16. Zeitsprung (13+)

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Der Schatten saust durch den Torso des Mannes und zerteilt ihn. Blut spritzt in deine Richtung doch der Schatten Stellt sich zwischen dich und das Blut. Eine Kugel schnellt von hinten auf deinen Kopf zu, aber auch diesmal ist der Schatten schneller und wehrt die Kugel problemlos ab. Du formst den Schatten zu einem Messer und wirfst es in Richtung deines Angreifers. Er stolpert, fällt über den Rand des Daches und stützt in die Tiefe. „Scheiße," nuschelst du, nimmst Anlauf und springst ebenfalls vom Dach. Du packst den Typen am Bein, ziehst ihn zu dir und lässt den Schatten an deinem Rücken zu Flügeln wachsen. Du fliegst zurück auf das Dach und legst den Leichnam vorsichtig neben den anderen. Mission erledigt. Als ein Schwall Blut aus deiner Nase läuft, ziehst du dir deine Maske ab und wischst dir das Blut genervt weg, dann trittst du den Rückweg an.

„Sehr gut gemacht mein Sohn," lobt dich White und klopft dir auf die Schulter während ihr nebeneinander durchs Erdgeschoss des Labors lauft. Mittlerweile bist du fast so groß wie er. „Siehst ziemlich blass aus mein guter, ich würde dir empfehlen dich nachher mal untersuchen zu lassen," empfiehlt dir White. „Kein Bock," gibst du genervt zurück. „Wie du meinst, aber solltest du mir nachher zusammenklappen wirst du wieder ans Bett gefesselt, so wie in guten alten Zeiten. Ach übrigens, die letzte Zahl ist übrigens eine sechs." Du zuckst mit den Schultern. „Ok." White bleibt stehen. „Sobald du dich auf den Weg machen willst sag mir Bescheid, dann hast du meinetwegen drei Stunden Freizeit." Jetzt bleibst du stehen und drehst dich zu ihm um. „Wenn das so ist, dann bis nachher."

