ZWEI

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Ich öffnete die Tür zur Cafeteria und sah die verschiedenen Schülergruppen an großen rechteckigen Tischen sitzen. Noch immer hingen die selben Plakate und Fahnen an den Wänden. Das große Schulwappen, welches ein Tiger Kopf darstellte war mit grellen Farben auf die Fließen gezeichnet. Es roch noch immer nach halbwegs gutem Kantinenessen und noch immer sah man kleine Staubpartikel durch die Luft fliegen, welche durch die herein scheinende Sonne sichtbarer wurden. Es schien sich nichts verändert zu haben, während meine Welt vollkommen stehen geblieben war. Die Schulgemeinschaft war noch immer in Kategorien geteilt. Die Basketballer, die Cheerleader, die Streber, die Musiker und die Nerds. Doch es war genau diese Gruppenbildung, welche es mir leichter machte meine alten Freunde zu finden. Sie waren Nerds und würden wohl auch immer welche bleiben. Ich erinnerte mich zurück an die vielen D&D Abende, welche Billy so schrecklich dämlich fand, doch er sagte nichts dagegen. Meinetwegen.
Ich lief durch den breiten Gang in der Mitte der Halle und war bereits gut darin die Blicke der Schüler zu ignorieren und das Getuschel einfach zu überhören. Ich war all dies bereits gewohnt. Schon seit einem Jahr war ich damit beschäftigt das Mitleid von meinen Schultern zu klopfen. Mitleid, brachte ihn mir nicht zurück. Und würde es auch nie tun.
Schon von weitem erkannte ich die Gruppe. Meine Freunde. Ich erkannte sie. Jeden einzelnen von ihnen. Mike, Will, Lucas, Dustin, Elfi und Billys kleine Schwester Max. Sie alle saßen an einem der großen Tische, hingen über ihrem Essen und waren vertieft in ein Gespräch. Sie waren glücklich. Besonders über das Lächeln von Max, war ich erleichtert. Ihre langen roten Haare fielen in ihr sanftes Gesicht während sie schmunzelnd ihren Freund anblickte. Lucas schien sie aufgefangen zu haben. Seine Liebe hat sie gerettet, vor dem schwarzen Loch in das ich gefallen war.
Steve, Nancy, Jonathan und Robin hatten bereits ihren Abschluss gemacht und jobbten sich durch verschiedene Berufe, hier in der Stadt. Nur Nancy war ihrem Traum vom Journalismus treu geblieben. Sie arbeitete mittlerweile für eine gut laufende Zeitung hier in Hawkins.
Für einen kurzen Moment hielt ich inne. Seit einem Jahr verhinderte ich jegliche Kontaktversuche meiner Freunde. Immer wieder standen sie vor meiner Tür, riefen mich auf dem Telefon an oder schrieben mir Briefe. Sie sorgten sich um mich. Sorgten sich um das Loch in das ich fiel. Doch wollte ich keine Nähe, keine Stimmen hören, keine Menschen um mich herum haben. Ich wollte alleine sein mit meinen Gedanken und Erinnerungen. Nie hörten sie auf, sich um mich zu sorgen. Noch heute schickten sie einmal die Woche einen Brief. Das war normal bei uns, wir waren eine Familie. Ein schlechtes Gewissen überkam mich und ich dachte zurück an die gemeinsamen Momente, das Glück und den Schmerz den wir gemeinsam durchgestanden hatten. Das Verschwinden von Will, das Entdecken des Upside Downs, die Kräfte von Elfi, den Kampf gegen den Demogorgon und den Mindflayer. Den Tod von Billy. Ich fragte mich ob sie mich nach all der Zeit überhaupt noch ansehen konnten, als Teil der Familie. Ich nahm meine Kopfhörer ab und verstaute sie in meiner Stofftasche die lässig über meiner Schulter hing. Mit zusammen geballten Fäusten lief ich auf den Tisch zu.

„Hey."

Sie blickten auf und ich sah das Erstaunen in ihren Gesichter, als sie für einen Moment überlegten ob ich eine Einbildung sein könnte.

„Ich weiß, ich-"

Ruckartig sprangen sie auf und rissen mich in eine große Gruppenumarmung. Mein Herz machte einen kleinen Satz, seit langem wurde ich nicht mehr berührt und seit langem spürte ich keinen Funken mehr von Liebe. Doch die vielen Erinnerungen in meinem Kopf erinnerten mich daran, was ich für diese Menschen empfand.

„Ich bin so froh das du wieder da bist."

Dustin sah mich mit einem großen Lächeln an. Er war erwachsener geworden, größer. Nun war er größer als ich. Seine braunen Locken versteckte er noch immer unter einer Kappe und seine vordere Zahnlücke war zugewachsen. Doch sein Lächeln war noch immer so ehrlich und liebevoll wie früher. Er zog mich neben sich auf die Bank und sie begannen mich mit Fragen zu bombardieren.

„Lasst sie doch erstmal ankommen."

Will sah mich mit großen Augen an. Ich unterdrückte ein Schmunzeln und begutachtete seine Frisur.

„Du bist Deiner Topf-Frisur treu geblieben."
„Natürlich, was denkst du denn?"

Will strich sich lachend durch die glänzenden hellbraunen Haare. Es war viel Zeit vergangen seit seinem Verschwinden im Upside Down und doch merkte man immer die Spuren noch immer an. Er war ruhiger, vorsichtiger.

„Wie geht es dir?"

Elfis ruhige Stimme war leicht zu erkennen und ich war überrascht darüber, wie gut ihre Sprache geworden war. Vor einem Jahr sprach sie nicht mehr als einen zusammen geworfenen Wörterhaufen. Auch ihre Haare waren länger geworden und sie band sie am Oberkopf zu einem schönen Zopf zusammen, welcher ihre Locken besser zur Geltung brachte.

„Ich freue mich euch wieder zu sehen."

Die Gruppe schwieg für einen Moment. Sie wussten ich beantwortete diese Frage nicht, nie. Ein Schatten legte sich auf die Tischplatte und ich schaute auf.

„Oh, jemand Neues. Hey, ich bin Eddie."

Ein großer Junge mit einer Mähne aus schwarzen Locken, streckte mir lächelnd seine Hand entgegen.

HELLFIRE || Eddie Munson FanfiktionWhere stories live. Discover now