Kapitel 2

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Die Vorführung

Unruhig strich sich Nakita eine Strähne aus dem Gesicht, bevor sie einen schwarzen Schleier um ihr Gesicht band, so dass nur ihre blauen Augen sichtbar waren. Anders als die sonstigen Artisten trug sie keine bunte Kleidung, sondern war komplett in schwarz gehüllt. Einerseits brachte dies besonders das Farbspiel ihrer Flammen in den Vordergrund und andererseits diente die Kleidung auch wunderbar zum Verstecken in der Nacht. Sie war wirklich überrascht wie geschickt Gopia sich verhielt. Er hatte nicht nur sie durchschaut, sondern sicherte gleichzeitig seine Show wie auch ihre Flucht ab. Alles war geplant. Sie würde über die Bühne nach hinten verschwinden, während Gopia als Direktor auf die Bühne gehen würde. Dann würde sie den Gängen durch das Kellergewölbe folgen und durch einen Dienstboteneingang in die Nacht verschwinden, bevor jemand nach ihr suchte. Sie hatte bereits einen Umhang in dem kaum benutzen Gang platziert und sich ein Pferd herausgesucht, das sie ‚leihen' könnte. Sie versuchte tief durchzuatmen, um mehr Ruhe in ihren Körper zu bringen. Je unruhiger sie war, desto mehr Energie müsste sie aufbringen, um die züngelnden Flammen unter Kontrolle zu bringen. „Gleich geht es los, macht euch bereit." Sagte Gopia ruhig und blickte auch zu den anderen Artisten. Er sah Nakita eindringlich an, ehe er ein strahlendes Lächeln aufsetzte und auf die Bühne ging, um die Show zu eröffnen. Eine Nummer nach der anderen fand erfolgreich statt und Nakita zählte die verbleibenden Nummern bis zu ihrem Auftritt. Unruhig wartete sie in dem Raum hinter der Bühne. Dann hörte sie wieder Gopia, der verkündete „Meine Damen, meine Herren, zum Abschluss präsentiere ich ihnen eine Weltneuheit! Ungesehen, einzigartig und mächtig..." er legte eine dramatische Pause ein, in der Nakita bereits die Stufen zur Bühne hochschritt. Dann nahm er kurz Blickkontakt mit ihr auf und vollendete „das blaue Feuer!" Ein erwartender Applaus trat auf, als die Lichter der Bühne dunkel wurde. Nakita stellte sich auf ihre Position. Ganz in schwarz war sie kaum zu sehen. Der Direktor verschwand von der Bühne, ihr Signal anzufangen. Ganz langsam steigerte sie die Spannung. Erst begann sie mit einer kleinen tanzenden Flamme zwischen ihren Handflächen. Sie konnte die Enttäuschung der Menge geradezu spüren, als diese nicht blau war. Nach und nach steigerte sie ihr Schauspiel. Bewegte sich mit der Flamme, formte kleine Pferde. Dann immer größer einen Phönix, der aussah als würde er durch den Palast fliegen. Gespannt folgte die Menge dem Spektakel. Manche flüsterten etwas vom ‚Feuervogel' und glaubten der sagenhaften Gestalt gegenüber zu stehen. Und als die Menge von diesem Spektakel eingehüllt war, setzte sie zum Ende des Spektakels an. Als der Vogel gerade hinabzustürzen schien, verschwand er vollständig. Kurz herrschte Unruhe, eine unkoordinierte Pause schien die Menge durcheinander zu bringen. Trotz ihrer Unruhe musste Nakita darüber schmunzeln. Dann ließ sie plötzlich ein blaues Feuer auf ihrer Hand erscheinen, ließ es größer werden, so dass auch der letzte noch seine Farbe erkennen konnte. Blaue Flammen züngelten um sie herum und sie bewegte sich auf der Bühne, ließ die Flammen tanzen und die Menschen raunen. Dann ließ sie einen blauen Phönix entstehen und einen roten. Beide Flammen flogen aufeinander zu und im letzten Moment kollidierten sie. In eben diesen Moment startete Gopia sein Feuerwerk, so dass es aussah, als hätte die Kollision einen Funkenschlag und bunte Lichter ausgelöst. Während die Menge begeistert klatschte und jubelte und kaum noch zu beruhigen war, verschwand Nakita eilig von der Bühne in die Dunkelheit. Gopia berührte sie kurz an der Schulter und eilte seinerseits auf die Bühne. Sie hatte nun nicht mehr viel Zeit, die Lichter im Saal wurden nach und nach wieder entzündet, durch die Infernis im Saal. Nakita eilte durch den alten dunklen Dienstbotengang und schnappte sich ihren Umhang vom Boden. Dann trat sie zur Tür hinaus und verschmolz mit der Dunkelheit der Nacht.

