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Harrys Sicht:

21. Dezember 2019

Noch nie hatte ich einer Frau so unkompliziert von mir erzählen können. Sie waren immer ausgeflippt, wenn sie gerafft hatten, wer ich war, oder viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Doch Joey war anders. Meine anfängliche Nervosität war fort, als wäre sie nie da gewesen. Ich hatte das Gefühl, ich konnte ihr vertrauen. Und das machte sie zu etwas besonderem. Bei keinem anderen Menschen hatte ich mich je so wohl gefühlt, obwohl ich sie ja gar nicht kannte. Und sie mich anscheinend auch nicht. Das war eine willkommene Abwechslung zu dem ständigen Gekreische der ganzen Fans. Ich liebte meine Fans, keine Frage, aber irgendwann brauchte selbst ein Harry Styles mal seine Ruhe.

   ,,Es wäre schade, wenn du nicht zu ihnen könntest“, stimmte Joey mir zu.

Ich nickte und spielte an meinem Pullover herum. ,,Da hast du recht. Aber wenn es nicht geht, dann telefoniere ich einfach mit ihnen.“

Eine Zeit lang schwiegen wir. Keine unangenehme Stille. Musik lief im Hintergrund und jeder hing seinen Gedanken hinterher. Dann kamen die Nachrichten:

   ,,Guten Abend und herzlich willkommen zu AllAroundRadio1 mit Tom Jankings. Gehört haben Sie gerade 7 Rings von Ariana Grande. Jetzt folgen die Nachrichten um zwanzig Uhr.“

Schon so spät? In fünfzehn Minuten hätte mein Interview bei James sein sollen. Verdammt, Jeffrey würde im Dreieck springen, wenn ich dort nicht auftauchte. Ich sah aus dem Fenster. Immer noch war alles, was man sah, weiß. Wie sollte ich also dorthin kommen?

Der Radiosprecher erzählte etwas von Politik und Schauspielern. ,,Soeben haben wir eine bedauernswerte Nachricht erhalten. Alle, die eine Karte für Late Late Show von James Corden haben, tun mir leid, wenn ihr sie wegen ihm gekauft habt, denn, wie ich gerade erfahren habe, fällt Harry Styles‘ Auftritt heute ins Wasser. Oder besser gesagt in den Schnee. Sein Management berichtete uns, dass der Musiker wohl eingeschneit ist. Er ist nicht zu erreichen und wird deshalb auch nicht auftreten können. Sie bitten um euer Verständnis, liebe Zuhörer, denn es kann ja bekanntlich jedem passieren.“

Jetzt fühlte ich mich schlecht. Nicht nur, weil ich meine Fans enttäuscht habe, sondern auch, weil James sich schon so auf ein Interview und die Party danach gefreut hatte. Bedrückt schaute ich aus dem Fenster und verfluchte den Schnee, das Wetter, mich selber, weil ich ja unbedingt Joggen gehen musste.

   ,,Kommen wir jetzt zum Wetter. Die nächsten Tage werden ziemlich stürmisch. Ein gewaltiges Sturmtief kommt auf dem Norden auf uns zu und zieht in den nächsten Stunden direkt über London hinweg. Der Flugverkehr liegt bereits lahm. Uns erwarten Schneestürme, Orkanböen und niedrige Temperaturen wie lange nicht. Bis zu minus zwanzig Grad heute Nacht und auch morgen wird es nicht besser aussehen. Wir raten euch, euch mit Lebensmitteln einzudecken, solange es noch geht. Bleibt zu Hause, denn es wird mehr als ungemütlich werden. Das war das Wetter. Nehmt euch unseren Rat zu Herzen und einen schönen Abend noch wünscht euch Tom Jankings vom AAR1.“

Konnte es denn noch schlimmer werden?! Verzweifelt ließ ich den Kopf mit einem leisen Rumsen auf die Tischplatte fallen.

   ,,Man gut, ich habe alles, was man so braucht“, seufzte Joey. ,,Alles klar bei dir?“

Ich schüttelte den Kopf. ,,Nein, ich hatte heute noch einen wichtigen Termin.“

   ,,Oh.“

   ,,Ja.“

   ,,Und jetzt?“

   ,,Keine Ahnung.“

Joey zog grüblerisch die Augenbrauen zusammen. ,,Was war das für ein Termin?“

Unschlüssig, ob ich es ihr erzählen sollte, trommelte ich mit den Fingern auf dem Tisch herum.

   ,,Ein Interview bei einem Kumpel von mir. Ich sollte meinen neuen Song rausbringen."

   ,,Meinst du, du kannst es auch per Facetime machen?“

   ,,Weiß nicht. Singen kann ich dann ja aber schlecht“, sagte ich mit einem kleinen Lachen.

   ,,Da hast du recht. Aber du könntest ja ein wenig mit ihm quatschen, meinst du nicht?“

Joey war echt genial. Ich wäre im Traum nicht mal darauf gekommen, James einfach zu facetimen.

   ,,Kann ich dafür dein Handy nochmal ausleihen? Ich weiß gar nicht, wie es passieren konnte, dass ich meins zu Hause vergessen habe“, fragte ich.

Sie nickte und reichte mir ihr Handy. ,,Hier. Der Code ist zehn, drei, fünf, acht, sechzehn. Nimm es dir einfach, wenn du es brauchst. Ich lass dich dann mal allein.“

   ,,Danke, Joey. Ist lange her, dass ich mal einen so netten Menschen getroffen habe“, bedankte ich mich und sah ihr nach, als sie die Küche verließ.

Ich holte tief Luft und wählte über Facetime dann James Nummer. Es klingelte und ich hockte mich auf den Stuhl mit dem Rücken an die Wand.

If I Could Fly ~A H.S. Lovestory~Where stories live. Discover now