Kapitel 19

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Bei aller Freundschaft

General Kirigan begrüßte Nakita abends im Zelt, als er von seiner letzten Aufgabe zurück kam. „Ich habe dich schon gesucht." Sagte er und blickte sie neugierig an, da sie in Gedanken versunken schien. „Nakita?" Sprach er sie erneut an, als sie nicht reagierte. Erst da blickte sie auf. „Was?" Sie drehte sich von der Karte um, vor der sie stand. Aleksander näherte sich ihr und betrachtete die Karte ebenfalls. „Woran denkst du?" Fragte er. Sie drehte sich zur Karte zurück. „Ich denke an meine Heimat. Oder an den Ort, der einmal meine Heimat war." Sie zeigte auf das Gebiet der Fjerda. „Als ich damals meine Kräfte nutzte, um zu entkommen, da war es ungewollt. Aus einem Instinkt heraus." Aleksander drehte sie zu sich. „Und heute war das anders?" Erriet er ihre Gedanken. Sie nickte. „Ich wollte ihn verletzen, ich wollte ihm eine Lektion erteilen und wollte dass er mich um Verzeihung anfleht." Sagte sie leise und Scham machte sich in ihr breit. Sie war vorher auf ihre Tat stolz gewesen, doch jetzt fühlte es sich falsch an, vielleicht hatte Nikolai doch Recht gehabt. Aleksander hob ihr Kinn an. „Wir sind im Krieg. Die Soldaten und Offiziere müssen ihren Rang kennen und heute hast du jemanden zu Recht gewiesen, der seinen Rang nicht kannte." Sie seufzte. „Kannte er seinen Rang nicht, oder ich?" Sprach sie leise. General Kirigan ließ ihr Kinn los und sah sie skeptisch an. „Das hat dir der Prinz eingeredet, nicht wahr? Du darfst eins nicht vergessen Nakita. Wir sind Grisha. Wir sind anders als sie. Und wir mussten lange dafür kämpfen, dass solche Vorverurteilung nicht mehr stattfinden. Du hast jedes Recht wütend zu sein, wenn jemand diesen Erfolg untergräbt." Sie streckte ihre Hand, die ihr schmerzte. Aleksander folgte ihrer Bewegung und erkannte die Verbrennungen. Sie sah ihn an. „Ich hatte es nicht unter Kontrolle. Es hat mich verbrannt." Gestand sie sich ein. Er griff sanft nach ihrer Hand und schloss seine darum. „Wir müssen mehr trainieren, auch den Nahkampf ohne Waffen. Ich will nicht, dass dein Unterricht zu kurz kommt." Sie verdrehte die Augen. „Aleksander, wir sind im Krieg. Ich brauche hier keinen Unterricht, ich brauche Erfahrungen." Er runzelte die Stirn. „Was meinst du?" Sie atmete geräuschvoll aus. „Ich habe mir etwas überlegt." Setzte sie an und suchte den Blickkontakt. Gespannt wartete er und beobachtete ihre angespannte Körperhaltung. „Schick mich mit dem nächsten Skiff mit. Ich könnte es verteidigen." Aleksander schnaubte und wandte sich ab, da er den Vorschlag in seiner Gänze ablehnte. „Hör mir zu, bitte." Sagte sie und griff nach seiner Hand. Er nickte, als Zeichen dass sie fortfahren sollte. „Ich habe mit einigen Materialki gesprochen, bei der Überfahrt wird blaues Licht verwendet. Anders als gewöhnliche Inferni könnte ich mit meinen blauen Flammen das Skiff verteidigen, ohne weitere Volcra anzulocken! Ich könnte für ihre Sicherheit sorgen" Versuchte sie zu argumentieren. Er schüttelte den Kopf. „Nein Nakita! Du hast deine Kräfte nicht genug unter Kontrolle, dass du mir gerade erst selbst gesagt. Ich erlaube es nicht. Du könntest die ganze Besatzung gefährden, wenn deine Kräfte außer Kontrolle geraten." Enttäuscht ließ sie ihre Hände sinken. „Aber Aleksander, ich bitte dich. Ich möchte mich beweisen, gib mir Gelegenheit dafür. Mein Leben lang schon spüre ich, dass ich anders bin. Nur einmal will ich spüren, dass mir diese Einzigartigkeit für etwas nützt, statt immer nur zu schaden." Sprach sie aufgebracht und spürte die Tränen in ihren Augen. Er trat auf sie zu und nahm ihr Gesicht in seine Hände. „Ich verspreche dir, du wirst deine Berufung finden, denn du bist besonders. Es wird den Tag geben, an dem du Möglichkeiten hast, die sich nur dir bieten. Aber noch ist es nicht dieser Tag. Du musst noch viel mehr Kontrolle lernen. Es tut mir leid Nakita." Enttäuscht drehte sie sich von ihm weg und starrte auf die Karte. Sie starrte auf Fjerda und spürte die Enttäuschung so heftig aufwallen, dass sie augenblicklich das Zelt verließ, keine Sekunde länger hielt sie es zwischen den Zeltwänden aus. Aleksander ließ sie gewähren, er wusste nicht, wie er sie trösten sollte und gleichzeitig war er entschlossen, ihr diesen Wunsch auf keinen Fall zu erfüllen.

Nachdenklich sah Nakita in den Sternenhimmel. Sie wollte endlich zu etwas nützlich sein. Sie wollte mehr als das Mädchen mit den unkontrollierten Kräften sein. Sie wollte mehr als der Schatten des Generals sein, ständig den missgünstigen Blicken der Offiziere ausgesetzt. Aber sie wollte auch keine Soldatin sein, die bei der ersten Gelegenheit im Kampf mit einem Fjerda durch einen Kopfschuss starb. Sie spürte, dass ihre Kräfte sie besonders machten. Doch wozu all das, all die Einsamkeit, all die Absonderungen, wenn sie einfach nicht ihre Bestimmung zu finden vermochte? Eingesperrt im kleinen Palast würde sie ihre Bestimmung nie finden, genau so wenig, wie als Mitglied eines wandernden Zirkus. Sie spürte viel mehr eine Nähe zur Flur, die sie nicht erklären konnte. Sie spürte dass ihr Schicksal mit der Flur verwoben war.

Das Spiel mit dem Feuer - General Kirigan fanfictionWhere stories live. Discover now