Kapitel 30

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Männer

In Ruhe trank Nakita aus dem Krug vor ihr auf dem Tisch und unterhielt sich mit ein paar der örtlichen Händler. Ältere Herrschaften, die ihre Anwesenheit augenscheinlich genossen. Sie hatte nur wenige Informationen aus ihnen ausquetschen können. Doch sie hatte in Erfahrung bringen können, dass ein gewisser Mr. Brekka ebenfalls nach der Sonnenkriegerin suchte. Er war aus Ketterdamm und verfolgte die Sonnenkriegerin mit einer Frau und einem Mann mit Zylinder. Die Männer hatten ihr eine Beschreibung der Personen gegeben, doch wirklich weiter hatte es sie bezüglich Alinas Fluchtroute nicht gebracht. Nach ihrem Essen bedankte sie sich bei den Männern und stand auf, um beim Wirt die Rechnung zu begleichen. Sie flirtete eine Weile noch mit ihm und brachte ihn dazu, ihr sein restliches Brot einzupacken. Mit Brot und einem Krug Kavas beladen machte sie sich auf den Rückweg zum Zeltlager. Laternen brannten und es herrschte Unruhe im Lager. Leise näherte sie sich den Soldaten und versuchte den Grund für die Unruhe ausfindig zu machen. Doch als sie sie erblickten blieben sie stehen. „Moi Soverenyi, sie ist hier!" Rief einer der Oprichniki. Kirigan trat aus dem Zelt und nickte den Soldaten zu. Mit finsterem Blick trat er ihr entgegen. „Ich hatte dir zugestanden dir deine Freiheiten zu lassen, aber dieses Zugeständnis nehme ich sofort zurück, wenn es dich zu so gedankenlosen gefährlichen Handlungen motiviert!" Zischte er. Sie hielt jedoch nur entschuldigend das Brot und den Kavas hoch. „Für die Soldaten." Sagte sie schlicht und ging zum Lagerfeuer, das in der Mitte der Zelte war. Sie legte das Brot auf dem Tuch ausgebreitet neben das Feuer auf einen Stein und stellte den Kavas dazu. „Bedient euch." Sagte sie und musste schmunzeln als sie sah, wie die ausgehungerten Soldaten gierig nach dem Brot griffen. Sie spürte den General in ihrem Rücken. „Manchmal weiß ich nicht ob ich dich küssen oder umbringen will." Sagte er leise in ihr Ohr. „Ersteres vertrau mir. Ich habe Informationen." Sagte sie schlicht und ging dann in das Zelt des Generals. Kirigan folgte ihr und legte ihr ihre Kefta um die Schultern. „Leg sie bitte nicht ab, vor allem nicht in einer solchen Stadt, du bist ohne sie vollkommen ungeschützt." Sagte er ungewohnt sanft. „Kaz Brekker." Sagte sie nur. „Brekker?" Fragte der General „Was ist mit ihm?" „Er verfolgt Alina zusammen mit zwei Begleitern. Sagte dir der Name etwas?" General Kirigan ging im Zelt auf und ab. „Das tut er. Was weißt du noch?" Nakita zuckte mit den Schultern. „Nicht viel. Aber bei mir verstärkt sich der Eindruck, dass sie allein gegangen ist." Kirigan drehte sich von ihr weg, er dachte nach. Für ihn war es nur schwer vorstellbar, dass Alina seinem Charme entsagt hatte. Gleichzeitig wusste er auch, dass Baghra sie mit jeder Art von Informationen hatte füttern können, die ihre Meinung ändern. Er seufzte. „Wir sollten uns schlafen legen, morgen müssen wir früh aufbrechen." Sagte er lediglich und sah wieder zu Nakita. Sie sah sich kurz in dem überschaubaren Zelt um und erkannte nur ein Bett. Sie wusste nicht, ob es vorgesehen war, dass sie in diesem Zelt nächtigte. „Wo soll ich schlafen?" Fragte sie etwas verunsichert. Kirigan hob eine Augenbraue, als würde er die Frage nicht verstehen. „Hier?" Sagte er nur schlicht und zeigte zu dem kleinen Bett. Sie schnaubte, ihr missfiel dass sie erst jetzt, wo die Sonnenkriegerin verschwunden war wieder Aufmerksamkeit von dem General bekam. Auch wenn sie dies niemals zugeben würde. Kirigan zog sie an ihrer Hüfte zu sich. „Ich kann es in deinen Augen sehen." Sagte er leise. „Was kannst du sehen?" Fragte sie wenig geistreich. „Die Unsicherheit" antwortete er schlicht. Sie versuchte sich von ihm los zu machen, doch er ließ sie nicht gehen. „Jetzt kennst du mich plötzlich wieder gut?" „Was hat dir der Prinz bloß eingeredet?" Sagte er nachdenklich. „Nikolai hat mir gar nichts eingeredet, er hat mir viel mehr die Augen geöffnet." Das Gesicht des Generals verfinsterte sich. „Achja? Hat er das?" Nakita nickte stur und hielt den Augenkontakt. „Und wo ist er jetzt, dein Prinz?" Fragte er verächtlich. Nakita trat einen Schritt von ihm zurück, doch der General folgte ihr. „Er ist nicht hier. Denn so gerne er mir auch vorwirft, dass ich meine Aufgabe priorisieren, so oft tut er dies doch selbst auch. Er kann nicht einfach fort um dich zu suchen, er hat Pflichten im Palast. Und genau dort ist er. Vielleicht hat er Soldaten ausgeschickt, vielleicht weiß er aber auch, dass ich dich immer finde. Weil wir beide uns nämlich wirklich ähnlich sind." Nakita spürte die Wut durch ihre Adern pulsieren „Er akzeptiert wenigstens meine Entscheidungen!" „Tut er das? Dann sag mir, warum war er bereit ein Abkommen mit mir zu schließen, damit du deine Kräfte trainierst? Er hat mir zugesichert dich zu beeinflussen, um dich umzustimmen. Ist das der Respekt von dem du redest?" Nakitas Mund stand offen, sie konnte nicht verarbeiten was sie gerade gehört hatte. „Das hast du dir ausgedacht." Sagte sie leise, mit Tränen in den Augen. „Ich wünschte er wäre der, für den du ihn hältst. Dann könnte ich vielleicht zulassen, dass ihr glücklich miteinander werdet. Doch das wird nie geschehen, denn es ist eine Vorstellung die du an ihm liebst, nicht die Realität." Nakita sah ihn sprachlos an und suchte nach der Lüge in seinen Augen. Aber sie erkannte die Wahrheit in ihnen. „Es tut mir leid, dass ich zugelassen habe, dass er dir diese Illusion aufbaut. Ich habe es gesehen und zugelassen, weil ich gesehen habe, wie glücklich er dich gemacht hat, auch wenn ich ihn nicht leiden kann." „Du willst mir also ernsthaft weismachen, dass du mir einen Gefallen getan hast, als du mich ignoriert hast?" Kirigan zog sie zu sich und umarmte sie. „Nakita, ich bin auch nur ein Mensch. Du willst in mir den Bösewicht sehen, du willst wütend sein, um nicht die Trauer zu spüren. Ich weiß das, weil wir uns so ähneln." Sie fühlte sich ertappt, denn sie spürte die Wut in sich und die Trauer, die sie zu verstecken versuchte. Doch dass er sie so durchschaute half ihr in ihrem Gefühlschaos nicht weiter. Sie spürte die Flammen zornig um sich greifen, spürte wie sie sie auslaugten, mit aller Gewalt drängte sie sie zurück. „Ich werde diesen Fehler nicht erneut begehen, ich bin für dich da, ich verspreche es." Sagte er leise und gab ihr einen Kuss auf ihr Haar. „Du solltest jetzt erstmal schlafen." Sagte er. Sie strich sich ihre Haare aus dem Gesicht. „Wie denn, mit all den Gefühlen?" Murmelte sie wütend. „Vertraust du mir?" Fragte er und beobachtete sie. Kurz dachte sie darüber nach. Erst wollte sie einem ersten Impuls folgend trotzig nein sagen, doch sie wusste, dass er ihr Vertrauen besaß, obwohl sie dies nicht wollte. Sie nickte. Dann strich er sanft ihre Haare zurück und legte seine Hand in ihren Nacken. Zuerst spürte sie eine angenehme Kühle, dann umfing sie Dunkelheit.

