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Greg tat wie geheißen und sah Mycroft abwartend an. Dieser lehnte sich an seinen Schreibtisch und drehte seinen Regenschirm in seinen Händen. Er sah dabei wieder so professionell und ernst aus.„Wenn du denkst, Anthea hätte Vertrauensprobleme in mir ausgelöst, dann irrst du dich..." Mit diesen Worten packte er mit beiden Händen Griff und Schirm und zog es auseinander.

„Sie waren schon immer da gewesen."

Sein Gegenüber schluckte, als plötzlich eine glänzende, lange und schmale Klinge zum Vorschein kam. Laut dem britischen Strafgesetzbuch war nämlich das Mitführen von Messern - in diesem Fall von Schwertern - ab gewisser Länge verboten. §§139 und 139a. Die Grauzone jedoch ist, dass man es der Öffentlichkeit unzugänglich bei sich tragen kann.

Wirklich schlau, Mycroft, wirklich schlau...

Doch dann zog dieser die Klinge ab und der Griff des Regenschirms entpuppte sich als kleiner Revolver. Greg wollte etwas erwidern, doch er fand keine Worte. Nicht einmal er, als Detective Inspector, durfte eine Waffe mitführen!

„Den einzigen Personen, denen ich jemals vertraut habe, waren meiner Hausfrau Vera, Anthea...... Und dir. Zweitere wusste über mich beruflich und privat fast alles. Was glaubst du also passiert dann in mir, wenn ich herausfinde, dass sie mich aufgrund meiner Taten von Anfang an verachtet hat?", fragte er. „Ist es denn nicht nur ein normaler Schutzmechanismus in der Psyche eines Menschen, welcher unter anderem durch Verrat und daraus folgender Enttäuschung verursacht wird?"

Der Inspektor hasste es zuzugeben, denn das, was Mycroft sagte, war nicht falsch. Und trotzdem...

„Genau genommen kann ich ja nun nicht mal mehr Vera vertrauen. Immerhin hat sie dich hereingelassen. Eigentlich müsste ich sie entlassen."

„Quatsch doch nicht so einen Blödsinn", sagte Greg. „Hast du nicht vor einer Woche noch gesagt, dass ich dir gezeigt hätte, dass Sentimentalität etwas Gutes sein kann?"

„Da du vorhin in ihrer Anwesenheit damit argumentiert hast, dass dein Beruf auch gefährlich sei", holte Mycroft aus, „da hast du recht. Aber mein Posten in der Regierung und meine Leitung in Sherrinford sind dahingehend ein deutlich höheres Gefahrenrisiko. Deswegen bist du doch überhaupt erst in das Schussfeld gekommen."

„Ich dachte, du hättest gerne mit mir Zeit verbracht. Ich dachte, uns hätte das beiden geholfen..."

„Diese emotional aufgeladene Argumentation bringt uns nicht weiter", wich der Größere aus und steckte Revolver, Schwertklinge und Schirm wieder in sich zusammen.
Greg schnaubte und biss sich auf die Lippen. Mycroft hatte recht, sie redeten aneinander vorbei. Einer musste sich dem anderen anpassen...

„Na schön... Dann eben die rationale Denke..."

Greg musste jetzt ganz genau überlegen, was er sagen will und wie er es dementsprechend formuliert. Diesen Kampf durfte er auf keinen Fall verlieren.

„Wer hat nochmal veranlasst, auf mich und meine Kollegen Anschläge zu verüben?", fragte der Inspektor.

„Anthea", antwortete sein Gegenüber.

„Und du selbst hast also weder die Feuerwaffe noch die Bomben jemals zu Gesicht bekommen?"

Mycroft erkannte, was Greg hier versuchte.

„Greg, das reicht viel weiter in die Vergangenheit. Du vernachlässigst hier gerade, dass aus Taten Folgen hervorgehen."

„Nö, tu ich nicht", meinte Greg und verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Du hast mit Antheas Mutter in Sherrinford zusammengearbeitet und sie ist dort, so traurig es auch ist, verrückt geworden. Aber es war einzig und allein Anthea, die unbedingt Rache wollte. Sie allein! Schonmal darüber nachgedacht, dass du an ihren eigenen Entscheidungen gar keine Schuld tragen kannst?"

Nicht so stark - Mystrade FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt