Kapitel 26

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Wahrheit

Nikolai starrte Nakita ungläubig an. Der General hatte ihm zusammengefasst, was Baghra herausgefunden hatte und dann von Nakitas Reaktion erzählt. Sie hatte sich lediglich nach hinten gelehnt und war die ganze Zeit still geblieben. „Das kann nicht dein ernst sein?" Fragte er leise und schockiert. „Wir wissen jetzt, wo das Problem liegt. Wir müssen uns darum kümmern, dann kann es dir besser gehen. Du kannst doch jetzt nicht einfach aufgeben." Sagte er traurig und ungläubig. Nakita sah das erste Mal wieder auf. „Wir?" Sie schnaubte verächtlich. „Ihr tut beide immer so, als würdet ihr das Problem selbst haben. Ihr fühlt nicht, was ich fühle, den Schmerz und die Kälte. Ich habe genug Probleme in meinem Leben gelöst, ich habe einfach keine Lust mehr. Ihr tut so, als wäre ich zu Größerem bestimmt. Aber was ist, wenn ich einfach nur ein Fehler der Natur bin, etwas, das sich von selbst erledigt? Es ist nicht euer Problem, lasst mich damit in Frieden." Sagte sie und stand auf. „Ich tue nicht so als wäre es mein Problem, es ist mein Problem. Denkst du es würde mich nicht treffen, eine Freundin zu verlieren?" Fragte Nikolai anschuldigend und trat vor sie. Nakita zuckte mit den Schultern. „Das ist in der Tat dein Problem, so bitter das ist. Aber es gibt kein Problem, das das Unsrige ist." Sagte sie und blickte auch zu Aleksander. Dann ging sie aus dem Palast und ließ zwei völlig entsetzte Männer zurück.

Nikolai ließ sich auf das Sofa zurück sinken und starrte auf den Boden. Auch der General verfiel in seine eigenen Gedanken. „Es ist mir gleich was ihr tut, Prinz Nikolai, aber versucht sie umzustimmen." Sagte der General ernst. Entgeistert sah ihn Nikolai an. „Ich wollte euch gerade um das Selbe bitten." Der General schüttelte den Kopf. „Sie vertraut mir nicht mehr, ein Umstand, den ich auch euch zu verdanken habe, wie ich annehme. Seht zu, dass sie ihre Fähigkeiten trainiert." Sagte er und sah den Prinzen auffordernd an. „Dass sie euch nicht vertraut, habt ihr euch selbst zuzuschreiben. Ich bin kein Grisha, ich kenne eure Abläufe nicht. Wie soll ich ihr helfen. Ich schlage etwas anderes vor, auch wenn es euch nicht gefallen wird. Einen Waffenstillstand, eine Allianz. Ich kann sie vielleicht überreden, doch ihr könnt sie kontrollieren. Ihr könnt ihre Fortschritte kontrollieren." Der General hörte ihm aufmerksam zu, da er ebenfalls sehr an einer Lösung interessiert war. Dann fuhr Nikolai fort. „Ich werde sie beeinflussen so gut ich kann. Im Gegenzug werdet ihr sie zu ihrem Unterricht bringen lassen und wenn ihr sie selbst begleiten müsst." Nikolai runzelte selbst die Stirn, er wollte Nakita nicht überwachen lassen. Doch im Moment war sie vollkommen unzurechnungsfähig und seine Liebe für sie, ließ den Gedanken nicht zu, dass sie sich aus Sturheit selbst tötete. General Kirigan nickte. „Ich werde sie überwachen. Die Wahrscheinlichkeit dass sie von hier Fliehen will, ist nun sehr hoch. Und wenn es nicht anders möglich ist, dann werde ich sie höchstpersönlich zu den Korporalki schleppen." Nikolai nickte. „Einverstanden." General Kirigan stand auf. „Ich werde ihr folgen, nicht dass sie jetzt schon verschwindet." Sagte er, von seiner eigenen Unruhe getrieben. Nikolai nickte nur und sah dem General hinterher, wie er aus der Tür verschwand.

