Sarah

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(Einige Stunden zuvor)
SARAH

„Ace... ich muss los," lachte Sarah und versuchte sich aus der Umarmung ihres Liebsten zu winden. Der blonde Mann lachte nur leise und zog die schwarzhaarige junge Frau enger an sich. „Verlangst du ernsthaft, dass ich dich gehen lasse, mein Liebling?" Sarah drehte den Kopf und küsste ihren Gefährten lange und zärtlich. Dann flüsterte sie: „Niemals!" Der Blick des Betas war so tief und innig, dass die junge Frau Gänsehaut bekam. Sie konnte immer noch nicht fassen, zu welchem Glück sich ihr Leben gewandelt hatte. Sie war im Hamburger Rudel als Krankenschwester angestellt gewesen. Da sie aber ein Mensch war, war sie in den Augen der Wandler dort ein Wesen zweiter Klasse. 
Sarah hatte sich um die Omegas des Rudels gekümmert. Diese Mädchen waren vom Wesen her so zaghaft und sanftmütig, dass sie nie auf den Gedanken kamen, sich gegen die Schikanen des Youngsterrudels unter der Leitung von Alpha-Sohn Henning zu wehren.
Gut, dass Sarah da weniger Skrupel gehabt hatte. Sie hatte stets ihre Meinung gesagt und sich mehr als nur einmal vor die verängstigten und missbrauchten Mädchen gestellt, um die körperlichen Strafen abzufangen.

Ace spürte, wie ihre Gedanken in die dunklen Erinnerungen abglitten und richtete sich auf. Er nahm Sarahs Gesicht behutsam in beide Hände und strich ihr sanft mit den Daumen über die Wangenknochen.
„Nicht... tu dir das nicht an, Liebling... Du bist da raus.. und bei mir in Sicherheit."
Sarah seufzte schwer. „Ich weiß.. ich kann nur nicht vergessen, was die armen Mädchen bei den Hamburgern durchmachen mussten... was Emma durchmachen musste.. oh, Göttin. Ich vermisse sie so sehr!!! Sie hatte besseres verdient, als elendig zu ertrinken!" flüsterte die junge Frau mit Tränen in den Augen. Ace lehnte seine Stirn an ihre und schloss seine Augen. Er hatte Emma nur einige Tage um sich haben dürfen, aber diese Zeit hatte gereicht um den quirligen, schüchternen und herzensguten Rotschopf lieben zu lernen. Schließlich löste Sarah sich von Ace, küsste ihn auf die linke Brust über dem ruhig schlagenden Herzen, dann glitt sie vom Bett und verschwand im Badezimmer. Der Beta streckte den großen, muskulösen Körper und folgte ihr mit der Kleidung, die sie sich gestern schon rausgelegt, aber natürlich vergessen hatte ins Bad mitzunehmen.

„Morgen!!" rief eine fröhliche Stimme ihnen entgegen, als die beiden die Wohnküche des Blackford-Rudels betraten. Sarah blieb schockiert stehen... „Göttin!!! Welche Bombe ist denn hier hoch gegangen?" entfuhr es ihr. Alia tauchte hinter der Kücheninsel auf, zerzaust und mit Mehl bestäubt. „Hä? Was? Wieso???" fragte sie atemlos. Ace fing an zu lachen. „Mäuschen... was im Namen der Göttin machst du da?" Konstantin, der grinsend mit verschränkten Armen an der Wand lehnte antwortete mit einem unterdrückten Lachen in der Stimme: „Mutterinstinkte brechen da gerade ganz gewaltig durch. Sie hat sich heute Nacht um 03:00 Uhr in den Kopf gesetzt für das gesamte Rudel Frühstück zu machen! Ohne Hilfe, versteht sich!!" Sarah nickte sprachlos. Das erklärte den Zustand der Küche... so großartig Alia auch war, seit sie Welpen trug wechselten ihre Stimmungen, Gelüste und Geisteszustände schneller, als Sarah blinzeln konnte. Dazu war die weißhaarige Omega quasi dauergeil. Zum Glück hatte sie ihr Triumvirat, welches sie diesbezüglich schwer auf Trab hielt.