General Kirigan hatte dem Schauspiel gebannt gefolgt. Saß er zuvor noch gelangweilt neben dem König am Bankett so richtete er sich auf, als er die Ankündigung des „blauen Feuers" hörte. Er lehnte sich in dem Stuhl zurück und hörte wie die Königin begeistert „uh wie äußerst spannend!" murmelte. Er erwartete einen Trick, eine Flamme mit einer Chemikalie angereichert, so dass sie die Farbe wechselte, das hat er bereits einmal bei einem Feuerwerk eines Materialkis gesehen. Gespannt beobachtete er, wie es dunkel wurde und eine Person auf die Bühne trat. Einige überraschte Laute waren zu hören. „Seht nur, ganz in schwarz" murmelten einige ältere Herren und warfen ihm einen kurzen Blick zu, wie um eine Reaktion zu erhaschen. General Kirigan gab ihnen jedoch keine Reaktion, auch wenn er gespannt war zu sehen, was diese Person zustande brachte, die seine Farbe trug. Denn nur er trug schwarz, zumindest als Kefta. Er ließ sich nicht von dem kleinen Vorgeplänkel täuschen, was die anderen Zuschauer zu bedauern hatten. Er selbst erkannte die Feinheit und das hohe Maß an Kontrolle, mit dem die Flammen bewegt wurden. Das Feuer war ein ungebändigtes Element, es in solchem Maße zu kontrollieren erforderte viel Kraft und Übung. Dennoch war es nicht unmöglich. Gleichzeitig gingen ihm viele Grisha durch den Kopf und er fragte sich, welcher Inferni hinter dem Schauspiel stecken könnte. Er kannte alle Grisha, die je im kleinen Palast waren. Ihm fielen aber nur eine Hand voll ein, die je solche Kontrolle erlangt hatten. Es war auch wenig von Nützen im Krieg. Die meisten Inferni lernten das Feuer in maximaler Tödlichkeit und Kraft einzusetzen. Kontrolle war zwar wichtig, aber diese Art der Kontrolle, wie er sie dort auf der Bühne sah, war selten gelehrt im kleinen Palast. Er rieb sich über seinen dunklen Bart und sah wie gebannt zu der dunklen Gestalt. Als der Phönix in der Luft verschwand und Stille eintrat verspürte auch er kurz Enttäuschung, wurde ihnen doch blaues Feuer versprochen. Doch nur kurz darauf erstarrte er. Die Gestalt auf der Bühne öffnete ihre Hände und blaues Feuer kam zum Vorschein. Er hielt es für einen Trick und lehnte sich in seinem Stuhl nach vorne, um genau hinzusehen. Doch dann, als die Flamme allmählich größer wurde, erkannte jeder die Farbe. Und als dann plötzlich ein blauer Phönix aus den Flammen hervorging und über die Köpfe der Menge flog wurde ihm bewusst, dass dies kein Trick war. Es gab jemanden, der blaues Feuer erzeugen konnte! Eine Flamme ganz anderer Art, vielleicht eine andere Art Inferni und definitiv einzigartig. Kein einziger fiel ihm ein, der das vermochte. Gebannte verfolgte er, wie sich der blaue und der rote Vogel trafen. Erst dann kam das von ihm vermutete Feuerwerk. Die Menge jubelte und selbst die Königin stand zum Klatschen auf. Nur der General beobachtete angespannt, wie die Person von der Bühne huschte. Sie wartete nicht den Applaus, genoss nicht den Ruhm, sondern verschwand, als wolle sie nicht gesehen