fragte ich ihn.

>> I-ich.. mir geht' s gut. <<, antwortete er und sah mich ein wenig enttäuscht an. Er hatte sich wohl immer noch nicht daran gewöhnen können, dass er mich nicht zum Lächeln bringen konnte. Keiner konnte das.

>> Gut. <<, erwiderte ich. >> Sind die Bestellungen da? <<, fragte ich ihn dann. Ich hatte keine Zeit für weiteren Small-Talk. Ich hatte noch andere wichtige Sachen zu erledigen.

Mir lief die Zeit langsam davon.

>> Jep. Alles ist angekommen, bis auf die Kontaktlinsen. <<, antwortete er.

>> Was?! <<, fragte ich ihn ein wenig zu laut. Harper schreckte kurz zurück. >> Die Kontaktlinsen sind das Wichtigste! Wie kannst du sie noch nicht erhalten haben? Ich warte schon seit verdammten zwei Wochen! << Und oh ja, wie verdammt diese zwei Wochen gewesen waren.

>> El. Es tut mir leid. <<, sagte Harper beruhigend. >> Aber es liegt nicht in meiner Hand. Der Lieferant wurde abgestochen und dann wurden ihm paar Lieferungen geklaut. <<, erklärte er.

>> Scheiße, verdammt. <<, flüsterte ich energisch und sah zu Boden. Ich wollte nicht, dass Harper mich so sah. Wie mein Gesicht sich verwandelte wenn ich wütend wurde. Wie die Adern hoch zu meinen Augen liefen und sichtbar wurden, weil dunkles Blut in sie schoss. Wie sie meine Augen voll mit Hass erfüllten und anderen Angst einjagten.

Ich atmete einmal tief ein und aus.

>> Sag ihm er soll's morgen liefern. <<, sagte ich dann und sah Harper streng an.

>> Aber er wird das nicht schaffen, er wird... <<

>> Ist mir scheiß egal! <<, rief ich diesmal zornig. Ich spürte wieder die Verwandlung in meinem Gesicht. Harper ging ein paar Schritte zurück. Ich hasste es wenn er das tat. Ich würde ihm nicht einmal ein Haar krümmen. Nur weil ich wütend wurde hieß es noch lange nicht, dass ich außer Kontrolle geriet.

>> Es ist deine Aufgabe ihn zu bedrängen. Nicht meine. <<, sagte ich zu ihm. >> Also kümmer dich darum. Sonst tue ich es. <<

Mit diesen Worten zog ich mir meine schwarze Kapuze wieder über den Kopf und verließ sein Büro. Es tat mir eigentlich leid so mit Harper umzugehen. Aber ich konnte nicht anders. Ich durfte niemandem gegenüber Schwäche zeigen.

Ich hatte mir einen Ruf aufgebaut und keiner würde ihn zerstören. Keiner.

Ich bahnte mich durch die nach Alkohol stinkende Menge und drückte die Tür auf. Frische kalte Luft wehte mir entgegen und ich atmete sie dankbar ein.

Wie konnte man bloß freiwillig an so einen Ort gehen, geschweige denn arbeiten? Da drin konnte man ja nicht mal einen klaren Gedanken fassen.

Gerade als ich einen Schritt nach vorne tat, öffnete sich die Tür hinten und ich hörte wie jemand nach mir rief.

Ich drehte mich um und sah in Harpers Gesicht. Verdammte scheiße, was dachte er sich bloß dabei? Ich senkte meinen Blick wieder auf den Boden und zog meine Kapuze tiefer herunter, sodass man nur noch meinen Mund sehen konnte.

>> Du hast deine Sachen vergessen. <<, informierte er mich mit einem leichten Lächeln und reichte mir eine dunkelgraue Tasche.

>> Ich habe sie nicht vergessen. Ich habe sie da gelassen, weil der Rest noch nicht angekommen ist. <<, erklärte ich ihm und ließ ihn dort stehen als ich weiter lief.

Ich hörte wie er seufzte und sich dann die Kneipentür wieder schloss.

Ich atmete tief aus und kickte einen Stein weg. Der Regen hatte wieder angefangen, aber es nieselte bloß.

Ich grub meine Hände tief in die Jackentaschen und pustete mir ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht. Es war arschkalt, aber es störte mich nicht. Immerhin wusste ich was wahre Kälte hieß. Und es war stockdunkel, aber das störte mich genauso wenig. Immerhin wusste ich was Dunkelheit tatsächlich bedeutete. Natürlich hatten andere auch ein hartes Schicksal, so wie ich. Aber meine Blutlinie war schon immer bekannt dafür gewesen, die schlimmsten Dinge durchzumachen die es auf dieser verdammten Erde gab.

Ich bemitleidete mich dennoch nicht selber. Es brachte einem nichts, warum also Zeit verschwenden wenn ich dieses Selbstmitleid in Wut, diese in Hass und Hass wiederum in Rache umwandeln konnte?

Immerhin hatte Gott mir diese Fähigkeit gegeben, warum sie also nicht nutzen?

Schon seit siebzehn Jahren wartete ich auf die Gelegenheit meine Rache ausüben zu können. Und jetzt waren es nur noch ein paar Tage. Bald würde ich meine Gelegenheit kriegen und nichts würde schief laufen. Denn ich kannte meinen Feind und seine Familie in-und auswendig. Was sie mochten, was sie trugen, ihre Hobbys, ihre Freunde, wie ihre Wochenpläne aussahen, was ihre Lieblingsfarben waren, wer wen mit wem betrog. Alles, einfach alles was es über sie zu wissen gab. Und ich hasste sie alle.

Jeden Einzelnen von ihnen.

Wenn euch mein Buch gefällt, dann voten und kommentieren nicht vergessen bitte. Wäre sehr dankbar <33 Weiterhin viel Spaß beim Lesen, Chickas :D :**

Revenge over LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt