-Kapitel19-

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Das Ticken der Uhr nervte mich. Es nervte mich grundlos. Tick. Tack. Tick. Tack. 16:35 Uhr. Ich hatte nichts zu tun. Ich hatte sogar aus purer Langeweile mein Zimmer aufgeräumt. Was wahrscheinlich viel eher daran lag, dass ich nicht wollte das Oliver in mein Zimmer kommt. Die Routine mein Bett zu machen, das Fenster anzukippen. Es beruhigte mich einfach. Ich schwang meine Beine über das Bett und machte mich auf in die Bibliothek, um mir ein neues Buch zu holen. Ich begegnete Oliver auf dem Weg dahin. „Oh. Warte einen Moment." Ich blieb stehen und schaute ihn fragend an." Ich wollte dir etwas sagen. Ab nächster Woche wird Rosalia hier sein. Sie putzt hier, räumt auf und ist eine der besten Köchinnen." Ich schaute ihn verwundert an. Bitte was? Eine fremde Frau? Ein Mensch. Ein Mensch, der mich ganz sicher in den Nachrichten gesehen hätte. Wieso? Wieso sollte er das Risiko eingehen? Mein Gesichtsausdruck entspannte sich. Auch wenn ich ihm nicht zu traute, dass er so dumm wäre. Vielleicht gab es doch Hoffnung. Mein Herz fing an zu klopfen. Doch nicht vor Angst, es war voll mit Hoffnung. Ein seltenes Gefühl. Ein Gefühl, was ich schon fast vergessen hatte. Er hatte meinen verändernden Gesichtsausdruck gesehen. Er kam auf mich zu. Er presste geradezu wütend seinen Kiefer aufeinander. Ich ging einen Schritt nach hinten. Und noch weiter nach hinten, bis ich fast an der Wand stand. Olivers Augen weiteten sich vor Missmut. „Glaube ja nicht, dass ich nicht weiß, was du denkst." Ich versuchte ihm aus dem Weg zu gehen. Ohne Erfolg. Er platzierte seine Arme rechts und links neben meine Ohren. Ich atmete schwerer ein. Seine Augen funkelten. Er war mir viel zu nah. Mein Herz schien das wohl auch zudenken, denn es beschleunigte sich. Jetzt hatte ich Angst." Rosalia ist nicht dumm. Sie kennt dich wahrscheinlich, aber bilde dir nichts darauf ein." – Er machte eine Pause- „Sie ist schlau genug um zu wissen, dass sie dir nicht helfen wird." Mit den Worten ließ er mich gehen. Wieso geht er diese Gefahr ein? Und wieso zur Hölle sollte sie nichts verraten? Hat er ihr auch gedroht? Diese Fragen hallten den ganzen restlichen Tag, ja die ganze Woche noch durch den Kopf. Hatte er dieser armen Frau ebenfalls was angetan? Oder ihr nur gedroht? Ich setzte mich aus Protest für die Woche nicht mehr zu ihm. Es war kindisch, dass wusste ich und trotzdem erschien es für mich als die einzige Möglichkeit. Seine Anwesenheit, sie widerte mich einfach nur noch an. Am Donnerstag war es so weit. Ich hatte die ganze Nacht lang nicht schlafen können. Würde nicht jeder Mensch so handeln? Helfen? Einer Person helfen, dir eindeutige oft im Fernsehen war? Wäre es nicht unmoralisch nicht zu handeln? Auf der anderen Seite- Mit was hatte er ihr gedroht? War ich nicht das beste Beispiel nachzugeben, damit den anderen nichts passiert. Den Menschen, die man über alles liebt. Ich stand in der Küche herum. Oliver kam in die Küche hineinspaziert. Er trug wie fast immer ein weißes Hemd und eine dunkelblaue Hose. Er schien gestresst und etwas abwesender als sonst. Anhand seines Drei-Tage Barts konnte ich mir erschließen, dass er wirklich sehr beschäftigt war. Mit wahrscheinlich Menschen verachtenden Dingen. „Rosalia ist gleich da." Er wollte gehen und drehte sich nochmal mit einem kurzen Blick auf mich um. „Und denk dran. Sie wird dir nicht helfen" mit einem süffisanten Lächeln. Oliver kam ein paar Schritte energisch auf mich zu. Er jauchze mir die letzten Worte in das Ohr. Ich wusste wie viel Spaß ihm das bereitet mich zurückzucken zu sehen. „Sie weiß, wenn sie dir helfen würde, wird sie einen Kopf kürzer nach Hause gehen und ihre Familie abgeschoben." Mit einem breiten Lächeln ließ er mich erstarrt dort. Doch bevor ich eine Reaktion zeigen konnte, ging der Aufzug auf. Rosalia war eine rundliche Frau aus Mexiko. Ihre langen Haare waren in einem Dutt hochgesteckt. Ihr lächeln steckte einen an. Es war ein warmes und aufrichtiges lächeln. Nachdem Oliver sie mit einer Umarmung begrüßt hatte und sie herzlich und etwas tadelnd ihn hinwies dass er sich ja gehen gelassen hatte, kam der Moment. Für genau eine Sekunde erkannt ich, dass ihr Gesichtsausdruck sich etwas veränderte. Ein Hauch von Erkennung. Sie kannte mich. Doch dann tauchte ihr lächeln auf und sie kam auf mich zugelaufen. Ehe ich mich versah, hatte sie mich auch zu ihr nach unten in eine feste Umarmung gezogen. "Aii. Oliver hat mir schon so viel von dir erzählt." Schaute mich an mit einem Lächeln und einem leicht zögernden Ausdruck. Dann sagte sie leicht tadelnd. "Ach Herr Oliver, was haben sie nur mit ihr gemacht?" - Eine Pause trat ein." Du bist viel zu dünn, Nena." Sie griff meine Hand. Eine warme Hand die mich direkt in die Küche zog. Erst als ich mich in der Spiegelung des Kühlschrankes sah erschrak ich. Meine Augen waren voller Tränen erfüllt. Während Rosalia weiter irgendetwas auf Spanisch schwafelte und Töpfe zusammensuchte, versuchte ich mich zusammen zu reißen. Ich wünschte mir wieder in der innigen Umarmung zu sein. Ihre Körperwärme, der Druck des anderen Körpers auf meinem. Es hatte mich an meine Mama erinnert. Er hatte nicht nur mir etwas angetan, dass wusste ich. Aber zu wissen, dass er so viel Macht hatte über andere Personen. Es machte mich wütend, so unglaublich wütend. Hätte sie nicht woanders anfangen können zu arbeiten? Irgendwo anders? Nur nicht bei diesem Ungeheuer? Ich versuchte ein Lächeln. Sie sah es und strahlte mich an, während sie leise vor sich her schimpfte, dass der Kühlschrank viel zu leer wäre. Ich schloss die Augen. Es würde okay werden. Jetzt wäre ich wenigstens nicht mehr allein. Und ich weiß nicht was ich schlimmer finde, dass ich jetzt nicht mehr allein war oder weil sie es war, die ebenfalls es erleiden musste. Die ihn, das Monster, erleiden musste.

Promises are forever, arent they?Where stories live. Discover now