Wieder vereint

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EMMA

„Ich fass es nicht!!! Du bist hier!" schluchzte Emma. „Und ich fass es nicht, dass du Dummtüte lebst und dich nicht gemeldet hast!" heulte Sarah. Da es in der Bäckerei zu eng geworden war, hatten sie die Wiedersehensfeier spontan verlagert. Zu Klara. Zwar platzte das Fachwerkhäuschen nun aus allen Nähten, aber die Delta Wölfin entpuppte sich als ein Multitasking fähiges Organisationstalent. Und schwuppdiwupp waren die Rudelmitglieder der Blackfords und die des Rheinrudels versorgt und mit Sitzmöglichkeiten ausgestattet.

Sarah schob die heulende Emma ein Stück von sich und wischte sich selbst die Tränen aus den Augen. „Warum? Warum hast du dich nicht gemeldet? Warum bist du nicht zurückgekommen? Wir dachten, du wärst ertrunken! Ich hab eine ganze Woche durchgeflennt!"
Die rothaarige Omega nahm ein Taschentuch von Klara entgegen und putzte sich erstmal die Nase. Dann sah sie auf und druckste nervös herum. „Ich wollte... ich... Ähm... weißt du, ich..." Alia steckte den Kopf aus der Küche. Sie hatte schließlich vorgehabt Frühstück zu machen und ihr war vollkommen Latte, in welcher Küche das geschehen würde. Unauffällig sah Lucan sich nach einem Feuerlöscher um... nur für alle Fälle, da der Herd kein Ceranfeld hatte, sondern sechs Gasflammen. Klara war daher schon dezent nervös und wachte mit Adleraugen über die Handlungen der weißhaarigen Frau, die bereits den zweiten Kurzschluss verursacht hatte, als sie versuchte den Toaster zu bedienen. Aaron hatte dieses zum Anlass genommen, um neben dem Sicherungskasten Stellung zu beziehen... ebenfalls nur für alle Fälle.

„Emma... nun rück raus mit der Sprache! So wie du am rumdrucksen bist, werden meine Zwillinge geboren sein, bevor wir eine zufriedenstellende Antwort haben!"
‚Donnerwetter! Die Schwangerschaft macht Lia echt resolut!' dachte Emma. Höchstwahrscheinlich war einer der Welpen ein Alpha. Das würde das taffe und selbstsichere Gehabe der Schwangeren erklären... „Na, schön... wieviel hat euch Sarah von dem Rudel erzählt, aus dem ich stamme?" Gray antwortete: „Nicht viel. Wir wissen, dass es sich um das Hamburger Rudel handelt und dass die Omegas dort wirklich beschissen behandelt wurden und immer noch werden." Emma nickte langsam: „Stimmt. Das ist zumindest die familientaugliche Variante. Der Jung-Alpha Henning ist das Monster aus der Hölle. Er hat es geliebt, uns Omegas zu quälen..." „MISSBRAUCHEN!!" korrigierte Sarah wütend. „Der kleine Scheißer ist einer der schlimmsten Psychopathen, den ihr euch vorstellen könnt!"
Emma sah ihre Freundin geschockt an. „Sarah..."
„NEIN! Nicht Sarah! Kleine, du musst es dir endlich eingestehen! Wenn ein Mann - und mit 21 ist diese elendige Ratte ein Mann - eine 15 jährige auszieht und an den intimen Stellen berührt ist das sexueller Missbrauch! Und nur die Tatsache, dass sein Vater dich für den ‚Verkauf' bestimmt hat und du somit Jungfrau bleiben solltest, hat dich vor Vergewaltigungen gerettet! Also komm mir ja nicht mit ‚Sarah'!" Alle anwesenden Wandler waren vollkommen still geworden. Dann schlagartig brach die Hölle aus.

Bei allen stiegen die Wölfe auf und die Seelentiere tobten vor Wut! Selbst die Weibchen Sophie und Klara waren außer sich. Omegas waren fast schon heilig! Die Mondgöttin hatte diese Wolfsart besonders gesegnet und nun erdreistete sich ein Rudel diese sanftmütigen Kreaturen wie Abfall und schlimmeres zu behandeln? Emma presste die Lippen zusammen und sah wütend auf ihre Freundin.
„Du hattest kein Recht, das allen zu sagen! Du.. du... hattest.."
Die rothaarige Omega schluchzte auf, schlug die Hände vors Gesicht und weinte... aus Kummer, aus Enttäuschung und weil sie sich verraten fühlte.
Jax erhob sich sofort, zog sie auf seinem Schoß und begann zu schnurren. Nur Sekunden später fiel das Höllentrio ein und das vereinte Schnurren von vier Alpha-Wölfen drang schließlich durch den Kummer der jungen Frau und beruhigte sie allmählich. Emma kuschelte sich tiefer in Jax' Arme und entspannte sich. Ein leichter Hauch von Gold in den grünen Augen zeigte die Anwesenheit ihrer Wölfin. Diese bewirkte, dass die Omega unbewusst die Nase vorstreckte und an seinem Hals schnupperte.