Sarah dachte zum zweiten Mal wehmütig an Emma. Mit einem traurigen Lachen sagte sie: „Emms würde bei diesem Chaos ausrasten.. die Küche war für sie ein Heiligtum..." Konstantin sah zu der Frau hinüber, dann senkte er den Blick. Jedem des Blackford-Rudels fehlte der kleine Kobold. Auch wenn keiner des Höllentrios romantische Gefühle für Emma gehabt hatte, liebten sie das Mädchen dennoch. Dank ihr lebte Lia und hatte demzufolge zwei gesunde Welpen im Bauch, das würden sie alle nie vergessen und hatten durch Emmas Tod nun auch keine Möglichkeit mehr, sich bei ihr zu revanchieren. Mitten in die wehmütige Stimmung platzte auf einmal Grayson. „Ihr werdet nicht glauben, was gerade... Wow... welche Bombe ist denn hier hoch gegangen???" „Keine Bombe! Verdammt, Ich backe!!!" fauchte Alia, watschelte um die Kücheninsel herum und fegte mit ihrer Babykugel erstmal das Backblech mit den Plätzchenrohlingen zu Boden. „Okay, Liebes... du backst, riecht großartig!! Und das bißchen aufräumen, da hilft Lucan bestimmt ger... sag mal, ist das da etwa Teig an der Decke???!"

Ace brüllte vor Lachen. Tränen liefen ihm über die Wange und er hielt sich die Seiten. Sarah schnappte sich ihren Gefährten und zog ihn vom Schlachtfeld, bevor dieser noch kollabierte. Lucan stand zusammen mit dem Alt-Alphapaar Helena und Warren Blackford in der Eingangshalle. Bei ihnen war ein großer dunkelhaariger junger Mann. Der sah mit einem verschmitzten Lächeln auf Sarah und streckte ihr die Hand entgegen. „Hi.. ich bin Oliver Wittner. Beta des Rheinrudels. Und du bist Sarah Weston." „Bald Cunningham..." sagte die junge Frau mechanisch, während sie Olis Hand schüttelte.
„Darf ich erfahren, woher du meine Gefährtin kennst?" fragte Ace neugierig und begrüßte den rudelfremden Wandler.
„Oh, sorry... wir, das heißt mein Rudel haben auf Anweisung meines Alphas Nachforschungen angestellt. Dabei ist dein Name aufgetaucht, Sarah."
„Nachforschungen?" fragte Alia und kam zwischen ihren beiden Männer auf die kleine Gruppe zu. „Du wirst Sarah NICHT mitnehmen! Sie gehört zu Ace! Zu uns!" knurrte die Omega und wedelte drohend mit einem Schneebesen vor der Nase des Besuchers herum. Oli hob beschwichtigend die Hände. „Natürlich nicht Luna. Auch wenn ich glaube, dass sie freiwillig mitkommen wird, wenn sie erstmal weiß, worum es geht..."
Sarah schauderte und schmiegte sich enger an Ace. „Was ist passiert?" flüsterte sie ängstlich. Der fremde Beta sah sie mit einem warmen Blick an, dann sagte er: „Es geht um Emma."

Sarahs Beine gaben unter ihr nach, sofort verstärkte sich der Griff von Ace. Die Blackfords waren erschüttert und nur Sarahs schluchzende Atemzüge waren hörbar.
Schließlich räusperte sich Konstantin: „Brauchst du Sarah um... die... Leiche zu identifizieren?" fragte er stockend. „Was? Wieso Leich... oh, Göttin! Nein!! Emma lebt! Sie ist in unserem Rudelgebiet und arbeitet in der Bäckerei von Waldbrücken. Zunächst war auch alles in Ordnung. Aber jetzt ist es so, als würde sie verschwinden. Sie hat Angstzustände und Panikattacken und überlässt ihrer Wölfin zunehmend die Kontrolle."
Sarah richtete sich auf. „Ace! Hol sofort den Wagen!!! Ich muss nach Waldbrücken. Äh... hat jemand hier nen Plan, wie ich da hinkomme?" „Ihr könnt mir nachfahren..." meinte Oliver. Alia nickte. „Gut! Dann los!" Die Drillinge hoben gleichzeitig eine Augenbraue. „Bevor ihr hier irgendwas sagt, vergesst es. Ich bleib nicht hier und lege mich schwanger und besorgt in mein Nest! Emma hat soviel für uns alle getan! Und jetzt braucht sie uns! Also... los! Hop, hop!!"

Helena grinste und sagte: „Legt euch nicht mit einer schwangeren Omega an. Den Kampf verliert ihr!! Wir halten die Stellung und ihr macht euch gefälligst auf die Socken um unserem kleinen Feuerteufelchen zu helfen!"
„KOMMT IHR JETZT ENDLICH?" brüllten Sarah und Alia unisono von draußen.
Und nur kurze Zeit später waren sie auf dem Weg nach Waldbrücken... auf dem Weg zu ihrer totgeglaubten Emma...

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Hier haben wir ein kleines Crossover zu Alia. Dieses Kapitel ist für meine Arbeitskollegin und Freundin Nadine. Sie steht mir immer beratend zur Seite und ich wollte mich mal auf diese Weise dafür bedanken, dass sie mich inspiriert und versucht nicht allzu genervt zu sein, wenn ich sie bitte weiterzulesen!!

EmmaWhere stories live. Discover now