Das war knapp!

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EMMA

Beunruhigt nahm Emma noch einen Schluck von der heißen - nun, ja... jetzt eher lauwarmen Schokolade und folgte dem riesigen schrankartigem Kerl möglichst unauffällig mit den Blicken. Das kleine Café lag an den Ufern der Alster und fast in Sichtweite der Slomanburg. Natürlich hatte die junge Frau gewusst, dass sie auf die Alphabrigarde stoßen würde... als es dann aber soweit war, war alle Vorbereitung beinah für die Katz gewesen, denn der Gorilla von einem Mann triggerte Emmas Fluchtreflex so hardcore, dass sie sich regelrecht in den Stuhl krallte auf dem sie saß. Und um ihren Alptraum mal so richtig zu vervollständigen, schritt hinter dem Gigant eine wohlvertraute Gestalt her.
Lazlo!
Göttin... zum Glück war es dieser brutale Schläger... denn wo Cole hinter den Muskeln noch einen Grips zu eigenständigem Denken hatte, war Lazlo einfach nur ein dummes Vieh. Dumm und grausam, mit ausgesprochen sadistischen Neigungen. Der Beta sah sich im Café um und dann blieb sein Blick an Emma hängen. Er gab dem Gamma mit einem kurzen Rucken des Kinns einen Befehl und schlenderte auf Emma zu.

Als Lazlo sich vor ihr auf dem Tisch abstützte und auf sie herabsah, dankte Emma der Göttin für den blendenden Sonnenuntergang, der es ihr erlaubte ohne Aufsehen zu erregen eine Sonnenbrille zu tragen. „Wen haben wir denn hier? Hübsche junge Damen sollten nicht alleine rumlaufen..." Auch wenn Lazlo außer Befehle befolgen und ficken nichts in der Birne hatte, so hatte die Göttin ihn mit einer Stimme gesegnet, die wie dunkele, flüssige Seide war. Emma wusste, dass es seine Stimme war, die die Frauen so einlullen konnte, dass sie erst merken, im Netz eines prügelliebenden Monsters gelandet zu sein, wenn es schon zu spät war....
Sie würde Sarah die größte und leckerste Torte zu ihrer Gefährtenbund-Zeremonie backen als Dank... die Kräutertarnung funktionierte einwandfrei. Ansonsten hätte der Scheißkerl vor ihr bereits reagiert. Emma nickte ernsthaft und deutete gleichzeitig auf ihren Mund. Dann griff sie nach einem Blatt Papier und dem Kugelschreiber aus ihrer Handtasche - ja, ja... sie hasste Handtaschen und bevorzugte Rucksäcke. Das wusste aber auch jeder im Hamburger Rudel. Daher hatte Sarah auf die Umhängetasche bestanden.
Ich bin nicht allein... meine Freundin kommt gleich. Wir waren hier verabredet und ich bin nur zu früh da...

Lazlo runzelte die Stirn, nachdem er gelesen hatte. „Und das konntest du mir nicht sagen?" fragte er spöttisch. „Da bist du ja, Alexa!" rief eine helle Frauenstimme und kurz darauf befand Emma sich in einer heftigen Umarmung. „Oh, Beta Lazlo... verzeiht... ich hab Alexa nur so lange nicht mehr gesehen und da..." Der Beta schnaubte abfällig. „Deine Freundin ist unhöflich! Anstatt zu antworten, kritzelt sie einfach irgendwas, das keine Sau lesen kann!"
Louisa sah rasch auf den Zettel und begriff die Tarnung sofort. „Sie hatte vor drei Jahren ein traumatisches Erlebnis und kann seit dem nicht mehr sprechen! Ich bin sicher, Lexi wollte nicht respektlos sein.." Der Gamma kam aus dem Laden und trat an den Mann heran. Wortlos verständigten sie sich, dann warf der Beta den Zettel angewidert auf den Tisch. „Dann passt auf deine bekloppte Freundin besser auf!"
„Natürlich Beta Lazlo. Bitte, entschuldigen Sie ... und wenn Sie wünschen, das Abendmahl ist für Sie an der gewünschten Stelle hinterlassen worden." Louisa verbeugte sich halb, während die beiden Männer mit einer abfälligen Bemerkung über ‚Fett und zu viel gefressen' weitergingen.