Langsam wurde es wieder still, da die Wandler ihre Seelentiere unter Kontrolle bekamen. Alle außer Emma. Ihre Augen glühten mittlerweile hellgolden und das Wölfchen (nach wie vor in Menschengestalt) rieb summend die Nase an Jax' Kinn. Der Alpha griff behutsam mit der rechten Hand in die roten Locken und hielt sie kurz fest. Dann sah er ihr tief in die Augen und sagte ruhig: „Ich freu mich sehr, dass du mich gern hast, kleine Wölfin. Aber jetzt gerade brauchen wir dich wieder am Steuer, Emma. Ich weiß, dass es leichter ist deinem Seelentier die Kontrolle zu überlassen. Das weiß jeder hier und glaub mir, mein Liebling... jeder kann es nachvollziehen. Aber das wird dir auf Dauer nicht helfen.."

Die junge Frau wimmerte, doch dann wurden die Augen grün, als die Wölfin sich zurückzog. „Du hast recht," flüsterte Emma mit erstickter Stimme. Tränen rannen über ihre Wangen, die sie ungeduldig fort wischte. Sie hob den Blick und sah auf die Alphas des Blackford-Rudels. „Ihr habt mich aufgenommen... dass dies zunächst nicht freiwillig war, sei dahin gestellt. Sarah hat zum Teil recht. Henning ist zwar ein gewissenloses Stück Dreck, aber sein Vater ist derjenige der euch allen Sorgen bereiten sollte! Er hat mich instruiert. Seit etwa vier Jahren jeden Tag.. ich sollte das Rudel, in welches ich verkauft werde auf die Übernahme durch Hamburg vorbereiten. Meinen Einfluss als Luna nutzen, damit er sich das Rudel einverleiben kann... Da ihr mit Lia in den Gefährtenbund getreten seid, war ich unnütz bei euch... deshalb hat er so unbarmherzig drauf bestanden, dass ich zurückgegeben wurde. So hätte er mich für das nächste Rudel benutzen können... natürlich erst, nachdem mein Fehlverhalten korrigiert wurde. Vermutlich hätte er mich in Wolfsform gezwungen, verprügeln und mich dann solange hungern lassen, bis ich um Vergebung flehe und Besserung gelobe..."

Jax' Arme schlossen sich fester um sie. Sein Wolf kauerte sprungbereit, mit gesträubten Fell und gebleckten Fängen und wollte ein bis zweihundert Kehlen zum rausreißen haben. Am besten fein aufgereiht, damit er die Köpfe hinterher seiner kleinen Gefährtin zum Geschenk reichen konnte. Wie konnten sie es nur wagen, SEINEM Weibchen so etwas anzutun? Das würde Konsequenzen nach sich ziehen! Ooooh ja, der Wolf konnte das Blut seiner Feinde praktisch schon auf der Zunge schmecken....
Konstantin seufzte leise und hockte sich vor Emma. „Kleines... wir haben uns so was schon gedacht. Alpha Kanton ist ein größenwahnsinniger Volldepp. Und fast alle Rudel sind mittlerweile dahinter gekommen, dass da was gewaltig faul ist..." Emma sah mit tränenblinden Augen zu Sarah. „Es tut mir so leid!!! Ich wollte nicht, dass ihr.. dass du dir Sorgen machst. Aber ich war mir sicher, dass das Blackford-Rudel unter Beobachtung steht und dann hätte Kanton erfahren, dass ich noch lebe ... und .. alles ... wäre weiter gegangen! Wahrscheinlich hätte es einen Rudelkrieg gegeben... Ich liebe euch so sehr... ich wollte doch nicht, dass euch was passiert!!!" Heftige Schluchzer erschütterten den zierlichen Körper und erneut ertönte das Schnurren der vier Alphas im Raum.

Was nur keiner bedacht hatte war, dass das Geräusch - welches die Wirkung von wirklich starkem Valium hatte - nicht nur Effekt auf Emma ausübte...
Mit einem Knall fing das Küchentuch Feuer, welches sich gerade noch in Lias Hand befunden hatte. Durch das Schnurren eingelullt, war Alia das Tuch aus der Hand auf die Flammen des Gasherdes gefallen und der aus dem Feuer resultierende Rauch löste nun auch prompt die Feuermelder nebst Springleranlage aus....

EmmaWhere stories live. Discover now