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Er hatte mich wirklich von seinen Wachen in ein Zimmer eskortieren lassen. Nichtmal er selbst war es gewesen. Er war einfach gegangen und hatte mich den grimmig aussehenden Männern überlassen, die nicht ein einziges Wort an mich gerichtet hatten. Sie hatten stoisch geschwiegen, auf keine meiner Fragen geantwortet und die Tür hinter mir abgeschlossen.

So ein Mistkerl. Hatter er mich einfach in ein Zimmer gesperrt. Mit nichts als meinen endlosen Gedanken.

Ich hatte überlegt zu fliehen. Aber nach einem Blick von dem Balkon war mir klar gewesen, dass ich das selbst in meiner Wolfsform nicht überleben würde. Vermutlich hatte er damit gerechnet, dass ich fliehen wollte und mich deswegen direkt so weit oben unterbringen lassen.

Trotzdem hatte ich die Wand nach versteckten Dienstbotengängen abgesucht. Ich wusste, dass das Schloss viele davon besaß. Wie sonst sollten die Dienstboten unauffällig von einem Ort zum anderen kommen. Aber anscheinend hatte er sichergestellt, dass die Gänge verschlossen wurden.

Und mit Sicherheit würde auch keiner der Dienstboten einen benutzen dürfen.

Ich hasste ihn. Mit jeder Faser meines Körpers. Hasste seine Art, seine Worte und sein ganzes Auftreten. Hasste, welche Wirkung er auf mich hatte. Dieser Mann war meine persönliche Folter. An ihn gebunden zu sein nichts als Rache für etwas, was ich bei der Mondgöttin oder vielleicht auch einem der anderen Götter verbrochen hatte. Wer wusste das schon.

Ich würde ihn eigenhändig umbringen, wenn ich ihn das nächste Mal sah.

Aber bis dahin erkundete ich die Gemächer. Nur, dass ich nichts fand. Nicht einmal Kleidung. Ich hatte absolut keine Ahnung, wie lange er mich hier gefangen halten würde. Vielleicht sollte ich wirklich einfach vom Balkon springen. Vielleicht war genau das auch seine Mission. Er wollte mich in den Wahnsinn treiben, indem er mich meinen Gedanken überlies.

Aber dafür war das Zimmer zu schön. Der Ausblick war traumhaft, das Bett weicher als das. in dem ich bisher geschlafen hatte und sowohl das Bad als auch das angrenzende Ankleidezimmer zu einladend. Es gab noch weitere Türen, aber egal was ich versucht hatte, sie blieben verschlossen.

Ich traute mich nicht, meine Schatten zu verwenden. Aus Vorsicht und Bedenken, dass er es merken würde. Ich musste meine Kräfte unbedingt vor ihm geheim halten. Noch mehr als vor den Rebellen. Es reichte schon, dass sie wussten, dass ich meinen Geruch unterdrücken konnte. Diese Fähigkeit war für sie wertvoll genug. Würden sie von meinen Schatten wissen, würde ich mit Sicherheit als Bedrohung eingestuft werden.

Nur die Adeligen hatten normalerweise starke Kräfte. Der Grund, warum ihre Familien adlig waren. Zufälliges Auftreten von Kräften wie bei mir und meinen Schwestern war selten. Nicht unmöglich, aber selten. Noch seltener, wenn es starke Kräfte waren.

Und noch viel seltener war es ähnliche Kräfte zu haben wie der König. So ähnlich, dass selbst meine Eltern mir eingepflanzt hatten sie wenig zu benutzen. Sie konnten es mir nicht verbieten. Wäre ich zu lang von ihnen abgegrenzt gewesen, hätte es mich in den Wahnsinn treiben können. Also hatten wir einen Kompromiss geschlossen.

Ich lernte mit ihnen umzugehen, aber zeigte neimandem das volle Ausmaß.

Meine Schwestern hatten ähnliche Kräfte wie ich. Nur eben so schwach ausgeprägt, dass sie damit wirklich nur ihren Geruch unterdrücken konnten. So schwach ausgeprägt, wie es für das normale Volk eben üblich war. Ich wusste nicht, ob sie auch irgendwann Schatten haben würden, so wie ich.

Und während ich heimlich mit meinen Schatten trainierte, zeigte ich den Rebellen nur einen Bruchteil davon. Ich perfektionierte es meine Schatten nur so einzusetzen, dass sie nicht auffielen, perfektionierte es meine Gefühle unter Kontrolle zu halten und keine Gefahr für die Rebellen zu sein.

Und jetzt. Jetzt war ich die Gefährtin des Königs. In größerer Gefahr konnte ich nicht sein.