Als sie außer Hörweite waren knurrte Emma leise und sagte mit einem dankbaren Blick auf die Gehilfin von Sarahs Mutter: „Göttin... Louisa, ohne dich wär das grauenvoll schief gelaufen! Wäre Sarah an deiner statt aufgetaucht, hätte selbst dieser Volldepp mit dem IQ von einem Stück Brot geschnallt, wer ich bin. Ich danke dir!!!" Louisa winkte gutmütig ab. „Als ich Lazlos Truppe in deine Richtung gehen sah, hab ich Sarah gesagt, sie soll mich das machen lassen. Gut geschaltet übrigens, also das mit dem Aufschreiben..." Die mollige Frau zwinkerte ihr zu, dann griff sie nach der Yogatasche und sagte leise: „Es geht los... komm, Emma. Wir müssen uns beeilen. Unser Zeitfenster ist nicht groß.." Emma trank hastig ihre Schokolade aus und legte einen 10€ Schein unter die Tasse. Dann gingen die beiden Frauen betont langsam in Richtung der Slomanburg davon, während Louisa einen Monolog über irgendwelche Filme startete, um eventuelle Lauscher zu verwirren.

SARAH

Als Louisa mit Emma ins Zimmer traten, atmete Sarah erleichtert aus. „Puh, der Göttin sei dank! Es geht euch gut... alles klar? Bist du bereit?" Die kleine Omega nickte und umarmte Adeline zur Begrüßung. Diese lächelte zärtlich und nahm Emmas Gesicht in beide Hände. „Du siehst gut aus, Kleines! Sarah hat mir erzählt, dass du jetzt in einer Backstube arbeitest?! Das freut mich so für dich!" Der Rotschopf grinste breit. „Jaaaaa!! Larissa ist toll, das ist die Bäckerin... sie ist echt, echt großartig!!! Vom Wesen her genau wie Sarah..." Emma warf ihrer Freundin einen kurzen, scharfen Blick zu, dann sah sie in Adelines breites strahlendes Lächeln. „Lass mich raten... sie hat dir von Jax erzählt?!" Sarahs Mutter lachte und nickte. „Ausführliches dazu kannst du mir auf der Flucht erzählen.. wenn wir Mia befreit haben." nach einem kurzen Blick auf die altmodische Wanduhr murmelte die Heilerin: „So... die Zeit ist um. Das goldene Wiesengerbkraut wird jetzt seine volle Wirkung entfaltet haben. Ihr müsst los!" Louisa neigte zum Abschied den Kopf vor Adeline, dann führte sie die beiden jungen Frauen ins angrenzende Zimmer und öffnete dort eine verborgene Tür. Es wurde draußen bereits dunkel, während sie zur Alphavilla hinübereilten.

Die brünette Frau schloss den Nebeneingang, die Tür für die Dienerschaft auf und deutete wortlos hinein. „Ich hab das Kraut auch unter das Essen der Bediensteten gemischt. Ihr solltet also freie Bahn haben. Passt aber auf die Kameras auf." „Wo ist der Überwachungsraum?" flüsterte Sarah leise und holte den USB Stick aus der Tasche. Louisa antwortete genauso flüsternd: „Den Gang runter und die letzte Tür auf der linken Seite. Haltet den Kopf unten. Es gibt eine Kamera auf halber Strecke. Hier, trag das... tu so, als wolltest du dem Wächter das Abendessen bringen. Ich garantiere dir, der Raum ist zur Zeit nicht besetzt!! Der Wächter hat seine Portion von dem Wiesengerbkraut gehabt! Die nächste Stunde kommt kein Wandler vom Klo runter..." Emma grinste breit und schadenfroh. Sarah schmunzelte ebenfalls und nahm das Tablett. „Danke dir, Louisa! Und jetzt geh und pack fertig. Warte mit Mama am Auto! Wir machen hier so schnell wie möglich..." Die Frau nickte und huschte in die Dunkelheit davon.

„Bereit?" wisperte Sarah in Emmas Richtung. Diese nickte mit harter Miene und nahm eine der Sprühflaschen mit dem ‚Pfefferspray' für Wölfe von Adeline in die Hand. Dann richteten sich die beiden auf und gingen mit ruhigen Schritten den Gang hinab.

EmmaOnde histórias criam vida. Descubra agora