XVI

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-Michael-

Da stand ich nun.

Nachts, an der Pittsburgh Union Station. Allein und total aufgelöst.

,,Komm zum Baseball- Stadion!", hatte Ophelia mir noch zugerufen, bevor der Zug mit ihr und ihrem Entführer einfach verschwunden waren.

Ich bemühte mich, nicht komplett den Verstand zu verlieren und einen kühlen Kopf zu bewahren. War bei diesen Temperaturen einfacher, als gedacht.

Dass Ophelia diesmal ihr Xyphos bei sich hatte, beruhigte mich ein wenig. Trotzdem war sie nicht außer Gefahr. Ich konnte nicht erkennen, wer genau ihr Entführer war.

Schnell nahm ich mir eine der verschiedenen Stadtkarten aus Leo's Beutel heraus und schlug sie auf. Zu meinem Nachteil war Pittsburgh groß. Sehr groß. Ich war Großstädte gewohnt, keine Frage.

Meine Heimatstadt hatte mehr als doppelt so viele Einwohner, wie Pittsburgh, aber ich war schon lange nicht mehr dort gewesen. Und hier kannte ich mich nicht aus.

,,Baseball- Stadion...", murmelte ich vor mich hin, ließ meinen Finger auf der Karte entlangwandern. Wieso hatte diese Stadt so viele Stadien?

Eine gefühlte Ewigkeit starrte ich auf diese Karte, bis mir wieder einfiel, dass die mir in letzter Sekunde den Namen des besagten Stadions zugerufen hatte. Wie war der noch gleich gewesen?

Komm schon, denk nach!, mahnte ich mich. Ich durfte keine Zeit mehr verlieren. In der Zeit, in der ich hier stand und nachdachte, hätte ihr sonst etwas passieren können.

-Ophelia-

Noch immer saß ich in diesem Zug fest. Die Person, die mich zurückgerissen hatte, stand immer hinter mir, hatte jede meiner Bewegungen stets im Visier.

Seine blauen Augen durchlöcherten mich. Sein Blick war kalt und dominant, aber nicht abweisend. Außerdem war er ziemlich groß und muskulös.

Seine schokobraunen Haare lagen lässig, knapp über seinen Augen. Er war attraktiv, keine Frage. Jedoch führte er sicher nichts Gutes im Schilde. Wieso hätte er mich sonst entführt? Alleine? In einem Zug?

Er trug ein Himation, typisch für die antiken Griechen. Eine seiner Schultern war freigelegt, wobei ein weißer Fleck darauf zum Vorschein kam. War das eine Narbe?

Der Zug machte eine Vollbremsung, bei der ich beinahe hingefallen wäre, hätte er mich nicht wie im Märchen aufgefangen.

Erschrocken sah ich ihn an, wie er mich mit einem Arm festhielt und seine Augen dabei tief in meine sahen. Dass er jetzt so nah war, löste starkes Unwohlsein in mir aus.

Sofort entfernte ich mich von dem Fremden. Was wolle er von mir? Und wer war er überhaupt?

Er deutete stumm auf die sich öffnende Tür, aus der ich sogleich hinaustrat.

Ich wusste genau, wo er mich hingebracht hatte. Beim Aussteigen musste ich mit Entsetzen feststellen, dass sich der Zug in eine altertümliche Pferdekutsche verwandelt hatte, welche direkt vor dem Eingang einer Arena zum Stillstand kam.

Was jetzt so aussah, wie eine griechische Kampfarena, war mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit der PNC- Park, zu dem ich Michael bestellt hatte.

Ich konnte nur hoffen, dass er rechtzeitig hier auftauchen würde. 

Mein Entführer führte mich ins Innere des Stadions. Die jubelnde Meute auf den Tribünen war dabei nicht zu überhören. Genau, wie in meinem Traum blendete mich das grelle Licht.

Diesmal jedoch ging es nicht von Scheinwerfern aus, sondern von der Mittagssonne, welche hoch oben am Himmel schien. Was war hier los?

Noch bevor ich mit meinem Schwert dafür sorgen konnte, dass der Nebel verschwand, wurde mir dieses aus der Hand geschlagen.

Der Schatten Der SonneWhere stories live. Discover now