Nakita wachte mit schmerzendem Rücken auf. Sie wollte sich umdrehen, doch es gelang ihr nicht. Erst dann sah sie Aleksanders Arm um ihre Hüfte. Als sie zu ihm auf sah, war er bereits wach und beobachtete sie. Als sie in seine dunklen Augen sah bekam sie für einen Moment Angst. Nicht vor ihm, sondern davor, was für eine Lücke er hinterlassen würde, wenn er jemals nicht mehr für sie da war, so wie er es jetzt war. „Woran denkst du?" Fragte er und strich über ihre Wange. Nakita biss sich auf die Lippen und schloss die Augen, dann schmiegte sie sich mehr in seinen Arm. Sie spürte seine Brust vibrieren als er leise lachte. Dann küsste er sie auf ihre Stirn. „Das habe ich vermisst." Sagte er leise. „Moi Soverenyi." Kam es laut von vor dem Zelt. „Das hab ich nicht vermisst." Sagte Nakita leise und schlug genervt ihre Augen auf. Sie stand auf und warf sich ihre Kefta über. Er beobachtete sie dabei, immer noch schmunzelnd. Erst dann stand er auf, zog auch seine Kefta an, jedoch ohne jede Hast und zog sie zu sich. Dann küsste er sie, bevor er das Zelt verließ. So sehr sie es auch hasste, so aus der Nähe zu Aleksander gerissen zu werden, sie musste sich eingestehen, dass ihr die Pause gut tat, um durchzuatmen und ihre Gedanken zu ordnen.

