~twenty-six~

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Harrys Sicht:

24. Dezember 2019

Ich war noch immer etwas kurzatmig von meiner Panikattacke, als wir uns auf das Sofa setzten. Es war lange her, seit ich das letzte Mal sowas hatte. Sehr lange.

Aber jetzt war ich zu Hause, Joey war bei mir, meine Familie gut drauf und ich fühlte mich rundum pudelwohl. Mum war in der Küche verschwunden und bereitete gerade etwas zu knabbern vor.

   ,,Und du hast dir einfach mal ne neue Karre besorgt, oder was?“, sprach Gemma nun mich an, nachdem sie Joey vollgequatscht hatte.

   ,,Was? Nein, die gehört ihr“, ich deutete auf Joey, die gerade einen Schluck aus ihrem Glas nahm und aufschaute, wobei sie so unschuldig aussah, wie ein Babykaninchen.

   ,,Dir?!“, stieß Gemma überrascht aus. ,,Was bist du? Model? Schauspielerin? Sängerin?“

Joeys klare, warme Lachen erfüllte den Raum. ,,Nein. Ich bin Verlegerin. Sagt dir Concours-Publishing was?“

   ,,Ja klar. Ich habe einige von deren Büchern oben stehen, die sie rausgebracht haben. Gehört dir etwa der Laden?“

   ,,Ich bin stellvertretende Geschäftsführerin“, berichtigte Joey meine Schwester.

   ,,Wie alt bist du nochmal?“, fragte Gemma ungläubig.

   ,,Zweiundzwanzig“, sagte Joey ganz nebenbei.

Ich sah sie schräg von der Seite an.

   ,,Hm?“, machte sie einen auf unwissend.

Oh, Süße. Du wusstest, was ich meinte.

   ,,Egal. Kann ich mal kurz aufstehen?“, sagte ich dann.

Joey stand auf, damit ich ebenfalls aufstehen konnte, und setzte sich dann wieder neben meine Schwester. Ich schüttelte den Kopf. Frauen.

Mum stand an der Theke und schmierte gerade kleine Brote, als ich in die Küche kam.

   ,,Harry“, quietschte sie erschrocken.

   ,,Sorry. Kann ich dir helfen?“, bot ich ihr an.

Aus der Schublade holte ich mir ein Messer und begann dann auch, Brote zu schmieren.
   ,,Du hättest mich ruhig vorwarnen können, dass ihr herkommt. Dann hätte ich mich darauf vorbereitet, das schönste Mädchen zu treffen, das ich je gesehen habe. Neben deiner Schwester natürlich“, sagte sie irgendwann.

   ,,Tut mir leid, Mum. Wir sind ziemlich überstürzt aufgebrochen. Naja, geflohen trifft es wohl eher“, seufzte ich.

Mum sah mich fragend an.

   ,,Ihre Eltern sind zu ihr gekommen“, erklärte ich kurz angebunden.

   ,,Oh. Unerwartet?“

   ,,Kann man so sagen. Wir haben vergessen, den Wecker zu stellen und lagen dann im Wohnzimmer in einem Deckenhaufen. Ziemlich unglückliche Umstände, wenn du weißt, was ich meine.“

   ,,Oh…“, wiederholte sie sich.

   ,,Das kannst du laut sagen. Und dann sind das auch noch solche, die Joeys ganzes Leben durchgeplant haben. Die haben sogar eine genaue Vorstellung von ihrem zukünftigen Ehemann. Ihr Chef. Ausgerechnet der kreuzte dann auch noch da auf. Als wir da zusammenlagen. Das war so unangenehm“, ich vergrub mein Gesicht in den Händen.

   ,,Oh Gott. Das tut mir so leid“, meinte Mum und nahm mich in den Arm.

   ,,Sie ließen gar nicht mit sich reden und nannten mich einen Frauenaufreißer. Ja, okay. War ich mal, aber das ist kein Grund, so über mich herzumachen. Ich kann doch nun wirklich nichts dafür, dass ich mich in ihre Tochter verliebt habe, oder? Aber du hättest sehen sollen, wie Joey mich vor ihnen verteidigt hat. Sie hat mich vor ihre Eltern, ihre Familie gestellt. Stell dir das mal vor!“

   ,,Sie scheint dich wirklich zu lieben, mein Sohn“, sagte Mum und legte ihre Hand an meine Wange.

   ,,Ich sie auch.“

   ,,Oh, Harry. Ich freue mich so für dich. So viel gelächelt hast du lange nicht mehr.“

Mum nahm mich in den Arm. Ich wusste genau, worauf sie anspielte. Nach der Sache damals, war ich völlig am Boden gewesen, hatte mich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen und mich in meinem Zimmer, hier zu Hause, verschanzt.

Kaum schloss ich die Augen, sah ich wieder die ganzen Fans und Paparazzi, die vor unserem Haus campierten und uns das Leben noch schwerer machten.

Ich dachte nicht gerne an heute vor exakt vier Jahren. Es tat noch zu sehr weh, auch wenn Joey die restlichen Wunden geheilt und die meisten Narben verblassen ließ.

Joey tat mir gut. Und seitdem ich sie getroffen hatte, fiel es mir viel leichter, mein Leben zu genießen.

If I Could Fly ~A H.S. Lovestory~Where stories live. Discover now