Prolog

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23.11.2019, 11:35 Uhr, Dresden


Die Fensterscheiben waren beschlagen, wegen der Hitze in diesem Raum. Der Regen prasselte gerade zu aggressiv auf die großen Fensterscheiben. Mein Blick ruhte auf den einzelnen Wassertropfen. Die Wassertropfen  rutschten wie in Zeitlupe herunter. So sorglos, dachte ich mir. In dem Moment wünschte ich mir ein Wassertropfen zu sein. Einfach langsam an einer Schreibe herunter rutschen und nichts fühlen zu müssen. Trotz dieser komischen Gedanken, erinnerte mich der Regen an etwas anderes. An mein Leben früher. An meine Vergangenheit. Wie ich mit meinem Bruder im Auto saß. Sorglos und ohne Schmerzen. Ich konnte mich noch genau daran erinnern wie mein kleiner Bruder und ich gewettet haben, welcher Wassertropfen zuerst ans Ziel kam. Wie unbeschwert wir waren. 

Auf den Boden der Tatsache brachte mich die zufallende Tür. Dr. Schuhman setzte sich auf den großen Bürosstuhl vor mich. Sie holte meine Akte aus der Schublade des großen schwarzen Schreibtisches. Sie lächelte mich freundlich an und begrüßte mich. Ich mochte Dr. Schuhman. Sie war eine wirklich nette Frau. Ihre Lesebrille rutscht immer etwas von ihrer Nase ab. Ich habe glaube ich Dr. Schuhman noch nie ohne ihren typischen Hosenanzug gesehen. Wahrscheinlich hatte diese Frau zu Hause den ganzen Schrank mit diesen Hosenazügen voll. Gut, so gut kannte ich sie auch nicht. Es war dieses mal erst die dritte Sitzung und trotzdem sagt sie mir immer, wie stark ich doch bin. Ihre dunkelbrauen Haare waren wie immer in einen strengen Zopf zusammengebunden. Ihre nussbraunen Augen schauten mich wartend an. Mein Blick war auf die Bilder hinter ihr gerichtet. Ich nickte zu den selbstgemalten Bildern und fragte sie: " Sind die Bilder von ihren Kindern?" Sie schaute mich überrascht an und drehte sie um. " Nein, die sind von meinen Enkeln. Obwohl ich selber nicht wirklich erkennen konnte, was sie da genau gemalt haben." Genau, deswegen mochte ich sie. Sie ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und war " normal". Bei den anderen drei Ärzten wusste ich, dass sie nur auf das großzügige Geld meiner Eltern aus waren. Dr. Schuhman lächelt mich wieder an und fragt, wie es mir geht. " Gut", doch als ich ihren Blick sah, setzte ich ein "den Umständen entsprechend. Aber ich glaube es geht mir wirklich etwas besser." hinzu. Sie sah mich lange prüfend an und sprach meine Hoffnung aus. " Ja, ich glaube auch.Luisa, ich möchte, dass du weißt das wir alle hinter dir stehen. Das du schon in den ersten beiden Therapiestunden so weit warst, ist wirklich eine Leistung u-"doch ich unterbrach sie. Ich konnte nicht mehr das ganze Lob aushalten. Ich habe alles falsch gemacht. Ich hätte es nicht tun sollen. Meine Augen brannten, als ich zurück dachte. Mein Herz fing schneller an zu pochen und meine Stimme zitterte als ich mit Tränen in den Aufgen erwiderte. " Sie verstehen es nicht. Es gibt keine Vergangenheit, keine Gegenwart und keine Zukunft für mich. Ich habe nicht nur mein Leben zerstört."  In ihrem Gesicht sah ich das aller erste mal Überraschung. Sie stand ruckartig auf und ging um den Schreibtisch herum und nahm mich in den Arm. Ihre Locken kitzelten an meiner Nase und ich roch ihr teures Parfüm, was wahrscheinlich von Dolce & Gabana ist. Dr. Schuhman löste sich zuerst aus der Umarmung und hielt mich an den Schultern fest. " Es war nie deine Schuld. Daran darfst du niemals denken. Hast du mich verstanden?" Ich nickte ganz leicht. Sie wollte wie es schien die Sitzung abbrechen, aber ich war bereit.  Ich habe jeden Tag, jede Sekunde daran gedacht. Es gab keine Tag und es wird auch keinen geben, bei dem ich nicht daran denke werde. Ich war bereit, es ihr zu erzählen. Alles zu erzählen von Anfang an. Das was ich gemacht habe. Das was er gemacht hat. Ich weiß nicht, ob es etwas ändern wird. Wahrscheinlich nicht.

 Ich konnte aber es nicht in mir halten. Die ganzen Erinnerungen überfluteten mich, wie das Wasser die Titanic. 

Genau wie die Titanic, würde ich sinken. 

Auf den Grund des Meeresbodens. Niemand könnte mich davor retten. Niemand kann wissen, was ich fühle. Niemand weiß, was ich getan habe. Was ich ihm angetan habe.

Promises are forever, arent they?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt