Kapitel 76

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~ Grace ~ 

Als ich das Klopfen an der Tür hörte, erstarrte ich und packte Nicolas am Arm. Beruhigend legte er einen Arm um meine Schulter und zog mich an sich, den Blick auf die Tür gerichtet. Calder nickte ihm zu und stellte sich dann mit leisen Schritten neben die Tür.

Mein Herz pochte und mir stockte der Atem vor Angst. Als ich blinzelte, war Calder auf einmal verschwunden. Dann hörten wir nichts mehr. Diese Stille war beunruhigend. In der Furcht, es würde gleich etwas passieren, packte ich Nicolas Arm fester. Beruhigend strich er mir über den Rücken.

„Uns wird nichts passieren. Wir sind hier absolut sicher", flüsterte er.

Ich nickte leicht und schloss die Augen. Ich wünschte, ich würde nicht immer so ängstlich sein, aber ich konnte diese Angst einfach nicht abstellen. Ich versuchte mich irgendwie abzulenken und dachte an Amelia. 

Insgeheim fragte ich mich, wo sie war. Ich hoffte, dass sie entkommen konnte. Nach ihrem Aufsehenerregendem Auftritt bei Calders Trauung war sie nun bestimmt Zielperson Nummer eins, besonders was den Anschlag auf den König angeht.

Ich glaubte jedoch nicht, dass sie etwas damit zu tun hatte, immerhin hat sie die ganze Aufmerksamkeit auf sich gezogen und war nicht einmal in der Nähe des Königs gewesen. Sie hätte es wesentlich unauffälliger hinbekommen.

Ich zuckte zusammen, als die Tür aufflog und Calder hereinkam. Hinter ihm stand eine Palastwache, der es nicht besonders gut zu gehen schien. Verwirrt und ein wenig ängstlich sah ich Nicolas an, der jedoch nur Augen für Calder hatte.

Dieser fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht und seufzte. 

„Das ist Amelia", sagte er dann. Seine Stimme klang dünn und bitter. Savannah stand ruckartig auf und wollte zu den beiden, doch Rachel fing sie ab und hielt sie fest.

Amelia betrat den Raum und schloss die Tür hinter sich. Dabei schwankte sie leicht und unter dem Helm konnte ich sehen, wie blass sie aussah. Sie ließ sich auf den Boden sinken, wo sie sich neben der Tür an die Wand anlehnte und erschöpft den Kopf nach hinten fallen ließ.

Nicolas löste sich von mir, sodass ich aufstehen und zu Amelia laufen konnte. Ich stürzte förmlich auf sie zu. Am Rande bekam ich mit, wie sich Aiden, Nicolas und Calder leise unterhielten.

„Amelia!" Ich kniete mich vor sie und versuchte zu erkennen, ob sie verletzt war. Sie winkte ab und schenkte mir ein halbes Lächeln, das mich wohl beruhigen sollte. 

„Alles in Ordnung, mir ist nichts schlimmes passiert. Ich brauche nur eine kleine Pause."

Ich nahm eine bequemere Sitzposition direkt neben ihr ein und nahm ihre Hand. 

„Es tut mir leid, dass ich dich hier mit reingezogen habe. Ich wollte, dass du da bist, aber ich habe die Situation völlig falsch eingeschätzt. Ich hätte nie gedacht, dass es tatsächlich zu etwas derartigem kommen könnte. Und der König..." 

Ich sprach nicht weiter, sondern senkte den Blick und zupfte an meinem weißen Kleid, das durch die Flucht vom Schauplatz des Geschehens nicht unversehrt geblieben war.

Dann sah ich zu Amelia hinüber und bemerkte, dass sie ein Zittern unterdrückte. Rasch stand ich auf und holte ihr eine Decke aus einer Truhe, die sie mit einem dankbaren Blick annahm. Ihre Energiereserven mussten nahezu bei Null liegen.

„Bist du sicher, dass es dir gut geht?", fragte ich schließlich.

Ich war so selbstsüchtig gewesen, sie an meinem besonderen Tag dabeihaben zu wollen, und hatte die Gefahr völlig ignoriert, derer sie ausgesetzt sein würde. Amelia winkte erneut ab und schien nachzudenken.

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