„Danke, ich komme gleich", sagte Elyanor und Lio verschwand, ohne die Tür zu schließen. Sie verdrehte die Augen und ich war mir sicher, dass ihr das nur bei ihrem kleinen Bruder passierte. Ich konnte mir gut vorstellen, dass man da manchmal die Nerven verlieren konnte.

Marlies konnte sich ihr Lachen nicht verkneifen und wurde dafür mit einem tadelnden Blick von Elyanor bestraft. Sie ging zu ihrem Schreibtisch und nahm eine Tafel Schokolade aus der Schublade. „Hier, die ist vielleicht besser als der Alkohol", meinte sie und reichte sie mir.

„Ich bin gleich wieder da."


*   *   * 


Marlies schlief auf dem Sofa, während ich die erste Wache übernommen hatte. Auch wenn wir die Seiten gewechselt hatten, trauten wir unserem ehemaligen Feind noch nicht gänzlich. Elyanor war noch immer nicht zurückgekommen, als ich Schritte auf dem Flur hörte.

Dann wurde die Zimmertür geöffnet und ich legte Marlies meine Hand auf die Schulter, um sie zu wecken. Sie hatte einen leichten Schlaf und war sofort wach. Elyanor trat ein und meine Anspannung fiel augenblicklich von mir ab.

„Hey", flüsterte sie mit Blick auf Marlies, die sich gerade aufrichtete.

„Was gibt es neues?" Ich machte Platz auf dem Sofa, sodass sie sich neben mich setzen konnte.

„Wenig neue Informationen. Ca... Einer der Prinzen steckt wohl hinter dem Angriff. Der Moderator steckt anscheinend ebenfalls mit den Rebellen unter einer Decke. Kurz nachdem die Kamera ausgeschaltet wurde, folgte eine Fortsetzung des Berichts, in der er die Forderungen der Rebellen verkündete. Außerdem forderte er die Bürger zum Widerstand auf."

Sie nahm sich ein Kissen, das auf den Boden gefallen war und umarmte es.

„Aktuell läuft eine Verhandlung des Königs mit den Rebellen. In den Städten gibt es wohl größere Aufstände der Bürger Thalassias, besonders aus den niedrigen Kasten. Es gibt Meldungen, dass wohl schon die ersten Einheiten von der Front abgezogen werden, um die Soldaten in der Hauptstadt zu unterstützen."

Ich legte den Kopf zurück und schwieg betroffen. Marlies schien ebenfalls nicht genau zu wissen, was sie sagen sollte.

„Sag mal, habt ihr etwa die ganze Schokolade in der einen Stunde gegessen, die ich weg war?", fragte Elyanor ungläubig, als sie das Papier auf dem Beistelltisch bemerkte, in dem noch eine Stunde zuvor eine Tafel Schokolade eingewickelt war.

„Hey, mach uns nicht für deine Fehler verantwortlich. Sie war echt gut." Marlies verschränkte die Arme vor der Brust.

Elyanor schenkte uns einen zweifelnden Blick. „Ihr hättet wenigstens die Beweise vernichten können", meinte sie.

Ich beugte mich vor, zerknüllte das Papier zu einem Ball und warf ihn in den Papierkorb neben dem Schreibtisch an, in den ich es warf. „Zufrieden?", fragte ich mit einem Grinsen.

„Jetzt habe ich keinen Nachschub mehr. Das war die letzte." Unzufrieden ließ sie das Kissen los und warf mir einen gespielt beleidigten Blick zu.

„Ich glaube du kannst dir in deiner Position eine neue Tafel Schoki leisten", sagte Marlies belustigt.

Elyanor wollte gerade etwas antworten, als es an der Tür klopfte. Kurz darauf trat ihre Zofe ein und sank in einen Knicks. „Prinzessin Elyanor, ich bitte um ein kurzes Gespräch unter vier Augen."

Sie musterte Marlies und mich mit einem seltsamen Seitenblick und ich ahnte, dass etwas im Busch war. „Also gut." Elyanor warf uns noch einen kurzen Blick zu, bevor sie der Zofe nach draußen folgte.

„Ich denke sie haben es herausgefunden", sagte Marlies leise und ihre Stimme klang resigniert. „Es ist ja auch irgendwie offensichtlich."

Ich schwieg und überlegte fieberhaft, ob es einen Ausweg aus dieser Situation gab. Nach einigen Minuten der Stille seufzte Marlies und sah mich mit einem hoffnungslosen Blick an.

Plötzlich hörte ich das Geräusch schwerer Stiefel auf dem Flur, es mussten wohl mehrere Dutzend Wachmänner sein. Dann herrschte vollkommene Stille, bevor Chaos ausbrach. Die Tür wurde aufgerissen, bewaffnete Soldaten stürmten herein und verteilten sich im gesamten Raum.

Elyanor folgte ihnen, ihre Miene vollkommen verändert. Sie weiß es, war mein erster Gedanke und ich sollte recht behalten.

„Ihr habt versucht, meinen Vater zu ermorden?" In ihrer Stimme erklang Zorn, Wut und abgrundtiefe Enttäuschung.

„Lasst euch hier nie wieder sehen", rief sie aus, ohne eine Antwort abzuwarten. Sie wechselte einige Worte mit dem Anführer der Gruppe, bevor sie sich umdrehte und den Raum verließ, ohne uns eines weiteren Blickes zu würdigen. 



Fortsetzung folgt ... 

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Heyy  💕 

Ich hoffe wie immer, das Kapitel hat euch gefallen ✨  
Was haltet ihr von der neuen Situation? 

Ach ja, und der Konflikt um Calders Verlobung mit Savannah kommt im nächsten Kapitel, falls sich jemand wundert... (auf Wunsch von official_angel11 aus der Perspektive von König Alexander von Thalassia)😅  

~ 1315 Wörter 

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