Es vergingen Wochen in denen Nakita den Prinzen nicht sah. Nicht, weil Nikolai sie nicht sehen wollte, sondern weil sie sich weigerte. Sie ging zwar täglich zu Baghra, aber auch nur, da sie keine andere Wahl hatte. Der General ließ sie jedes Mal von Entherzern zu Baghras Höhle bringen. Allerdings konnten auch diese sie nur hinbringen. Sie weigerte sich jedoch auch nur einen Funken der kleinen Künste anzuwenden. Baghra, die allmählich aufgegeben hatte, Nakita zum Mitwirken zu bewegen, kochte mittlerweile jedes Mal einen Tee wenn sie kam. So nutzten die beiden Frauen die ihnen aufgezwungene gemeinsame Zeit, um Tee zu trinken, aber verblieben meist still. Nur heute hatte Baghra deutlich schlechter Laune. „Mädchen wie soll das noch weitergehen, willst du Tee trinkend auf deinen Tod warten?" Nakita schwenkte leicht ihre Tasse und dachte nach. „Ich warte nicht auf meinen Tod. Wäre ich frei, dann würde ich fortgehen und das Leben genießen." Antwortete sie, ohne von ihrer Tasse aufzublicken. „Das Leben genießen? Du meinst dich von Zirkus zu Zirkus zu hangeln, in der Hoffnung abends mit einem vollen Magen schlafen gehen zu können? Das nennst du Leben? Du erkennst nicht wie gut du es hier hast. Der General trägt dich auf Händen und selbst der Prinz ist dir verfallen und doch bist du stur wie ein Kind!" Sie sah das Mädchen verächtlich an. „Was willst du denn noch?" Fügte Baghra hinzu und suchte ihren Blick. „Freiheit." Antwortet Nakita schlicht. Baghra schnaubte. „Verflucht wenn es das ist, dann nimm sie dir. Wer soll dich aufhalten, wenn zwei der mächtigsten Männer dir verfallen sind?" Nakita blickte auf und musterte die alte Frau. „Du sagst das, als wäre es das Einfachste der Welt." Baghra stand auf und drehte sich von ihr Weg. „Er wird mich umbringen wenn ich dir das sage." Murmelte sie, Nakita hatte Mühe es zu verstehen. „Mir was sagst?" Baghra drehte sich um. „Wenn der Ball stattfindet, wird alle Aufmerksamkeit bei der Sonnenkriegerin liegen. Kirigan will sie der Welt vorstellen. Er wird keine Zeit haben auf dich zu achten." Nakita dachte nach. „Und der Prinz?" Fragte sie, Baghra schnaubte. „Bei allen Heiligen Kind, du wirst ja wohl den Welpen um deine Finger wickeln können. Lass dir etwas von ihm zu trinken holen und dann verschwinde. Glaub mir, alle Entherzer und Oprichniki werden strikte Anweisung haben, die Sonnenkriegerin zu beschützen und das dumme Ding macht sogar noch mehr Ärger als du." Nakita dachte angestrengt nach. „Warum hilfst du mir?" Baghra sah resigniert aus. Dann setzte sie sich wieder gegenüber von Nakita. „Du denkst ich bin herzlos, weil ich hart zu meinen Schülern bin, aber so ist es nicht. Ich versuche sie alle zu schützen, auch dich. Aber ich sehe, dass dir hier niemand helfen kann. Du bist wie ein Vogel, lässt man ihn zu lange eingesperrt, so verkümmert er, ganz gleich wie gut man ihn zu versorgen gedenkt. Und bei allen Heiligen, ich weiß selbst nicht, wie ich dir helfen soll." Nakita stellte ihre leere Tasse ab und nickte. „Danke." Sagte sie schlicht und stand auf. Sie spürte das erste Mal seit langem, wie sich etwas wie Hoffnung in ihr ausbreitete.

Das Spiel mit dem Feuer - General Kirigan fanfictionWhere stories live. Discover now