Ein waghalsiges Unterfangen

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SARAH

„Larissa ist toll! Sie ist eine starke, kluge und einfühlsame Frau... ich mag sie!!" meinte Sarah, während sie mit Emma den kleinen Pfad zum Rheinufer hinab ging. „Sie ist wie du!" erwiderte die junge rothaarige Omega und kickte einen kleinen Stein vor sich her. Sarah grinste frech und neckte: „Du hast dann wohl nicht nur den gleichen Geschmack bei Männern, sondern auch in der Wahl deiner Vertrauten..." Der Rotschopf lachte leise zustimmend und schoss den Stein direkt in den stark dahin strömenden Fluss. „Oh, wow... ist das schön hier!" schwärmte Sarah. Die Sonne glitzerte auf dem Wasser und durch die Regenfälle der letzten Zeit war das Gras voll und grün. Wildblumen blühten und ihr Duft mischte sich mit dem der frischen Erde und des Flusses. Sarah setzte sich auf die Wiese und Emma legte sich neben sie, den Kopf auf dem Schoß ihrer besten Freundin. Die ältere strich durch die roten Locken und begann mit flinken Fingern kleine Zöpfe hineinzuflechten.

Emma summte glücklich... Ihre Gedanken kreisten aber immer noch um Jax. Seine warmen Lippen, das Gefühl seines Bartes auf ihrer Haut, die Wärme seiner Hände auf ihrem Gesicht... „Lass mich raten? Jax?" fragte Sarah sanft. „Hmmm...." Emma seufzte. „Meine Wölfin hat gewählt... sie will ihn und würde ihn am liebsten direkt bespringen, sich schwängern lassen und dann in seinem Bett ihr Nest bauen..." „Und du? Emmi, was willst du?" Der Rotschopf richtete sich auf und sah ihre Freundin verunsichert an. „Ich... ich... GÖTTIN! Warum ist das so schwer? Auf der einen Seite will ich so schnell wie möglich weg von dem Alpha! Henning war genug für ein ganzes Leben!!! Und jedesmal, wenn ich Jax' Aura spüre, setzt bei mir der Fluchtinstinkt ein und ich möchte rennen. So schnell und so weit weg wie nur irgendmöglich! Die andere Seite von mir will es aber meiner Wölfin gleichtun..."

Sarahs Blick war voller Mitgefühl, als sie Emmas Hand ergriff. „Aber Jax ist nicht Henning! Oli und Aaron sind auch nicht Cole und Laslo! Ich weiß das was dir angetan wurde, war die pure Hölle. Aber du darfst das nicht deine Zukunft zerstören lassen... Das Hamburger Rudel ist Haufen fauler Äpfel! Wenn du die in einen Sack stopfst, draufhaust wirst du immer den richtigen treffen! Und nachdem du sie ordentlich verdroschen hast, wird der Sack Hauptbestandteil des nächsten Lagerfeuers!" Unter Tränen lachte Emma auf. „Das würde ich zu gerne sehen!" Sarah kicherte. „Göttin, die ärmste Ivanna würde wahrscheinlich jammern, dass Hitze ihren Haaren schadet!" Beide Frauen brachen in schallendes Gelächter aus.
Emma wischte sich die Lachtränen aus dem Gesicht, als ihr Handy klingelte.

„Hallo? ... Oh, hi Larissa... oh, je... na klar! Mach ich doch... ja, weiß ich.. Mach dir keine Sorgen. Gute Besserung und werd ich ausrichten!" Sarah sah sie fragend an. „Larissa geht es wohl nicht gut und der Alpha hat sie nach Hause geschickt. Sie hat drum gebeten, dass ich in zwei Stunden die Brote abbacke.. oh, ach ja und viele Grüße soll ich ausrichten..." „Göttin.. Ich hoffe, es ist nichts Schlimmes!" Sarah sah besorgt aus, doch Emma schüttelte den Kopf. „Ich glaub nicht. Sonst hätte sie was wegen morgen gesagt.." Gedankenverloren sahen beide auf den Rhein hinaus, dann atmete Sarah tief ein und sagte: „Emma... um noch einmal auf das Thema Jax zurückzukommen. Ich bitte dich, für ihn aber vor allem für dich selbst... gib euch eine Chance. Lass ihn dir zeigen - beweisen, dass er genau das Gegenteil von diesem Vollhonk Henning ist. Göttin... du kannst echt von Glück sagen, dass du nicht als seine Gefährtin ausgewählt wurdest..!"

„Ooooh... die arme Mia! Meinst du, sie ist immer noch in diesem Keller eingesperrt? Wie sehr muss sie sich wünschen, sterben zu dürfen! Er wird sie irgendwann schwängern, dann wird er ihr nach der Geburt der Welpen diese wegnehmen und Mia wird bis zum nächsten Mal wieder angekettet... und dann alles wieder von vorne... der einzige Ausweg wird für sie der Tod sein..."
Sarah sah kurz auf die Uhr und sagte leise: „Die Brote... wir müssen los!"
Die beiden Frauen erhoben sich, klopfen sich die Erde und Grashalme ab und gingen zurück nach Waldbrücken. Während des Rückweges war Sarah vollkommen still und in Gedanken. Sie erinnerte sich nur zu gut an das Entsetzen, dass sie gefühlt hatte, als Henning ihr vor sechs Jahren von der Auspeitschung und der anschließenden Mehrfach-Vergewaltigung erzählt, nein geprahlt hatte. Sein widerwärtiges, schmieriges Grinsen und wie er sich selbst daran aufgeilte würde sie niemals vergessen. Ebenso wenig wie sein Schwärmen... An Mias verzweifeltes Betteln, ihre Schmerzensschreie und dann das schlimmste von allen... das furchtbare, klägliche Wimmern, als Mia aufgab.

Emma hob die schweren Bleche auf und schob sie in die Backöfen. „Wie lange müssen die backen?" frage Sarah nachdenklich. „Ca. 1- 1 1/2 Stunden. Wieso?" Die schwarzhaarige Frau presste kurz die Lippen zusammen. Dann sah sie Emma ernst an. „Gut... die Zeit reicht..." „Wofür?" fragte die kleine Omega neugierig. „Emma... wir brauchen einen Plan um Mia daraus zu holen! Ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass ihre süße, liebevolle Seele von diesem Rudel voller Ratten zu Grunde gerichtet wird. Vielleicht ist es bereits zu spät für sie, aber wir müssen es wenigstens versuchen! Wäre Mia an unserer Stelle, würde sie keine Sekunde zögern..."
Emma dachte an Mia. Die schwarzen Haare, damals kurz, wild verwuschelt und die unternehmungslustigen blauen Augen. War Emma ein Kobold, so war Mia eine kleine Elfe. Als Luna Mechtild noch gelebt hatte, hatten sie jeden Tag miteinander verbracht. Gespielt, gebacken und die Luna hatte ihnen Geschichten vorgelesen und ihnen dabei gleichzeitig das Lesen beigebracht. Es war eine wunderschöne Zeit gewesen und als die Luna einen Welpen trug, hatte Mia ihre Faszination fürs Heilen entdeckt... An dem Tag, an dem Mechtild dann starb und der Alpha kurz darauf mit Ivanna, dem bösartigen Spatzenhirn in den Gefährtenbund trat, war alles vorbei. Jahre später entschied das blondierte Gift mit den Plastiktitten, dass Henning der Gefährte Mias werden sollte und das Licht ihrer Omega Freundin erlosch...

Emma sah mit einem harten Blick in Sarahs Augen.
„Klingt nach einem waghalsigen Unterfangen... Wie lautet dein Plan?"

EmmaOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz