Kapitel 156: Tanzstunde

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• Yara •

Von einem leichten kratzenden Gefühl am Hals werde ich allmählich geweckt. Meine Orientierung braucht einen Moment, bis ich verstehe, dass Vittorius bei mir ist.

Sanft knabbert er an meinem Hals entlang, natürlich ohne seine Fangzähne darin zu vergraben. Voller Unschuld blickt er mir tief in die Augen. Verschlafen schaue ich zu ihm rauf.

„Oh habe ich dich etwa geweckt? Wie ungeschickt von mir", sagt er belustigt.

Von wegen! Das war Absicht!

„Ja welch Unglück, kann ja mal passieren. Bestimmt bist du beim Buch lesen gestolpert und bis zu meinem Hals gefallen", kontere ich amüsiert.

Einen Moment lang starrt er mich ungläubig an, dann kommen meine Worte langsam in seinem Gehirn an. Dann stößt er ein herzhaftes Lachen aus.

Ich liebe seine tiefe männliche Stimme. Seine langen pechschwarzen Haare liegen ausnahmsweise nicht in einem Zopf, sie fallen ihm wahllos über seine Schultern. Was ihn gleich viel männlicher aussehen lässt. Nicht dass er vorher wie ein Milchbub ausgesehen hätte.

Neugierig nehme ich eine seiner Haarsträhnen zwischen die Finger und inspiziere sein Haar. Es fühlt sich weich und robust zugleich an.

Schmunzelnd beobachtet er mich dabei.

Nach einigen Momenten des Wachwerdens zieht Vittorius mich in seine Arme und führt meinen Kopf wieder zu seinem Hals. Wieder sitzen wir Aufrecht und ich versinke praktisch mit meinem Körper in seinen Armen.

„Trink", befiehlt er sanft, aber auch fordernd.

Zweimal sagen lasse ich mir das aber auch nicht. Genussvoll beiße ich wieder in seine Halsschlagader und trinke. So zu trinken fühlt sich viel intensiver an, als nur aus dem Handgelenk zu trinken.

Vorsichtig löse ich meine Reißzähne und überlasse seiner übernatürlichen Wundheilung den Rest.

„Ein paar Minuten hast du noch, bis Jaron ungeduldig wird", verkündet Vittorius und schaut mir grinsend ins Gesicht. Erst jetzt bemerke ich, dass die Sonne bereits seit guten zwei Stunden am Himmel steht.

Trotzdem lasse ich mich nicht stressen, gemütlich stehe ich auf und will gerade den Knauf des Schrankes ergreifen, da hält Vittorius meine Hand auf. Selbstgefällig schiebt er mich ein Stück zur Seite und öffnet den Schrank selbst.

„Hier", sagt er und hält mir ein neutrales schwarzes Kleid hin.

„Ich ziehe keine Kleider an", antworte ich aus Gewohnheit.

„Doch, das wirst du. Besser du übst die Tanzschritte bereits im Kleid, Jaron wird stinksauer, wenn du auf seiner Feier im sportlich-legeren Trainingsoutfit den Tanz mit ihm eröffnen willst", entgegnet er bestimmt. Dann kramt er etwas stabilere Strümpfe in Anthrazit hervor.

Wenig später zieht Vittorius mir mit leuchtenden Augen das Kleid über und streift die Strümpfe über meine Beine. Im großen Spiegel betrachte ich mich. Sofort tritt Vittorius hinter mich und schmiegt sich an mich.

„Ich finde, Kleider stehen dir", flüstert er zufrieden in mein Ohr. Zugegeben, dieses Kleid sieht schon ziemlich gut aus und trifft perfekt meine Figur. Die anthrazitfarbenen Strümpfe bilden einen leichten Kontrast zum Kleid.

Ohne ein Wort ergreift Vittorius meinen Arm und zieht mich ins Bad. Sanft stellt er mich vor dem Spiegel ab.

Bei seinem Lächeln im Gesicht kann ich mir gut vorstellen, was er jetzt vor hat.

• Vittorius •

In diesem schlichten schwarzen Kleid sieht sie bereits wie eine wahre Königin aus. Wie meine Königin.

Vampirkind YaraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt