57. Die Katakomben von Orvieto (2)

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Wie bitte? Hier ist doch nichts! Fragend sehe ich die beiden Jungs an. Die zucken nur unschlüssig mit den Schultern. Wenn die App sagt, dass wir hier unsere Koordinaten erreicht haben, dann wird das wohl stimmen.

„Ich hab keine Lust, auf so ein Geocashing-Erlebnis, wo wir das Ziel erst suchen müssen", meckert Pietro, „Signor Lombardini, wie heißt ihre App? Ich probiere es mal mit dem iPhone." Ich verdrehe die Augen. Als ob ein iPhone zu einem anderen Ergebnis führen würde. Aber wenn er es unbedingt möchte, soll er es eben probieren. Pietro tippt auf seinem Handy herum, während wir anderen unschlüssig stehen bleiben. Hier ist wirklich nichts, nur ein freier Platz. Auf der einen Seite grenzt er an eine Kirche, auf der anderen an Wohnhäuser.

Lucca beschließt, sich die Klingelschilder dieser Wohnhäuser anzusehen. Schon bald kommt er zurück und zuckt ratlos die Schultern. „Nichts zu finden, aber ich glaube sowieso kaum, dass der Gute noch Falcini heißt", meint er. Pietro hat währenddessen eine passende App auf dem iPhone gefunden, in die er die Koordinaten eintippt. Er läuft kreuz und quer über den Platz, bis er schließlich zu uns zurück kommt.

„Nein, hier ist es richtig", stellt er fest und seufzt tief, „vielleicht liegen wir ja falsch, was die Koordinaten betrifft." Auch mein Vater lässt enttäuscht die Schultern hängen. „Ich habe so sehr daran geglaubt, dass das richtig ist. Es konnte nur hier sein. Vielleicht müssen wir einen der anderen Orte ausprobieren."

Da vibriert Pietros Handy plötzlich. „Ah Fuck", flucht er, „das ist mein Vater. Der versucht schon den ganzen Tag, mich zu erreichen. Vermutlich fragt er sich, wo wir bleiben." Da überkommt es mich heiß und kalt. Der Ausflug, den wir mit dem Geheimbund machen sollten. Giacomo wollte mit uns nach Apice fahren, um mit den Elementen zu experimentieren. Nach den Ereignissen gestern Abend habe ich das vollkommen vergessen.

Pietro sieht mich an. Nun ist es auch an mir zu seufzen. Pietro und ich können uns auf etwas gefasst machen, wenn wir zum Geheimbund zurückkehren. Falls wir Leonardo heute nicht finden, wie sollen wir dann erklären, wo wir waren? Das gibt nur Stress. Darüber möchte ich mir jetzt allerdings noch keine Gedanken machen.

„Geh nicht dran!", weise ich Pietro an, „wir sind hier noch nicht fertig!"

„Das glaube ich leider schon", meint Pietro, „hier ist doch absolut nichts."

Wütend schnaube ich. Ich bin nicht den weiten Weg bis hierher gekommen, um nun aufzugeben. Mein Vater hat sich schließlich in den letzten Jahren mit Leonardos Aufenthaltsort beschäftigt, weshalb ich glaube, dass er auf der richtigen Fährte ist.

Aber er scheint nicht so optimistisch zu sein wie ich. Vielleicht hat er zu lange auf diesen Moment hingearbeitet, um nun glauben zu können, dass er tatsächlich das Ziel erreicht hat. Er atmet nur einmal tief ein, was ein bisschen so wirkt, als würde er sich ergeben.

„Na kommt Kinder", sagt er, „ich lade euch noch auf ein Eis ein, dann bringe ich euch nach Hause zurück." Für meinen Geschmack gibt er ein bisschen zu früh auf. Ich will noch nicht gehen und vor allem möchte ich kein Eis essen. Das kann es jetzt doch nicht gewesen sein!

Widerwillig folge ich den Männern. Plötzlich fällt mir etwas auf. „Stopp!", rufe ich. Die drei bleiben wie angewurzelt stehen. „Was ist denn?", fragt Lucca.

„Ich habe etwas gesehen." Langsam beuge ich mich zu dem dunklen Steinboden hinab. Tatsächlich, hier ist es. In einen der Pflastersteine hat jemand drei Buchstaben graviert. MIV. Maria Iana Vecca. Meine Augen scannen den Boden. Ein paar Meter weiter ist ein zweiter davon. Auch hier hat jemand MIV eingraviert. Mit dem Blick starr auf den Boden gerichtet folge ich den Steinen. MIV. Immer wieder. Ich werde schneller, übersehe einen Stein und muss ein paar Meter zurück laufen, um den nächsten Hinweis zu sehen. Da, MIV an einer Hauswand. Vermutlich bedeutet das, dass wir diese Straße einschlagen sollen. Ich werde schneller. Die anderen rennen mir regelrecht hinterher.

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