42 Ein einziger Tanz

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Trommelspiel ertönte über den ausgedehnten Versammlungsplatz, während Geigensaiten in einem fröhlichen Lied von Musikanten in Kampfausrüstung gezupft wurden und sich viele Duzend Leute in großen Sitzgruppen zum Abendessen versammelten. 
Das große Lagerfeuer, das zuvor nur ein schwarzer Berg aus verkohltem Holz gewesen ist, loderte nun lichterloh und warf seine züngelnden Flammen meterhoch. Der Geruch des Feuers vermengte sich schnell mit dem der verschiedenen Gerichte, die von mehreren Köchen auf großen Speiseplatten herbeigetragen und zu einem Buffet auf breiten Tischen arrangiert wurden.
Es war irgendwie ... Reizüberflutend. Plaudernde Stimmen, klirrendes Geschirr, das Feuer, die Umgebung. Alles war mir fremd und ließ mich die Entscheidung hier hinunter zu kommen bereits bereuen. Ich hatte mich lange mit meinem Vater unterhalten können und habe es sehr genossen Zeit mit ihm zu verbringen. Aber irgendwann hatte er den Lärm unter uns auf dem Platz gehört und mir geraten, dass ich mich den Leuten hier anschließen und etwas essen sollte. Zuerst hatte ich das strikt abgelehnt und war seiner Frage nach dem Grund geschickt mit Ausflüchten ausgewichen. Ich würde ihn nicht schon wieder alleine lassen wollen und, dass ich ohnehin keinen besonders großen Hunger hätte, habe ich ihm gesagt. Jedoch wollte er auf keine meiner Ausreden hören und bat mich einfach auf ihn zu hören, etwas zu essen und ihm gegebenenfalls anschließend ebenfalls etwas davon mitzubringen. 
Er war schrecklich dünn geworden in den letzten Wochen und das war auch der Grund dafür gewesen, dass ich ihm nachgegeben hatte und nun ratlos auf diesem verfluchten Platz herumstand und nicht wusste was ich nun am besten tun sollte. 
Alle Anwesenden versammelten sich zielstrebig in kleinen und großen Sitzkreisen auf dem Boden und fügten sich problemlos in die Gespräche ein. Es war als wären sie alle Puzzleteile in einem größeren Bild und ich gehörte offensichtlich nicht dazu. Ich wollte auch gar nicht dazu gehören, aber dermaßen herausstechen wollte ich auch nicht. Immer häufiger spürte ich die teils skeptischen Blicke, die sich nur schwer als neugierig beschrieben ließen. 
Noch immer trug ich mein Kleid, das ich in Ultazen angezogen hatte und stach durch den hellen Farbton an einem dermaßen herbstlichen Ort nur noch mehr hervor. 
Götter, ich war ein verfluchtes, wandelndes Ausrufezeichen!
Frustriert verzog ich eine Miene und wanderte weiter ziellos über den Platz. Das Buffet war anscheinend noch nicht freigegeben worden, denn kein anderer machte sich daran zu schaffen. Also konnte ich auch nicht einfach ein paar Teller beladen und schleunigst wieder von hier verschwinden. 
Ich wollte gerade entnervt aufseufzen, als mir aus dem Augenwinkel eine vertraute Gestalt auffiel. Noch immer in seiner elendig engen Ausrüstung und dem schwarzen Langbogen auf dem Rücken kam er mir mit einem breiten Grinsen im Gesicht entgegen. Seine Augen waren in dem dämmrigen Abendlicht beinahe schwarz und ließen seine Mimik weniger freundlich, und viel eher unheimlich aussehen. Die Leute, die ihn im Vorbeigehen grüßten, ignorierte er schlicht und baute sich schneller vor mir auf, als ich es hätte verhindern können. Ein weiteres Mal verfluchte ich die Entscheidung zum Abendessen gekommen zu sein, doch entschied mich dafür meine Reue hinter einem schmalen Lächeln zu verbergen. "Guten Abend, Ciaran", sagte ich und verschränkte meine nervösen Finger hinter meinem Rücken miteinander. 

"Guten Abend", erwiderte er und musterte flüchtig unser Umfeld. "Dein Papa ist nicht hier, wie ich sehe."

Der macht doch wohl Scherze, natürlich war mein Vater nicht mit einer schweren Lungenentzündung dieses dämliche Baumhaus heruntergekraxelt. Aber anstatt ihm das so zu sagen, lächelte ich ein wenig breiter und strich mir beiläufig mein Haar über die Schulter. "Richtig, es geht ihm dafür nicht gut genug. Deswegen schläft er noch ein wenig und ich bringe ihm nachher etwas essbares mit." Dass ich meinen Vater vorzugsweise schnell von hier fortbringen wollte, verschwieg ich diesem undurchschaubaren Mann und wollte stattdessen weitergehen. Wohin genau wusste ich zwar auch nicht, aber die Hauptsache war, dass ich mich nicht länger so unglaublich unwohl fühlte und von ihm weg kam. Schon als ich ihm vor Ultazen begegnet war, war er mir seltsam vorgekommen, was nicht zwingend mit seinem vernarbten Mundwinkeln oder seinen ungewöhnlich dunklen Augen zu tun haben musste. Irgendetwas an ihm, das ich noch nicht bestimmen konnte, versetzte mich schlichtweg in Alarmbereitschaft.

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