Pierre fliegt auf

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Georg ließ Aldric einige Tage Zeit, um eine Liste der Unterstützer ihrer Sache anzufertigen, ehe er Pierre zu ihm schickte. Der ehemalige Stern trug Bauernkleider und einen breitkrempigen Hut, um in der Stadt nicht von einem der amtierenden Sterne oder einem anderen Getreuen des Papstes erkannt zu werden. In der Tasche seines Mantels trug er eines der Flugblätter, um sich so vor Aldric zu erkennen zu geben. Daneben enthielt das Flugblatt das Datum ihres nächsten Treffens. Er betrat die Konditorei und legte den Zettel auf den Tresen.

Aldric warf einen flüchtigen Blick auf den jungen Mann und das Schreiben, dann wandte er sich seiner Auslage zu. Er füllte Bonbons in ein Glas, stellte es auf den Tresen und sah an Pierre vorbei durch die Scheibe. »Der Drachentöter schickt dich?«

»Er will, dass ich das Rezept für deine neueste Kreation abhole.«

»Ich verstehe.« Aldric winkte Pierre zu sich hinter den Tresen. Er führte ihn in die Backstube. »Warte einen Moment.«

Pierre blieb zwischen den beiden Arbeitstischen, Regalen voller Sirupflaschen und Bäckerswerkzeug und einem Stapel Mehlsäcke zurück.

Aldric kam nach einigen Minuten wieder in die Backstube. Er steckte einen Zettel in Pierres Manteltasche. »Auf dem Zettel sind alle Leute verzeichnet, die Interesse an den Treffen haben. Es sind nicht viele, nicht einmal alle, denen ich Lesen beigebracht habe. Aber ich gehe davon aus, dass Georg verstehen wird.«

Pierre nickte.

Aldric schritt an ihm vorbei in den Laden zurück. Er nahm das Flugblatt vom Tresen und studierte es eingehend. Schließlich drehte er sich zu Pierre herum. »Ich werde dann da sein. Und jetzt geh, bevor dich einer von denen hier sieht. Deine hoch ehrwürdigen Freunde müssen bald hier sein.«

Pierre wandte sich um und ging zur Hintertür, doch Aldric rief ihn zurück.

»Es ist besser, wenn du zur Straße rausgehst. Wir können nicht sicher sein, ob dich nicht jemand hat, reinkommen sehen. Ich will keinen Ärger wegen irgendwelcher Leute, die in meinem Laden verschwinden.«

Pierre nickte. Er verstand die Sorgen des Zuckerbäckers, auch wenn er es für eine schlechte Idee hielt, direkt auf die Straße zu treten. Zumal die Sterne in der Nähe sein sollten. Er konnte nur hoffen, dass seine Verkleidung ihn gut genug verbarg. Er sah noch einmal zur Konditorei zurück, während er die Straße entlang ging, und stieß mit jemandem zusammen, der ihm entgegenlief. Piere sah auf. Vor ihm stand Simon, den Blick fest auf das Gesicht seines Gegenübers gerichtet.

»Warum rempelst du mich an, Bursche? Weißt du nicht, wie du dich zu benehmen hast?« Der Stern griff die Hand Pierres. Er zog ihn am Arm in eine Gasse zwischen zwei Häusern und presste ihn dort an die Wand. »Du hast Glück, dass ich gute Laune habe!«

»Habe ich das?« Pierre sah ihm ins Gesicht.

Simon stutzte, dann lachte er schallend »Du lebst noch? Und dann bist du dumm genug, hierher zu kommen?« Er zog sein Messer aus der Tasche an seinem Gewand. »Aber vielleicht bin ich gnädig, wenn du mir sagst, was du hier zu schaffen hast, kleiner Verräter!«

»Weshalb benutzt du eigentlich dieses Ding?«

»Es ist effektiver als die anderen Geräte.« Simon grinste und rammte das Messer in Pierres Bein. Der junge Mann schrie auf. Simon presste sich eng gegen ihn. »Also, was tust du hier?«

Pierre schnaubte. Er wandte den Blick ab.

Simon ließ seine Hand los, ballte eine Faust und schlug seinem Gegenüber ins Gesicht, dann in den Magen. Er blieb in einem Schritt Abstand stehen. »Was hast du vor? Wo ist dein abtrünniger Freund?«

»Weshalb sollte ich einem Speichellecker des Papstes darauf antworten?«

»Was sagst du?«

»Der Papst, der Rat, ihr alle seid nichts als ein Haufen egozentrischer Arschlöcher, nur auf euer eigenes Vergnügen bedacht. Gierige Bestien, die Spaß daran finden, andere langsam zu töten.« Pierres Muskeln spannten sich. Er stieß sich von der Wand ab, packte Simons Schultern und wollte ihn niederringen, doch der Stern riss sich vorher los.

Er griff Pierres linken Arm, zerrte ihn nach hinten und warf sich dann mit seinem ganzen Gewicht auf ihn. Als sie beide am Boden lagen, rammte Simon das Messer durch die linke Hand seines Kontrahenten.

Pierre schrie auf. Er wagte es nicht, sich umzudrehen.

»Rede! Wer? Warum?« Simon schlug mit den Fäusten auf sein Opfer ein. Als Pierre noch immer nicht antworten wollte, sprang er auf und traktierte ihn mit Tritten.

Pierre riss das Messer aus der verletzten Hand und rollte sich auf den Rücken. Ein Tritt traf ihn hart an der Schläfe. Ehe er die Augen schloss, gewahrte er einen schmalen Schatten hinter Simon. Jemand berührte den Stern an der Schulter und redete auf ihn ein, doch Pierre konnte die Worte nicht mehr verstehen. Regen prasselte hart gegen seinen Kopf, das Verlangen zu schlafen, überwältigte ihn.


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