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Tatsächlich löste ein gefüllter Magen eine angenehme Entspannung in Melissa aus. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass fast ein ganzer Tag seit ihrer letzten Mahlzeit vergangen war. Und sie genoss die Gesellschaft der anderen, ihre Aufgeschlossenheit ihr gegenüber und im besonderen Amias Unbekümmertheit. Sie erinnerte sich kaum, wann sie das letzte Mal Zeit mit Menschen verbracht hatte, die einfach gerne zusammen waren.

Als sie die Teetasse auf den Tisch absetzte, kam das Mädchen mit wehenden Haaren aus dem Wohnraum auf sie zugerannt. »Sieh mal, Melissa, sieh doch!«, rief Amia mit einem stolzen Lächeln im Gesicht. »Das hab ich für dich gemalt. Guck, das da bist du.«

Sie zeigte auf ein Blatt Papier in ihrer kleinen Hand, auf dem sich kindlich gezeichnete Buntstift-Figuren mit einem breiten Grinsen im Gesicht aufreihten. Buntstift-Melissa trug ein rotes Kleid, dass ausgezeichnet zu ihren langen roten Haaren passte. Sie hielt einen großen, schwarzgekleideten Buntstift-Mann an beiden Händen. Um sie herum standen weitere Buntstiftfiguren. Melissa betrachtete die Darstellung ihrer selbst skeptisch.

»Und das da«, Amia zeigte jetzt auf die Figur ganz in Schwarz, »das ist Nicolas. Er guckt dich ganz glücklich an, siehst du? Weil du ihn nicht im Stich gelassen hast, als die bösen Menschen gemein zu ihm waren und obwohl du dir weh getan hast und du bestimmt doll Angst hattest im dunklen Wald. Er wird jetzt bestimmt immer auf dich aufpassen.«

Tara verschluckte sich an ihrem Tee, Adam zog scharf die Luft ein und seine Augen wurden schmal. Melissa war sich der Blicke der beiden Erwachsenen unangenehm bewusst.

Doch die Kleine plapperte unbekümmert weiter. »Bestimmt will er gar nicht, dass du wieder weggehst. Deshalb hab ich auch gemalt, dass ihr euch an den Händen haltet. Ihr bleibt jetzt sicher immer ganz nah bei dem anderen.«

Unbekümmert kletterte Amia auf Melissas Schoss, die es verdutzt zuließ. Das Mädchen hielt ihr das Blatt direkt vor das Gesicht. »Und das da bin ich und da ist mein Bruder und Tara und Marlon.« Ihr kleiner Finger wanderte von Figur zu Figur, die alle nahe beieinanderstanden. Daneben hatte Amia sogar eine Katze gemalt.

»Dein Bruder?«, fragte Melissa verwundert.
»Ja, natürlich. Er ist doch immer bei mir, wer soll denn sonst auf mich aufpassen?«, antwortete Amia belustigt.

Melissa verzog verwirrt das Gesicht.

»Amia ist meine Schwester«, erklärte Adam. »Ich dachte, das wäre offensichtlich.«

Zum ersten Mal fiel Melissa die große Ähnlichkeit der beiden auf, die sich ähnelnden Gesichtszüge, der braune Haarton beider, aber am meisten stachen die braunen Augen und das Blitzen darin hervor, wenn sie lachten. Wie hatte ihr das entgehen können? »Oh, ich dachte Amia wäre Taras...« Melissa sprach den Satz nicht zu Ende.

»Aber Nein!« Amia hatte verstanden, was Melissa sagen wollte und amüsierte sich köstlich über die Fehlannahme. »Tara ist unsere Freundin, und ein bisschen wie eine Tante. Eine echte Tante habe ich ja leider nicht.« Bedauernd verzog sie den Mund. »Und hin und wieder wohnt sie einige Zeit bei uns. Damit Adam nicht alles über den Kopf wächst, sagt sie. Aber sie meint wohl, damit ich Adam nicht zu sehr die Nerven raube.« Amia grinste frech.

»Und wer ist das da? Sie sieht nicht so glücklich aus.« Versuchte Melissa schnell von ihrem Irrtum abzulenken und tippte auf eine Frau abseits der anderen.

»Hm..., die Frau ist wohl nur zufällig vorbeigekommen...«, überlegte die Kleine. Doch dann wendete sie ihren Blick zu Melissa und schwang ihre dünnen Ärmchen um ihren Hals und drückte sie fest an sich. »Ich bin so froh, dass du bei uns bist. Du bist ein ganz besonderer Mensch, das weiß ich. Gott sei Dank, hast du uns gefunden.«

Überrascht ließ Melissa sie gewähren. Eine unerwartete Wärme breitete sich in ihrer Brust aus und sie umarmte das Kind ebenfalls.

Tara betrachtete die beiden mit einem nachdenklichen Lächeln.

♥︎Bad Salvation♥︎ - The Girl With The VampireWhere stories live. Discover now