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Greg goss beiden etwas in die Gläser ein und reichte eines herüber. Mycroft betrachtete es genauer und roch daran: typische Bernsteinfarbe, laut der Aufschrift der Flasche ein klassischer „Slyrs - Single Malt". Man konnte in seinem Geruch noch das Holz aus seinen Fässern entnehmen, muss also mehrere Jahre gelagert sein, wahrscheinlich zehn. Genau richtig also.

„Sowas ist nicht günstig, aller Achtung", bemerkte Mycroft.

„Fast 70 Pfund. Hab ihn schon etwas länger."

Sie ließen den Whiskey kurz atmen, bevor sie beide anstießen und ihren ersten Schluck nahmen. Der Geschmack war ganz hervorragend. Beim Schlucken brannte es in der Kehle, bahnte sich in den Magen, bis es dann eine wohlige Wärme ausströmte.

Mycroft hätte nicht gedacht, dass Greg sich mit Whiskey auskannte. Er wusste genau, wie man ihn am besten trank, viele Unerfahrene würden ihn einfach schnell herunter kippen. Ob der Inspektor noch mehr solcher Verstecke hatte, konnte Mycroft nicht sagen, doch er korrigierte seinen Schluss, den er in seinem Bad getroffen hatte: Er kann sich Dinge leisten, macht es aber in bevorzugten Bereichen.

„Und?", fragte Greg.

„Äußerst gut", sagte Mycroft und schwenkte das Glas ein wenig. „Du hast Geschmack."

Sie tranken den Rest ihres Glases. Whiskey sollte man nie in zu großen Mengen genießen. Greg verstaute die Flasche also wieder - Mycroft beobachtete, wo er sie hinstellte - und dann unterhielten sie sich wieder auf der Couch.

Es wirkte eher als kleine Ablenkung vor den Fragen, die über ihnen lagen.

Was war das zwischen ihnen? Mehr als simple Freundschaft war es auf jeden Fall.

Aber waren sie jetzt zusammen, nur weil sie sich beide kurz nicht im Griff hatten?

Und überhaupt, was bedeutete „zusammen sein"? Waren sie ein Liebespaar?

Was für eine Art von Liebe überhaupt?

All diese Fragen umgingen beide noch mit einem großen Bogen.

Auf einmal bekam Mycroft einen Anruf von Anthea. Greg beobachte, wie er aufstand, seine typische Haltung einnahm und offenbar völlig in seinem Element war. Doch kaum, als das Gespräch begonnen hatte, versteiften sich Mycrofts Gesichtszüge.

„Wieso informieren Sie mich erst jetzt? ... Wie kritisch? .... Wurde er ins Krankenhaus gebracht? .... Ist er stabil? .... In Ordnung", murmelte er in sein Telefon, während Greg besorgt dabei zusah, wie seine Miene trotz der offenbar guten Aussichten immer finsterer wurde.

„So etwas hält mich nicht von der Arbeit ab .... Dann erhöhen Sie das Niveau der Überwachung und Sicherheitsvorkehrungen .... Wo ich bin?"

Mycroft sah kurz zu Greg, der nur rätseln konnte, was passiert war. Scheinbar ist jemand zu Schaden gekommen... Aber was waren die Umstände?

„Ich trinke Tee bei Inspektor Lestrade .... Ja, genau, diesmal kein Café", sagte er dann und wandte sich ab.

„Wie dem auch sei, ich komme morgen .... Das ist mir egal."

Als Mycroft seufzend auflegte, stand Greg ebenfalls auf.

„Was ist passiert?"

„Es gab vor einer halben Stunde ein Attentat auf James Hunter, den Sekretär für Gesundheit und Soziale Dienste", erklärte Mycroft, „er ist bereits ins Krankenhaus gebracht worden, sein Zustand ist kritisch."

„Oh scheiße."

Greg kannte den Gesundheitsminister nur aus dem Fernsehen und von dem, was er forderte... Trotzdem fühlte sich das an, als hätte ihm jemand einen Schlag in die Magengrube verpasst. Er überlegte, was Mycroft zu seiner Assistentin gesagt hatte. Sie hatte ihn gefragt, wo er sei. Wenn er jetzt ging...

Nicht so stark - Mystrade FFWhere stories live. Discover now