Erst nach ein paar Minuten trat sie dann auch aus dem Zelt und nahm sich ein Stück Brot. Fedyor setzte sich neben sie, er hatte trotz der frühen Morgenstunde bereits viel Energie. Er grinste sie an, was sie nur die Augenbrauen heben ließ. „Was Fedyor?" Fragte sie genervt, als er sie auch nach einer Minute noch an sah. „Also du und der General?" Sagte er. Ihr fiel fast die Kinnlade runter. Sofort stand Nakita auf und zog Fedyor ein Stück vom Feuer weg. Er lachte und sagte laut. „Aber Nakita, ich bin doch vergeben!" Ihre Wangen wurden feuerrot als sie sah, dass Ivan und der General, die gerade zuvor noch etwas besprochen hatten, jetzt beide zu ihnen hinüber sahen. „Du bist unglaublich." Sagte Nakita frustriert, was Fedyor erneut zum Lachen brachte. „Danke." Sagte er schlicht und sah sie abwartend an. „Was willst du hören?" Fragte sie leise. Fedyor beobachtete sie kurz, es schien ihr wirklich unangenehm zu sein, denn ihr Herzschlag raste. „Ich war schon immer dafür, dass du den Welpen endlich abschießt." Sagte er dann und zwinkerte ihr zu. Sie sah ihn überrascht an. „Ich dachte es würden alle denken, dass ich nur auf Macht aus bin." Sagte sie leise. Fedyor lachte. „Stimmt, deshalb hast du dir dann den Prinzen von Ravka geangelt, das macht es viel besser." Sie sah ihn erneut sprachlos an. Er lachte wieder, doch dann ergänzte er „Ich kann deinen Herzschlag spüren. Ich habe schon immer geahnt dass du und der General mehr für einander seid. Ein blinder kann sehen, wie ähnlich ihr euch seid." Nakita sah an sich hinab, woraufhin Fedyor die Augen verdrehte. „Doch nicht so. Charakterlich und in eurer Art aufzutreten, Befehle zu erteilen." Sie unterbrach ihn. „Ich erteile keine Befehle." Fedyor schmunzelte. „Achja? Dafür hast du zwei der mächtigsten Männer von ganz Ravka aber gut im Griff." Empört schlug sie ihm auf den Arm. Sie sah das Funkeln in seinen Augen, bevor er wieder ernst wurde. „Niemand hat das Recht dich zu verurteilen. Und niemand wird es wagen, in Anbetracht des Mannes den du liebst." Sie sah ihn mit großen Augen an. „Ich l..." Sie wurde jedoch von Ivan und dem General unterbrochen, die sie beide aufmerksam musterten, als sie zu ihnen traten. „Wir reiten gleich los." Sagte Ivan steif und schenkte Fedyor einen genervten Blick. Der wiederum schmunzelte nur wieder und stieß Nakita seinen Ellenbogen in die Seite. Ivan und Fedyor gingen zu ihren Pferden und ließen Nakita mit dem General zurück. „Worüber habt ihr geredet?" Fragte er neugierig. Nakitas Augen wurden erneut groß bevor sie sich fing. „Über Sachen, geht dich nichts an." Aleksander schmunzelte vielsagend, was sie genervt stöhnen ließ. Dann trat er näher zu ihr. „So gerne ich das Geräusch von dir nochmal hören möchte... wir müssen wirklich los." Sagte er vieldeutig und schob sie dann sanft zu ihrem Pferd, während Nakita nur die Röte in die Wangen schoss. „Männer" murmelte sie und schüttelte peinlich berührt den Kopf. Aleksander leckte sich leicht über die Lippen und half ihr dann beim Aufsteigen, ehe er sich in den Sattel seines Pferdes schwang.

Das Spiel mit dem Feuer - General Kirigan fanfictionWhere stories live. Discover now