Kapitel 117: Nichts ist wie vorher, oder?

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• Yara •

In aller Ruhe höre ich in mich hinein und nehme deutlich das Band zwischen dieser Welt und der Schattenebene wahr.

Vorsichtig beginne ich mit dem Kanalisieren der Dunkelmagie. Wie von selbst fließt sie über die Schattenebene in meinen Körper. Nur dieses Mal breitet sich die Dunkelmagie nicht über ein dunkles Mal auf meinem Rücken aus. Der Startpunkt ist direkt in meinem Herzen, von dort bahnt sich die Dunkelmagie ihren Weg.

Es fühlt sich wie gewohnt, aber auch fremd zugleich an. Das Gefühl die Dunkelmagie zu kanalisieren ist exakt dasselbe, nur dass dieses Mal weniger Dunkelmagie hindurch fließt. Da merke ich deutlich, dass die Verstärkung des Schattendämons fehlt. Schlecht finde ich das aber nicht.

Die Wege der Dunkelmagie Adern in meinem Körper sind allerdings anders. Sie überlagern dieses mal nicht die magischen Wege meiner Elementmagie.

Ich kann nicht sagen warum, aber es fühlt sich so an, als wäre das von der Natur hier ursprünglich nicht gewollt.

Es dauert eine Weile, bis sich die neuen Dunkelmagie Adern ihren Weg gebahnt haben. Geduldig sieht Sorin mir dabei zu.

Ich bin so konzentriert, dass ich die Kampfgeräusche meiner Vampirbrüder nur wie in weiter Ferne höre. Vermutlich fällt mir auch deswegen erst sehr spät auf, dass die Geräusche schon lange verstummt sind.

Endlich bin ich fertig mit dem Kanalisieren. Seelenruhig öffne ich meine Augen und nehme die vertraute erweiterte Wahrnehmung in mich auf. Nur dass ich dieses Mal zusätzlich die Elemente wahrnehme.

Mit so vielen Reizen auf einmal muss ich allerdings erstmal klarkommen. Auch ohne in den Spiegel zu schauen, weiß ich, dass ich wie die Gothic Queen des Jahres aussehen muss. Mitsamt schwarzen Augen mit tiefroter Iris. Zugegeben, ich finde es schon ziemlich cool.

Sorin starrt mich erstaunt an und auch meine anderen Vampirbrüder halten in ihrem Training inne und schauen verstohlen zu uns rüber.

„Das ist nicht normal", bestätigt Sorin meine Vermutung.

„Ich bin in voller Dunkelmagie Form, auch wenn sie diesmal anders ist. Die Elemente nehme ich trotzdem voll wahr, im Gegensatz zu vorher. Es überlagert sich alles", berichte ich knapp.

Meine Konzentration liegt gerade darauf, nicht die Orientierung zu verlieren bei den ganzen Sinneseindrücken.

„Greif mich an", höre ich plötzlich Vittorius Stimme hinter mir. Mit neutraler Mine mustert er mich von oben bis unten. Meine Vampirbrüder haben bereits das Feld geräumt.

Oh, das kann er haben! Ich habe das Gefühl diese ganze angestaute Magie entladen zu müssen, der König wird das schon wegstecken können.

Mein ganzer Körper fühlt sich an, wie ein einziger heftiger Adrenalinrausch. Ich benutze die Luftmagie, um schnell auf Vittorius loszustürmen. Erstaunt weicht er aus, mit so einer Geschwindigkeit hat er wohl nicht gerechnet. Auf dem Absatz mach ich sofort kehrt und verstärke meine Schlagabfolgen und Techniken mit der Dunkelmagie.

Irgendwann komme ich dann auf die Idee, meine Elementmagie mit der Dunkelmagie zu verstärken.

Ich forme eine ziemlich starke Windböe für meine Verhältnisse und Vittorius muss sich schon ein wenig dagegen stemmen, um nicht davon erfasst zu werden.

Mit einer geschickten Handbewegung streift er seinen Umhang und Mantel vom Körper und wirft seine Sachen zu Sorin. Seine massiven Muskelstränge zeichnen sich deutlich am langärmligen engen Oberteil ab. Das sieht wirklich ziemlich eindrucksvoll aus.

