Kapitel 74

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~ Amelia ~

Hunderte Gäste waren der Einladung zur Dreifachhochzeit – zweifelsohne ein Jahrhundertereignis – gefolgt und erwarteten mit Spannung die Zeremonie, welche bei sonnigem Wetter draußen im weitläufigen Garten stattfand. 

Ich hatte meinen Mantel noch nicht abgelegt und wollte mich ein wenig umsehen, um mir einen Überblick über Organisation und Lage zu verschaffen.

Außerdem wollte ich nach Grace suchen, um zu sehen, wie es ihr ging und ob sie in Ordnung war. In einem großen Raum nicht weit von der großen gläsernen Tür, die in den Garten führte, entdeckte ich schließlich Rachel, Grace und Savannah.

Sie wurden zurechtgemacht und waren offensichtlich bereits angezogen und bereit für die Zeremonie. Die Gesichter der drei erhellten sich, als die Königin den Raum betrat und eine Zofe brachte einige Gläser Sekt.

„Meine Lieben", sagte die Königin. „Es ist so schön, euch zu sehen. Die Gäste sind bereits eingetroffen und wie ich sehe, seid ihr ebenfalls fertig." Sie erhob ihr Glas und ging auf die drei zu.

Ich trat ebenfalls in den Raum und hielt mich an der Wand neben der Tür, wo die Sonne nicht direkt durch das Fenster schien.

„Ich freue mich schon. In ein paar Minuten werden die Gäste gebeten, sich auf ihre Plätze zu begeben, sodass wir beginnen können."

Savannah stand direkt gegenüber, sodass ich ihr Gesicht sehen konnte. Sie hatte ein zufriedenes Lächeln auf den Lippen, was mich die Fäuste ballen ließ. Wut brodelte in mir und sie setzte gerade ihr Glas an, als sie den Blick direkt auf mich richtete.

Hustend setzte sie das Glas ab und im selben Moment, in dem sie realisierte, dass ich es war, rutschte es ihr aus den Fingern und kam klirrend auf dem alten Parkett auf, wo es in tausend Scherben zersplitterte.

Sofort zog ich meine Schatten wieder um mich, die ich in meiner Wut wohl unbewusst hatte fallen lassen und schlüpfte vorsichtig aus der Tür, um keinen Lufthauch zu verursachen.

„Scherben bringen Glück", hörte ich noch jemanden unbeholfen sagen.

„Aber nicht auf einer Hochzeit", erwiderte Grace trocken und als ich einen Blick über meine Schulter warf, sah ich wie Savannah kalkweiß im Gesicht geworden war und auf die Stelle starrte, an der ich eben noch gestanden hatte.

Sie wusste nun also, dass ich hier war. Aber das störte mich nicht im geringsten und ich hatte sowieso nicht mehr viel zu verlieren. Rasch folgte ich der Königin in den Garten hinaus, wo sie sofort von Elyanor aufgehalten wurde. 

„Königin Sophia", sagte sie und trat ihr in den Weg. „Ich habe mich sehr über Ihre Einladung gefreut!"

Ich runzelte die Stirn. Irgendwie bezweifelte ich das. Wenn ich mir vorstellte, dass das arvandorianische Königshaus nach der Ermordung meines Vaters eine Einladung zu einer Feierlichkeit geschickt hätte, dann hätte ich sie sicherlich ausgeschlagen.

„Es ist mir eine Ehre, dass Sie dieser Einladung gefolgt sind. Wie geht es Ihnen denn?", fragte die Königin im Plauderton.

„Den Umständen entsprechend. Wie sie sicherlich nachvollziehen können, habe ich im Moment sehr viel zu tun." Elyanors Stimme erklang in einem scharfen Ton, sodass die Anspielung auf den Tod ihres Vaters deutlich wurde. 

„Natürlich. Dieser Krieg ist schrecklich und ich hoffe so sehr, dass bald eine Lösung gefunden wird."

„Wir wissen doch beide, dass es keine Lösung geben wird. Wenn Arvandor fällt, müssen auch die Kleinreiche Krynn, Eswa und Creyca dran glauben müssen und dann stünde der gesamte Kontinent unter der Kontrolle eines einzigen Mannes. Arvandor wird alle Mittel einsetzen, um das zu verhindern. Wir werden niemals kapitulieren."

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