5 Im Dienste des Königs

1.5K 81 6
                                    

Mein Herz hatte seinen Dienst für einen langen Moment aufgegeben, es funktionierte einfach nicht mehr und setzte erst wieder ein, als ich realisierte was ich dort überhaupt zu Gesicht bekam.
Gold und Silber, unbeflecktes Weiß in einem schwarzen Rahmen.
Dieser Mann war das Unglaublichste, was ich in meinem Leben je gesehen hatte. Seine klaren Augen, gingen von ihrer Farbe her so stark ins Gelbe, dass sie tatsächlich beinahe aussahen, als wären sie vergoldet worden. Das dichte Haar des Mannes war an den Seiten ganz kurz geschnitten und oben, wo sie etwas länger waren, ordentlich zurückgekämmt. Es war so weiß wie frischgefallener Schnee und so unglaublich hübsch. Die Wangenknochen ragten ein bisschen hervor, wodurch nur noch mehr Struktur und Perfektion in seinem Gesicht entstand. Seine Lippen waren zwar nicht besonders breit, aber voll und formten einen hübschen Mund. Genau wie sein Gesicht war auch der Rest seines Körpers ein einziges Kunstwerk.
Breite, muskulöse Schultern und Arme. Großgewachsen und eindeutig trainiert. Er war das Sinnbild für einen gnadenlos perfekten Mann, so perfekt, dass er tatsächlich gerade deswegen bestialisch wirkte. Genau wie der Rote hatte auch dieser Mann einen wachsamen Blick, der sich scheinbar durch meine Gedanken fraß, bis in den Kern meines Inneren und diesen wie ein Raubtier begutachtete und umkreiste. Ich bildete mir glatt ein tatsächlich etwas widernatürliches in meinem Geist zu spüren, als mir einfiel, dass ich doch tatsächlich vergessen hatte zu atmen. 
Er studierte mein Gesicht ausgiebig, gefühlt länger als er es bei den Gesichtern der anderen Frauen getan hatten. Als er schließlich von mir abließ warf er dem anderen einen kurzen Blick über die Schulter zu. Sofort fiel mein Körper wieder schwer wie Blei zu Boden und verharrte dort starr in derselben unbequemen Verbeugung wie zuvor. 

Nach mir sah er sich ebenfalls die anderen Frauen genaustens an und ich versuchte so gut es ging die Sekunden zu zählen, um einzuschätzen wie lange er für jede von ihnen brauchte. Nicht mehr als einige lange Sekunden vergingen ungefähr, bevor er zur nächsten Frau ging. Also brauchte er bei keiner von ihnen besonders lange.
Aber hatte ich es mir tatsächlich bloß eingebildet?
Ja, vermutlich war dem so. Denn jemanden, der über dein Schicksal entscheiden würde lange in die Augen zu blicken, konnte sich doch bloß unangenehm und wie eine Ewigkeit anfühlen.
Nichtsdestotrotz ... Ich wünschte mir fast, ich dürfte ihm ein weiteres Mal in die Augen sehen. Dieses Gold, es war so unfassbar gewesen, so wunderschön und makellos. Dennoch wäre ein einziger Blick von ihm mein Verderben gewesen, denn das rationale Denken wäre mir unmöglich gewesen. 

Letztendlich hatte er sich alle Frauen angesehen und jede einzelne von ihnen war in einem der beiden Ausgänge der Terrasse verschwunden, vermutlich ohne sich auch nur einen Moment nach mir umzudrehen. Sollte ich es wohl als Ehre empfinden, wenn ausgerechnet dieser Drache mich zu seiner Hauptspeise auserkoren haben sollte? "Cyrus." Der Weiße wandte sich an den roten Drachen, welcher sich die gesamte Zeit über stumm im Hintergrund gehalten hatte. Drachen besaßen also auch so etwas wie Namen, und der Name des Roten war also Cyrus. Er passte zu ihm. Denn der Name wirkte genauso hart und straff, wie das Äußere dieses Mannes es augenscheinlich war. "Wir haben darüber bereits gesprochen, ich nehme sie." Die Schwere um meinen Körper herum löste sich plötzlich ein wenig und es war mir möglich meinen Blick soweit zu heben, dass ich sehen konnte, wie die beiden Männer sich nun gegenüberstanden. 

"Zufall oh Zufall." murrte dieser Cyrus grimmig und verschränkte beide Arme miteinander vor der Brust. "Ihre Stadt hätte mir beinahe Probleme gemacht. Willst du dir wirklich so einen Wildfang aussuchen? Es gibt unter den Frauen doch bestimmt eine, die sich besser eignet als die da." 

Der Andere lachte nur leise vor sich hin und klopfte seinem Gegenüber beschwichtigend auf die Schulter. "Erzähl es mir heute am Abend. Aber ja, ich nehme sie. Sie ist zwar beschädigt, wird sich aber wohl noch für diese Arbeit eignen." Ich schluckte und plötzlich erinnerte ich mich auch an den Schmerz in meinem Knöchel. Er pochte höllenmäßig und ich wollte gar nicht wissen, wie es war mit ihm gehen zu müssen. 

A Dragon's MistressWhere stories live. Discover now