Mit einem leichten Lächeln provoziert er einen weiteren Angriff meinerseits. Im Vergleich zum ersten kleinen spaßigen Kampf vor einigen Wochen ist seine Körperhaltung nun anders. Er weicht nach wie vor noch elegant meinen Angriffen aus, jedoch ist er viel mehr auf der Hut und hat eine verteidigende Körperhaltung. Ich verbuche es jedenfalls als persönlichen Erfolg wenn sich der König nun auch mal ein ganz kleines bisschen anstrengend muss.

Vittorius nutzt viel Luftmagie, um schnell ausweichen und die Situation überblicken zu können. Überwiegend benutze ich auch Luftmagie für meine Angriffe.

Da kommt mir doch direkt ein kleiner Plan in den Sinn, vielleicht kann ich ihn damit sogar überraschen!

Ich starte einige Luftmagie Angriffe, das Ganze artet in einem kleinen Fernkampf aus. Windböe um Windböe trifft auf ihn, die er alle gekonnt abwehrt.

Wirklich schnell ändere ich meine Haltung für meinen Plan. Leider bemerkt Vittorius das natürlich sofort, trotzdem wird ihn dies sicherlich überraschen. Im Laufe des Kampfes konzentriere ich mich stets auf einen kleinen Teil der Erdmagie.

Ich nehme genau wahr, wo und wie ich die Struktur des Bodens brechen muss, um kleine Steine daraus zu lösen. Stück für Stück komme ich dem König im Kampf wieder näher und kombiniere schließlich einige Nahkampf Schläge, denen er nach wie vor konzentriert ausweicht.

Meine Wahrnehmung verstärkt sich nun auf die Erdmagie, in seinem Blick sehe ich schon, dass er gespannt ist was jetzt folgt.

So viel zu heimlich und überraschend. Egal. Wird schon.

Mein nächster Schlag ist ein Faustrücken Schlag in Richtung seines Gesichts, den leitet er wie angenommen an seinem Gesicht vorbei und er geht somit ins Leere. Genau das gehört zu meinem Plan!

Mit einer schwungvollen Handbewegung setze ich zum Konter an. Etwas ungewohnt aber für diesen Zweck vollkommen ausreichend löse ich aus dem Boden eine faustgroße Steinkugel und lasse sie auf seine Brust zu schnellen.

Ha! Hab ich ihn! Ich sehe es ganz genau in seinem Blick! Er hat damit doch nicht gerechnet!

Mit verblüffter Mine übernimmt er augenblicklich die Kontrolle des Steins und fängt ihn somit ab. In hohem Bogen fliegt er durch die Luft und kommt schlitternd zum liegen. Einen Moment lang starrt er mich an, dann fängt er an zu Lachen.

„Du hältst dich zurück", bemerkt er amüsiert.

„Wie kommt Ihr darauf?", frage ich lächelnd.

„Auf meinen Kopf zu zielen wäre effektiver", belehrt er mich.

„Das habe ich mich nicht getraut. Aber wenn Ihr gerne Steine im Kopf haben wollt, sagt Bescheid", entgegne ich mit einem Grinsen. Das provoziert ihn nun ganz schön, aber genau das ist auch mein Ziel.

Selbstsicher verschränkt er seine Arme vor der Brust und muss wieder lachen.

„Vertrau mir, du wirst mich nicht treffen", entgegnet er mindestens genau so provokativ.

Anstatt darauf zu antworten, trete ich ein paar Schritte zurück und löse ein paar Steine aus dem Boden. Starr schweben sie nun in der Luft direkt vor meinen Augen. Mit einem Lächeln gehe ich in Angriffsposition.

Zeit meine neuen Erdmagie Fähigkeiten auszuprobieren. Meine Dunkelmagie ist nahezu aufgebraucht, neu kanalisieren werde ich sie aber vorerst nicht. Die Dunkelmagie Bahnen strahlen jetzt schon ein leicht brennendes Gefühl aus.

„Worauf wartest du?", fragt Vittorius schelmisch.

Kurz erwidere ich seine Frage mit einem Lächeln.

Dann schmeiße ich wortwörtlich Steine auf ihn.

Vampirkind YaraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt