Katzen

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Poggenpohl war Großwildjäger. Man konnte ihm so leicht nichts vormachen.

„Die Augen sind falsch", erklärte er, „nicht so grün und außerdem mehr schlitzäugig."

Oskar achtete nicht auf seine Worte. Er hielt sich an seiner Schirmmütze fest, drehte sie in seinen Händen und wunderte sich immer wieder erneut über das makellose Blinken seiner Jackenknöpfe. Ein Lichtstrahl fiel durch das Fenster, ließ sie golden schimmern. Oskar dachte daran, dass er die goldene Farbe seiner Jackenknöpfe oft mit den grünen Augen der Katze in Zusammenhang gebracht hatte. Gold und Grün, wie schön es aussieht dachte er. Warum dürfen wohl Katzen nicht golden sein, mit zwei grünen Augen in einem glühenden Gesicht? Golden, nicht gelb. Gelb sind Löwen auch und es sieht farblos aus.

Die Katze starrte ihn weiter unbeeindruckt an und Oskar gab es auf, Grün und Gold in sie hineinzufärben.

„Solche Augen, wie auf diesem Bild, konnte ich noch bei keinem Löwen sehen", erklärte Poggenpohl weiter.

Ob wohl Poggenpohl jemals mehr als das Weiße in den Augen der Löwen gesehen hatte? Das verborgene Geheimnis, das in jedem Katzenauge lauert, die Abgeklärtheit, welche in ihren Blicken mitschwingt. Katzen bergen eine uralte Weisheit, dachte Oskar, sie wissen mehr als Menschen und schon die alten Ägypter haben es gewusst. Ihre Augen dringen bis in die letzte Kammer der Seele, durchleuchten mich bis auf den Grund, um mich dann lächelnd anzusehen. Ihre ruhige Art, das ist Wissen, vielleicht sogar mehr als das. Die Schirmmütze drehte sich weiter in seinen Händen und Oskar merkte, dass er nun das Standbein gewechselt hatte. Die Grenzenlosigkeit des Universums und die Katzen, dachte er,.

„In Katzenaugen wird viel zu viel hineininterpretiert", sagte Poggenpohl gerade, „man sollte aus diesen Augen, obwohl sie grün sind, keine Wissenschaft machen. Glauben Sie mir, ich habe schon vielen Löwen Auge in Auge gegenüber gestanden und noch niemals habe ich mehr in ihren Augen als das Weiße gesehen."

Poggenpohl war immerhin Stadtrat und musste es wissen. Die umstehenden Leute lachten. Das Gelächter weckte Oskar aus seinen Gedanken und er blinzelte verwirrt in die Runde. Doch die Katze sah weiter unbeeindruckt in die Runde und Oskar beruhigte sich sofort. Ein Sonnenstrahl spielte mit seinem Gemüt. Der Museumswärter musste lächeln. Jetzt fand er sogar Poggenpohl sympathisch.

Ob Poggenpohl bei sich zu Hause Katzen hielt? Wahrscheinlich nicht, sie würden sich bei ihm auch kaum wohlfühlen. Sie hätten ihn bald durchschaut und würden sich langweilen. Katzen sind zu klug für Leute wie Poggenpohl, auch wenn sie Stadträte sind. Vielleicht sollte man lieber Katzen zu Stadträten machen, sie würden wenigstens mein Gehalt erhöhen. Oskar musste lächeln, wenn er sich vorstellte, was Poggenpohl dazu sagen würde, wenn eine Katze seinen Platz einnähme. Er würde an die Decke springen, dachte er vergnügt. Er blickte hinüber zu der Katze und es schien ihm, als lächelte sie zurück.

„Nicht wahr, Sie verstehen sie?" flüsterte ihm die Frau im Pelz zu. Oskar stellte überrascht fest, dass sie grüne Augen hatte, grüne Katzenaugen mit jenem geheimnisvollen Schimmer, der bis in die Seele dringt, die Kammern des Herzens durchleuchtet.

„Ein Katzenpelz", sagte Oskar erschreckt.

Jetzt lächelte auch die Frau und es war das Lächeln der Katze auf dem Bild.

„Ja, es ist ein Katzenpelz", antwortete sie, „und warum auch nicht? Er ist billiger als vergleichbare Pelze, wie sie vielleicht wissen, wesentlich billiger. Oder steht er mir nicht?"

„Doch", stammelte Oskar, „doch, doch! Gewiss, er steht Ihnen ausgezeichnet, eigentlich hinreißend... ich..."

Der Museumswärter begann in seiner Uniform zu schwitzen und drehte verwirrt den Kopf hin und her. Es ist eine Malerei, dachte er, das Bild hängt schon seit zwanzig Jahren an seinem Platz und noch nie hat die Katze im Arm des Fürsten sich irgendwie bewegt. Ich bin jeden Tag in diesem Raum, ich müsste es doch wissen.

Tyggenburg - Geschichten aus AnderswoWhere stories live. Discover now