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Wild fluchend und ohne sich noch einmal umzusehen machte er sich davon, weg von diesem elendigen Platz. Ein paar Mal spuckte er kräftig aus, um den Dreck aus seinem Mund zu befördern, und wischte sich über seine geröteten Augen. Die Taubheit, die seinen gesamten Körper erfasst hatte und das Brennen auf seiner Haut ließen bereits spürbar nach. Hierher würde er so schnell nicht zurückkehren. Noch im Laufen klopfte er sich Staub und Schmutz von der Kleidung, mit sehr mäßigem Erfolg. Die Sachen waren komplett ruiniert und hatten irreparable Brandschäden. Ihren ehemals hohen Preis konnte man ihnen beim besten Willen nicht mehr ansehen, so zerfetzt und verdreckt, wie sie nun waren. Nicolas strich sich mit den Fingern durch die Haare und befreite sie notdürftig von Blattresten, Sand und Erdbrocken. Sein Inneres war in schrecklicher Aufruhr und er hatte Mühe, seine Anspannung unter Kontrolle zu bringen. Wie hatte so etwas geschehen können?

Und was ihn auch brennend interessierte: Wo war die Frau so plötzlich hergekommen und wer war sie? Egal, erstmal weg hier, er konnte sich später noch Gedanken darüber machen.
Das Wichtigste jetzt war eine heiße Dusche, dafür würde er glatt töten. Er wollte nichts sehnlicher als sich den ganzen Unrat vom Körper zu waschen und dann entspannen und vergessen. Jede Bewegung kostete ihn deutlich mehr Kraft als gewohnt und der Schrecken wollte nicht aus seinem Geist weichen. Das alles hatte ihn mehr mitgenommen, als er jemals zugeben würde, doch er ignorierte es.

Der Fußweg durch diesen verhassten Wald wirkte endlos und er atmete erleichtert aus, als er am Parkplatz seines Autos angekommen war. Zum Glück hatte er einen untrüglichen Orientierungssinn und lief nicht Gefahr sich in dieser Finsternis zu verlaufen. Gewohnheitsmäßig zog er sein Handy nach dem Einsteigen aus dem Handschuhfach. Nur selten trug er es am Körper. Es reichte ihm, wenn es in seinem Wagen auf ihn wartete, immerhin hatte er fast zweihundert Jahre ohne so ein Ding als ständigen Begleiter überstanden. Heute dankte er sich selbst für diese Angewohnheit, sonst hätte er sich bestimmt ein neues besorgen müssen, denn, das musste er zugeben, ganz unpraktisch waren diese Teile nicht. Und den heutigen Abend hätte es kaum überstanden.

Er schaute auf das Display.

Und atmete scharf ein. Was war da los? Neunzehn unbeantwortete Anrufe von Adam, elf von Tara und drei von Marlon. Und etliche Textnachrichten. Allesamt mit dem gleichen Tenor: MELDE DICH SOFORT.

Irgendetwas musste passiert sein und er war nicht erreichbar gewesen, gefangen in diese missliche Situation. Und das alles nur, weil er sich einen Moment des Genusses gönnen wollte.
Fluchend tippte er auf Adams Bild und eine Verbindung begann sich aufzubauen, während er ungeduldig auf das Lenkrad klopfte. Gerade als er fragen wollte, was denn passiert war, schleuderte ihm auch schon ein von Wut und Erleichterung durchtränktes Aufschreien um die Ohren. »Nicolas! Endlich! Verdammt! WO? WARST? DU? Warum meldest du dich nicht? Wir dachten, du bist tot!«

Irritiert vergrößerte Nicolas den Abstand des Handys zu seinem Ohr. Adam konnte nicht wissen, was gerade geschehen war. Aber was sonst konnte ihn so aufgebracht haben?

»Ich - was? Was ist denn bei euch los? Ist was passiert? Warum terrorsiert ihr mein Handy?«
»Was bei uns passiert ist? Bei UNS?«, brachte Adam lautstark hervor, doch dann schien er sich mühevoll zusammenzureißen und knurrte: »Nicolas, du kommst jetzt besser her. Sofort.« Und damit unterbrach er die Verbindung.

Perplex schaute Nicolas noch einige Sekunden auf den Bildschirm. Er mochte es überhaupt nicht durch die Gegend kommandiert zu werden, aber Adam hatte so verdammt ernst geklungen. Nicolas Plan war es gewesen ohne Umwege sein Quartier aufzusuchen, aber jetzt entschied er sich doch für den Abstecher. Er startete den Motor und machte sich auf zu Adams Haus.

Nachdem er nach wenigen Minuten an der kleinen Straße am Waldrand angekommen war, erkannte er schon die geschotterte Einfahrt zum leicht windschiefen Gebäude. Auf dem ersten Blick konnte er nichts Ungewöhnliches ausmachen, was er als gutes Zeichen wertete. Vor dem Holzhaus, das dringend einen neuen Anstrich vertragen hätte, stand Adams klappriger Volvo, welcher vermutlich nur noch vom Rost zusammengehalten wurde. Schwungvoll parkte Nicolas seinen schwarz glänzenden BMW direkt daneben und war sich sehr bewusst, welchen Kontrast dieses Bild darstellte.

♥︎Bad Salvation♥︎ - The Girl With The VampireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt