30 Freundinnen

787 53 2
                                    

Hart prasselte der stürmische Regen gegen die geschlossene Fensterfront und dominierte jedes andere Geräusch in dem geräumigen, dämmrig beleuchteten Wohnzimmer. Nur die Flammen im kleinen Kamin knisterten und fraßen sich langsam, aber stetig durch die dicken Holzblöcke, welche unter ihrem Einfluss ab und zu laut knackten. 
Ich hatte es mir gemütlich gemacht. Hatte mich auf das kleine Sofa neben dem Kamin gesetzt, die Beine auf das weiche Polster gezogen, mich mit einer Wolldecke und einer heißen Tasse Kräutertee ausgestattet und eines der Bücher aufgeschlagen, die ich aus der Bibliothek geliehen hatte. Der herbe Geruch des brennenden Holzes hatte sich schon längt mit dem würzigen Duft meines Tees vermischt, was dafür gesorgt hatte, dass ich tiefer in die Polster gesunken war und die ruhige Atmosphäre im Schutz der Wohnung in mich aufsog. 
Selbst die Tatsache, dass Liara noch immer nicht wieder in die Wohnung gekommen war und mit aller Wahrscheinlichkeit sogar mit Cyrus zusammen irgendwohin verschwunden war, war für mich in den Hintergrund gerutscht. 
Ein weiterer Schluck des Tees floss meine Kehle hinunter, meine Augen lagen gebannt auf den Seiten des Buches.

>Und somit ist es nicht weiter überraschend, dass die leiblichen Kinder von Königin Sarylad und König Tyvallahn ebenfalls eine außergewöhnliche Magieaffinität besitzen. Der nun folgende Abschnitt soll dementsprechend besagte Affinität zur Magie des zweiten Erben, Prinz Trahvor de Dragorea erschließen.<

Gebeugt über die beschriebene Seite lächelte ich zaghaft und streckte mich zu dem kleinen Beistelltisch hinüber, um dort meine cremefarbene Tasse abzustellen. "Prinz Trahvor de Dragorea...", murmelte ich noch immer von dem Klang dieses Titels und den Namen von Trahvor irritiert. Das Bild des hochgewachsenen Mannes mit diesen blinden und dennoch wachsamen Augen kam mir in Gedächtnis. Inzwischen sah er viel mehr wie ein König aus als Hayen, auch wenn ich das vermutlich nicht laut aussprechen durfte. Außerdem hatte er den Namen seiner Familie abgelegt und ... Ich runzelte die Stirn und überflog flüchtig die folgenden Zeilen, auf der Suche nach einer Erklärung weshalb sich Hayens Onkel von dem Namen Dragorea getrennt hatte. 
Bevor mir das jedoch gelingen konnte schreckte ich zusammen, ausgelöst durch das plötzliche laute Poltern vor der Wohnungstür. Es waren Schritte, schwere und energische Schritte, und undeutliches Gemurmel. Beides passte absolut gar nicht in die beinahe stille Ruhe in der ich mich zuvor befunden habe. Ich musste mich regelrecht zwingen das Buch in meinem Schoß zu schließen und mich aufzusetzen. Es gelang mir gerade noch rechtzeitig, um die Wohnungstür aufschwingen zu sehen und Neylas Blick im Türrahmen zu begegnen. 
"So ein beschissenes Dreckswetter", fluchte sie und warf die Tür hinter sich wieder ins Schloss. Es hörte sich an wie ein Donnerschlag, der nur allzu gut zu dem Wetter dort draußen gepasst hätte. Sie war tatsächlich pitschnass, ihr langes schwarzes Haar tropfte auf den Holzboden und ihre sichtlich schweren Stiefel machten mit jedem Schritt Geräusche, die auf die Wassermassen in ihnen hinwiesen. "Du glaubst nicht wie es da draußen stürmt! Scheiß Himmelsspiegel, von wegen es sei eine großartige Magie." Hohn und Spott quollen mit jeder Silbe ihrer Worte aus und es war ihr sehr gut anzusehen wie unzufrieden sie war.

"Hattest du einen schönen Arbeitstag?" scherzte ich mit einem lieblichen Schmunzeln auf den Lippen, was mir augenblicklich ein wütendes Funkeln hellgrüner Augen bescherte. Kein Wunder, denn das viele Wasser an ihrem Körper war bei näherer Betrachtung ihr geringstes Problem. "Was ist passiert?" fragte ich und stand nun auf, um ihr zumindest dabei zu helfen einen Teil ihrer engen Lederausrüstung zu lösen. Der Stoff und die zusätzlichen Ausrüstungsgurte und Riemen klebten an ihrem Körper wie eine zweite Haut.

Neyla schnaubte bloß verächtlich, drehte mir aber den Rücken zu, damit ich ihr mit den kleinen Riemen und Gurten auf ihrem Rücken helfen konnte. Zumindest kannte ich diese schon, denn immerhin hatte ich Hayen oberhalb in der Bergfestung ebenfalls mit solchen Aufgaben helfen können. "Kate ist nicht in der Stadt", setzte sie an und wrang ihren langen Pferdeschwanz mit geballten Fäusten einfach über dem Boden aus. "Da hat eine andere Drachenfrau aus der ersten Kampfeinheit das Training von uns erbärmlichen Mischlingsrekruten-Truppen ..." ich unterbrach sie mit einem skeptischen Blick über ihre Schulter, machte mich dann aber schnell an den letzten Gurt, der direkt über ihrem Kreuz lag und ursprünglich für ein Langschwert gedacht war. "Hey, das waren ihre Worte und nicht meine. Jedenfalls hat sie unser Training übernommen und hat sich statt der absolut ausreichenden Trainingshalle im Süden der Stadt für eine der offenen Trainingsanlagen entschieden. Und das ist daraus geworden." Kaum war der Gurt aufgeschnappt drehte sie sich auf der Hacke um und präsentierte ihren schlanken Körper mit ausgestreckten Armen. Sie war über und über mit Schlamm und Grashalmen bedeckt, und an ihrem Kinn machte sich durch eine Rötung bereits ein übler blauer Fleck bemerkbar. Der Schlag der dafür verantwortlich war hatte sicherlich höllisch wehgetan. Dass sie also erst jetzt nach dem kompletten Training Feierabend gemacht hatte hieß also, dass ihre Trainerin entweder ein gemeines Biest war oder dass Neyla sich vor diesem gemeinem Biest keine Schwäche eingestehen wollte. 

A Dragon's MistressDonde viven las historias. Descúbrelo ahora