44389 Leibsstraße 46. Deine Hände zittern ein wenig als du den Zettel in deine Hosentasche steckst und sich dein Finger der Klingel nähert. Es ist lange her das du das letzte mal so viele Emotionen gespürt hast wie jetzt. Als wärst du ein Eisblock gewesen der grade dabei ist aufzutauen. Dein Finger bohrt sich schließlich in die Klingel und es gibt ein klirrendes Geräusch. Die Tür öffnet sich und ein älterer Herr lugt durch den Tür Spalt. „Sind sie Herr Ishimoto?" Fragst du mit zittriger Stimme. Der Mann zieht eine Augenbraue hoch. „Ja der bin ich, was wollen sie denn?" Tränen schießen dir in die Augen. „Was ist denn los Junge?" Fragt der Mann vorsichtig und öffnet die Tür. „Kennen wir uns? Du kommst mir so bekannt vor..." Fügt er hinzu. „Ach was soll's, komm erstmal rein und wärm dich auf." Er führt dich in seine Wohnung und setzt dich auf seine Couch. „Tee?" Du nickst. „Ein junger Mann mit Geschmack, dass gefällt mir." Sagt der Mann und entfernt sich in die Küche. Kurz darauf kommt er mit einer dampfenden Tasse Tee zurück und reicht sie dir. „Ich bin Bo." Stellst du dich vor. Der Mann wird ganz Starr. „Bo? So hieß mein Sohn... Er ist vor langer Zeit gestorben." Sagt er und lässt sich auf seinen Sessel fallen. „Nicht ganz." Sagst du und ziehst ein Foto aus deiner Hosentasche. „Über Jahre habe ich hart dafür gearbeitet um euch endlich Wiedersehen zu können. Das war ich. Nummer 39." Du reichst ihm das Foto auf dem du als Baby zu sehen bist. Auf dem Bild bist du in einige Tücher eingewickelt auf denen ein Schild mit der Nummer 39 geheftet ist. Der Mann nimmt das Bild mit nun ebenfalls zittrigen Händen entgegen. „Als ich auf die Welt kam wurde ich euch weggenommen und euch wurde gesagt das ich gestorben sei. Sie haben mich genau wie viele andere Kinder vom Krankenhaus ins Labor gebracht und den Eltern erzählt ihre Kinder seien nach der Geburt gestorben. Sie haben Experimente an uns durchgeführt. Als diese scheinbar fehlschlugen hat man uns in Heime rund um verteilt. Dreizehnjahre später entdeckte man einen Fehler im System und es stellte sich heraus das das Experiment an mir Erfolg gezeigt hatte, dies jedoch übersehen worden war. Sie haben mich daraufhin wieder »zurückgeholt« und ihre Experimente an mir fortgesetzt. Es war die Hölle, aber das Versprechen wenn ich weitermachen würde, würde ich Informationen über meine Eltern bekommen hat mich vorangetrieben." Der Mann bekommt Tränen in den Augen. „Ich brauche ein paar Minuten, es tut mir leid." Entschuldig er sich, doch du nickst nur und nimmst einen Schluck von deinem Tee. Blut fließt plötzlich aus deiner Nase und färbt den leicht grünen Tee rot. In letzter Zeit blutet deine Nase ständig. Der Mann wischt sich eine Träne aus seinen Augen während du dir die Nase abwischst. „Du musst mir alles erzählen." Sagt er entschlossen. Du lehnst dich nach vorne und verschränkst die Finger ineinander. Dann beginnst du zu erzählen. Die erste Stunde verstreicht. Du erzählst ihm von deiner Entführung und der ersten Zeit im Labor. Dann erzählst du von deiner ersten Mission die deinen gesamten Charakter verändert hat und schließlich von den ganzen Aufträgen in denen du unzählige Menschen für White, den Schattenpräsidenten Jarlands, getötet hast. Der Mann bekommt große Augen. Du nimmst einen weiteren Schluck deines Tees und lehnst dich wieder zurück. „Und?" Fragst du schließlich und wartest auf eine Antwort. „Deine Mutter Jenna..." Beginnt der Mann. „Sie ist vor zwei Jahren an Krebs gestorben. Wir dachten nach deiner Geburt das du gestorben wärst, so hatten es uns die Ärzte erzählt. Wir durften uns nicht einmal von dir verabschieden. Schon damals kam uns das komisch vor. Wir hatte über die Jahre immer wieder versucht Kinder zu bekommen und als es scheinbar geklappt hatte, hat es das dann wohl doch nicht. Deine Mutter hat nie aufgehört zu glauben das du doch noch am Leben warst. Sie hat dich sehr geliebt. Auch wenn das hier grade alles sehr plötzlich und unerwartet kommt glaube ich dir mein Junge." Der Mann steht auf, kommt auf dich zu und umarmt dich einfach. In dem Moment ist es als würde das letzte Eis in dir schmelzen und all die über die Jahre unterdrückten Emotionen wieder auftauen. Das Eis kommt dir in Form von Tränen aus den Augen geflossen und rollt dir die Wangen runter. Du erwidertest die Umarmung deines Vaters. Für einige Minuten haltet ihr diese Umarmung und du lässt dir das Wort „Papa" immer wieder durch den Kopf gehen. Es ist so schön ihn zu umarmen. Es ist so schön das er dir glaubt. Als ihr euch löst lässt er sich neben dich auf die Couch fallen und legt dir einen Arm um die Schulter.
„Ich bin ein Monster," Sagst du plötzlich. „Nein bist du nicht." Sagt dein Vater entschlossen und sieht dir tief in die Augen. „Du warst gezwungen all das zu tun. Am wichtigsten ist doch das du weißt das es falsch war und es niemals von dir aus getan hättest. Und wärst du wirklich ein Monster würdest du jetzt nicht neben mir sitzen und weinen." Du wischst dir ein paar Tränen aus dem Gesicht. „Was soll ich jetzt tun?" Fragst du ihn mit leichter Verzweiflung in der Stimme. Dein Vater lächelt und streicht dir durchs Haar. „Was auch immer du für richtig hältst." Am Ende eures langen und ausführlichen Gesprächs offenbart dein Vater dir das er selbst nicht mehr lange leben wird da er eine unheilbare Krankheit hat. „Aber das wichtigste ist doch das wir uns noch ein letztes Mal sehen konnten." Sagt er und umarmt dich zum Abschied nochmals Herzlich.

Auf dem Rückweg tropfen noch ein paar deiner Tränen auf den Boden. Einerseits fühlst du dich so gut wie lange nicht mehr. Andererseits kocht langsam die Wut in dir hoch. Es ist als wärst du nach drei Jahren wieder aufgewacht. Dieses Arschloch von White hat dich in ein Monster verwandelt. In einen Mörder, ein Emotionsloses Werkzeug. Auch wenn du nur drei Stunden mit deinem Vater sprechen konntest hat es etwas in dir geweckt. Ein Feuer. Er hat dir die Chance genommen deine Mutter zu treffen, er hat dir die Chance genommen ein normales Leben zu führen und er hat dir die Chance genommen deinen Vater richtig kennenlernen zu können. Er hat dich zerstört. „Rache" schreit es plötzlich in dir. Dieses Monster James White verdient Rache.

Gott der SchattenWhere stories live. Discover now