30. Kapitel

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Ich hatte vor drei Monaten erfahren, dass meine Familie ums Leben gekommen war. Seitdem hatte ich eigentlich gar nicht mehr geredet, und kaum gegessen, was sich an meinem Gewicht deutlich bemerkbar machte.

Bewegen tat ich mich auch nur für das Nötigste. Hauptsächlich saß ich auf dem Bett und starrte ins Nichts. Was ich auch des Öfteren tat war weinen. Meistens mehrere Stunden am Stück.

Fünf versuchte mich ungemein oft anzusprechen, jedoch ignorierte ich ihn immer, aber nicht aus Provokation. Es war nur so, als wäre es mir zur Zeit einfach nicht vergönnt glücklich zu sein.

Ich hatte gerade meine jetzige Lage akzeptiert. Ich hatte begonnen Fünf und mich als „Paar" zu akzeptieren, und ihn auch zu mögen - wenn nicht sogar zu lieben - , allerdings hatte mir der Autounfall mit meiner Familie einen gehörigen Strich durch die Rechnung gemacht.

Gerade saß ich, mal wieder, auf dem Bett, die Fernbedienung schlaff in der Hand. Mein Blick war auf den Bildschirm gerichtet, allerdings realisierte ich überhaupt nicht was auf diesem passierte, oder was ich generell sah.

„Cimi?", ich hörte Fünfs Stimme, ging allerdings nicht auf diese ein. Ich reagierte kein bisschen! Dafür blickte ich noch immer schweigend auf den Fernseher.

„Cimi?", Fünf sprach erneut, was mich ebenso erneut still bleiben ließ, „Hör zu, ich weiß, dass das alles hart für dich sein muss, jedoch wirst du jetzt quasi damit leben müssen. Deine Eltern und Lucie sind tot, und niemand könnte leugnen, dass dir das nicht egal sei, aber deine Psyche leidet viel zu sehr unter dem, was du hier gerade machst. Geh in den Garten, ich bitte dich! Auch wenn du nur da ins Nirvana schaust, geh an die frische Luft!"

Schweigend starrte ich weiterhin auf den Bildschirm, als Fünf mich in seine Arme hob, und weg ging. Ich hing nur schlaff in seinen Armen, von jeglichen Gefühlen komplett verlassen.

Nachdem mich mein Entführer durch zahlreiche Gänge getragen hatte, und nun auf einer Garten-Terrasse ankamen, setzte er mich vorsichtig auf einer Bank ab. Eigentlich war der Garten bildhübsch - und zudem ungemein groß - . Überall waren bunte Blumen oder hohe Bäume, mit vollen Kronen, sowie war das Grass tiefgrün und ein zierlicher See wurde in einer Ecke angelegt, jedoch konnte ich diesen Ausblick nicht genießen, denn alles in mir schien abgestorben.

„Cimi?", Fünf setzte sich neben mich, und zog mich an sich. Und dadurch überkamen mich alle meine Gefühle, welche ich für heute zwanghaft unterdrückt hatte. Schluchzend vergrub ich mein Gesicht in Fünfs Hemd, welches nass durch meine Tränen wurde.

„Hey, hey", Fünf legte seine Arme beschützend um mich, „Es wird alles gut! Ich bin bei dir, also kann dir gar nichts passieren, Cimi!"

„Sie sind alle tot!", heulte ich verzweifelt, „Meine ganze Familie ist ums Leben gekommen, und ich konnte noch nichtmal sagen, dass ich sie liebe, bevor sie starben!"

Fünf schwieg einfach nur noch, und zog mich fester an sich, während er mir sanft über meinen Rücken strich.

„Hey, Cimi?"

Mit verheulten Augen sah ich zu ihm auf, innerlich dabei, zerstört zu werden.

„Willst du vielleicht mit mir raus gehen? Also, in die ShoppingMall oder so?"

Weinend nickte ich, begann mich aber unfassbar zu freuen. Oh Gott, ich konnte raus, aus diesem Haus. Endlich!

„Wann willst du los?", fragte Fünf weiter, wobei er nicht aufhörte, mir über den Rücken zu streicheln.

„In einer halben Stunde", hauchte ich mit kratziger Stimme. Ich hatte seit drei Monaten kein einziges Mal gesprochen, ohne dabei zu heulen, und dementsprechend hörte sich meine Stimme auch an.

„Okay!", lächelte Fünf verschmilzt und zog mich beschützend in seine Arme.

Eigentlich wollte ich bald die Story beenden, glaube aber, dass es dann zu gedrängt wirkt, weswegen sie wahrscheinlich doch noch ein paar Kapitel mehr abbekommt...

Entführt von einem Hargreeves || Teil 2Where stories live. Discover now