Nach zwei Stunden hatte ich jeden Winkel inspiziert.

Nach drei weiteren war ich überzeugt, dass der König nicht mehr kommen würde. Der Mond stand bereits am Himmel und Dunkelheit hatte sich über das Schloss gelegt.

Ich beschloss ein Bad zu nehmen. Ich hatte noch immer meine Trainingskleidung an. Aber ich hatte auch nichts als Alternative. Ich wusste nicht, wie ich jemanden erreichen konnte. Ich hatte auch keine Kleidung in den Schränken gefunden.

Also wickelte ich mich danach einfach in eins der unendlich weichen Handtücher. Meine Kleidung wusch ich flüchtig in einer Schüssel und hing sie über den Raumteiler, nachdem ich mit dem Bad fertig war.

Ich hatte mich munter durch die vielen Tiegel mit Seifen und Ölen probiert. Auch wenn es duftende Seifen nicht bei den Rebellen gab, hatte ich eine Schwäche dafür. Vielleicht auch gerade deswegen. Bei wichtigen Aufträgen wie jetzt, gab es manchmal Rosenseife. Aber vor allem für die anderen, die ihren Geruch nicht wie ich verdecken konnten.

Und jetzt hatte ich genug, um zwei Wochen lang jeden Tage einen anderen Duft auszuprobieren.

Nachdem ich mich in ein Handtuch gehüllt hatte, war ich zurück in das Zimmer mit dem Bett gegangen. Ich schlüpfte unter die Decke. Die Matratze war weich. So weich. Im Gegensatz zu Adrianne und Xavian hasste ich die harten Matratzen die es bei den Rebellen gab. Ich gab mein Bestes, um meine Matratze in unserem Quartier mit Decken aufzupolstern, aber nichts davon würde jemals an die weiche Matratzen rankommen, in der ich gerade versank.

Verdammt. Adrianne und Xavian. Ich musste ihnen Bescheid geben, wie es mir ging. Mit Xavian hatte ich seit gestern Abend nicht mehr gesprochen. Er wusste nicht einmal, dass ich die Gefährtin des Königs war. Adrianne hatte versprochen ihm noch nichts zu sagen und ich hatte ihn nicht mehr gesehen. Das Gespräch mit den Rebellen schien schon jetzt unendlich weit entfernt.

Ich gab beiden über die Gedankenverbindung Bescheid. Demnächst würde ich mich mit Ihnen treffen. Sobald ich hier rauskam. Aber aktuell sah es so aus als würde mich der König hier drin verrotten lassen.

Vielleicht war ich jetzt seine Gefangene. Ziemlich sicher sogar. Vielleicht hatte ich es zu sehr auf die Spitze getrieben. Ihn zu sehr gereizt. Vielleicht hatte ich damit die ganze Mission ihrem Ende geweiht. Vielleicht wollte er mich auch gar nicht. Vielleicht suchte er nach einem Weg sich meiner zu entledigen.

Vielleicht hatte er sich aber auch eine andere Frau genommen. Wie vor einigen Tagen als ich ihn erwischt hatte. Wusste er, dass ich es war, die ihn beobachtet hatte? Vermutlich nicht. Ich hatte meinen Geruch unterdrückt. Aber das hatte ich auch auf dem Ball. Und da hatte er aus irgendeinem Grund die Verbindung gespürt. Früher noch als ich. Ich hatte sie nicht gespürt. Spürte sie immer noch nicht.

Ich spürte die Anziehung. Das Flimmern, das in der Luft lag, wenn ich in seiner Nähe war. Aber die Verbindung zwischen unseren Seelen... für mich war sie nur ein seichtes Flackern meines Unterbewusstseins. Ich wusste sie war da. Aber ich konnte sie nicht spüren. Konnte sie nicht zu ihm verfolgen. Trotz der Markierung.

Ich wusste, dass jede Seelenverbindung anders war. Dass nicht jeder die Verbindung spürte. Aber er war der König. Der verdammte Alpha. Und ich war seine Gefährtin. Ich müsste die Verbindung spüren, riechen und schmecken können. Sie müsste mich umwabern wie meine Schatten. Jeglichen Raum um mich durchziehen.

Aber sie tat es nicht.
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Puh, Ruelle macht sich gerade ganz schön viele Gedanken.

Hoffe ihr habt sie dadurch jetzt noch mal ein bisschen besser kennengelernt.

Was denkt ihr, warum sie die Verbindung kaum spürt?

Was sind eure Pläne fürs Wochenende?

~Elisa

Mated GamesWhere stories live. Discover now