werden. Sofort sprang er von seinem Platz auf, er bahnte sich den Weg durch die jubelnden Leute und ignorierte das weitere Geschehen auf der Bühne, nur eines blieb ihm im Kopf. Er hatte Gewissheit, dass diese außergewöhnlich talentierte Grisha niemand war, den er kannte. Und das bedeutete, dass derjenige sich der Ausbildung im Palast und dem Kriegsdienst entzogen hatte. Er beschleunigte seine Schritte und öffnete die Tür schwungvoll, die hinter die Bühne führte. Er sah sich um und erkannte die Blicke einiger Artisten, die bei seinem Eintreten erschrocken aufblickten. „Wo ist der Artist eurer letzten Nummer?" Fragte er barsch und blickte in die Runde. Unsicher sahen sich die Artisten an. Nur ein junger Artist brachte stotternd hervor „Nakita?" Ungeduldig nickte der General. „Sie ist da entlang." Sagte der Artist und wies auf die Tür zu einem Dienstbotengang. Schnell ging Kirigan in den Gang und ignorierte die verängstigten Blicke der anderen. Im Staub am Boden erkannte er, dass tatsächlich kürzlich erst jemand hier entlang gegangen sein musste. Er öffnete die Tür in den Vorderhof und blickte in die Dunkelheit. Leise schloss er die Tür und blieb stehen. Er lauschte in die Nacht hinein und hörte leise entfernte Schritte, die allerdings sehr schnell und hektisch gingen. Er versuchte die Richtung zu deuten und ging in Richtung der Stallungen. Wenn jemand eilig zu entkommen versuchte, dann tat er dies zu Pferd. Mit großen Schritten ging er weiter und beschleunigte seine Schritte, als auch die Schritte der anderen Person schneller wurden. Im Schein der Fackeln des Stalls erkannte er plötzlich die Umrisse einer Gestalt, ganz in schwarz gehüllt war sie kaum zu erkennen. Hektisch drehte sie sich um und blieb stehen. Sie schien seine Schritte gehört zu haben und lauschte. Schnell hüllte er sich in seine Schatten und trat nah an sie heran. Als sie sich zum Stall umdrehte und weitergehen wollte lichtete er seine Schatten, so dass sie abrupt zum Stehen kam. Nur ihre blauen Augen leuchteten aus dem schwarzen Schleier hervor und sahen ihn angsterfüllt an. „Wer seid ihr?" Fragte er bestimmt und versuchte seinen Zorn in Zaum zu halten. Sie antwortete nicht, sondern wich einen Schritt zurück. Sie wollte fliehen, erkannte er und griff nach ihrem Handgelenk. Er hielt sie fest und trat einen Schritt auf sie zu. Sie war mehr als einen Kopf kleiner als er, so dass er von oben auf sie hinabblickte. Sie war wie erstarrt und reagierte nicht. Kirigan riss der Geduldsfaden und zog ihr Tuch weg von ihrem Gesicht. Nakita tat nichts, zu sehr fürchtete sie den Mann, der nun vor ihr stand. Kirigan musterte ihr Gesicht, versuchte sich ihre Gesichtszüge einzuprägen. „Ich kenne dich nicht." Sagte er erneut, mehr zu sich selbst. Sie senkte schnell ihren Blick. Der General zwang sie jedoch mit einer Hand an ihre Kinn wieder zu ihm zu sehen. „Sieh mich an. Ich frage noch einmal. Wer bist du?"

Das Spiel mit dem Feuer - General Kirigan fanfictionWhere stories live. Discover now