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Adams Blicke beim Abendessen entgingen Melissa nicht. Sie brauchte keine Gedanken lesen zu können, um zu verstehen, dass er ihr ihre Geschichte nicht abgekauft hatte. Und Ihr dezent hyperaktives Verhalten machte die Sache kaum besser.

Als sie mit Amia übermütig durch das Zimmer tanzte, verdunkelte sich Adams Blick zusehends und Melissa fragte sich, welche Geschichte er sich in seinem Kopf zusammenreimte und ob er die Wahrheit ahnte. - Doch ihrer ausgezeichneten Laune tat dies alles keinen Abbruch, nicht einmal der aufkommende Sturm und das stete Klappern an den Fensterläden gelang es, ihre euphorische Stimmung zu dämpfen. Als Amia ihr mitteilte, dass sie diese heulenden Geräusche, welche um das Haus herumwinselten, unheimlich fand, fing Melissa kurzerhand an, zusammen mit dem Mädchen gegen den Lärm anzusingen - was letzten Endes sogar Adams Miene kurz aufhellte.

Nicolas hatte sich nicht zum Essen blicken lassen und Melissa war auf eine gewisse Art dankbar dafür. Zwar konnte sie sich nur schwer vorstellen, dass es möglich wäre, sich noch auffälliger zu verhalten als sie es ohnehin schon tat, aber andererseits: schlimmer ging immer. Und Nicolas' Gegenwart hätte sie mit Sicherheit ihrer letzten Selbstkontrolle beraubt.

Schließlich machte sie sich auf den Weg in ihre kleine Hütte und freute sich auf ihr Bett. Der Tag hatte sie durch so viele Höhen und Tiefen geführt und sie in eine dermaßen große emotionale Anspannung versetzt, dass sie das Gefühl hatte, ihr Körper würde mittlerweile vibrieren. Ihr war klar, dass sie dringend schlafen und neue Energie tanken musste.

Doch als sie die Tür ihrer Hütte hinter sich schloss und die Sturmböen damit in der Dunkelheit zurückließ, sah sie sich dennoch erwartungsvoll um. Sofort breitete sich Enttäuschung in ihr aus, als sie feststellte, dass sie alleine war. Sie seufzte. Wie intensiv sehnte sie sich nach seiner Nähe! Traurig betrachtete sie einige welke Blätter auf der Türschwelle.

Womit hatte sie gerechnet? Das Nicolas hier auf sie warten würde und sie weitermachten, wo sie aufgehört hatten? Das sie sich nun in seine Arme sinken lassen konnte und für immer ... wem machte sie etwas vor?

Er war ein uralter Vampir. Was sollte er schon von ihr wollen, außer das Offensichtliche? Sie musste sich dringend zügeln! Es handelte sich hier immer noch um Nicolas - und nichts, was mit ihm zu tun hatte, war jemals unkompliziert. Worauf hatte sie sich da eingelassen?

Sie sollte froh sein, dass er nicht hergekommen war. Das gab ihr Gelegenheit, genauer über die Ereignisse nachzudenken und einen klaren Kopf zu bekommen. Und ihre Vernunft stückchenweise wieder zusammenzusetzen.

Was war nur in sie gefahren, dass sie sich ausgerechnet auf Nicolas einließ?

Melissa ließ sich in den Sessel sinken, schloss die Augen und atmete tief aus. Augenblicklich spürte sie seine Lippen wieder auf den ihren, seinen festen Körper eng an sie gedrückt, seine Hand in ihrem Nacken. Bei der Erinnerung seiner Zunge und wie diese über ihre Lippen glitt, öffnete sich ihr Mund unwillkürlich mit einem leisen Stöhnen. Es war plötzlich so heiß in der Hütte - und das bei ausgeschalteter Heizung. Melissa fuhr sich mit den Händen über das Gesicht und den Hals und stieß ein leises Wimmern aus. Was hatte sie getan? Wie sollte sie diese Gedanken jemals wieder loswerden, wie je wieder etwas anderes als Nicolas engelsgleiches Gesicht sehen, sobald sie die Augen schloss?

Sie war verloren.

Hoffnungslos.

Sie musste sich unbedingt ablenken. Schnell machte sie sich bettfertig und schlüpfte unter die Decke, ein dickes Buch als Einschlafhilfe in der Hand. Doch als sie die ersten zwei Seiten gelesen hatte, fiel ihr auf, dass sie die Wörter zwar im Kopf ausartikulierte, aber sich selbst nicht zugehört hatte, so abgelenkt war ihr überreizter Geist. Melissa beschloss, dass es besser wäre, direkt die Augen zu schließen und endlich zu schlafen.

♥︎Bad Salvation♥︎ - The Girl With The VampireWhere stories live. Discover now