65. Kampf der Elemente (2)

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Mich trifft ein harter Schlag in den Bauch. Ich werde von einer Druckwelle zurückgeworfen. Wie ich aufschlage, spüre ich gar nicht wirklich. Das nächste, was ich mibekomme ist, dass ich auf dem Rücken liege und alle Luft aus meinen Lungen gewichen ist. Übelkeit steigt in mir auf. Zusammen mit einem stechenden Schmerz, den ich nicht genau lokalisieren kann. Quälend langsam wälze ich mich auf den Bauch. Dann würge ich, als wollte ich alles loswerden, was in mir ist, doch ich übergebe mich nicht. Wellen von Schmerzen rauschen durch meinen Körper. Nur ganz langsam klingen sie ab. Obwohl meine Lungen nach Luft schreien, versuche ich so flach zu atmen, wie ich kann.

Von meinem Umwelt nehme ich nichts wahr außer Rauch, verschwommene Umrisse und einen hohen, schneidenden Piepton. Stöhnend schließe ich die Augen. Auf meiner Netzhaut erscheint ein grelles, leuchtendes Nachbild. Meine Finger krallen sich in den Dreck am Boden. Ich will einfach nur, dass es aufhört. Wenn wenigstens dieses grässliche Piepen endlich verstummen würde. „Brionny!", höre ich jemanden von weit entfernt rufen. Die Stimme dringt leise und dumpf zu mir durch. Ich öffne die flatternden Augenlider.

Wieder höre ich wie jemand meinen Namen ruft. Von wo die Stimme kommt, kann ich nicht sagen. Vorsichtig drehe ich den Kopf, um mich umzusehen. Obwohl der Rauch sich lichtet, kann ich nur wenig erkennen. Dann steht plötzlich Kate vor mir. Ihr rundes Gesicht ist dreckig und verschwitzt, doch ihr scheint es deutlich besser zu gehen als mir und dem ersten Blick nach ist sie unverletzt. Hektisch beugt sie sich zu mir hinab und schließt mich in ihre Arme. Ein scharfer, stechender Schmerz zerreißt meinen Brustkorb.

„Bist du okay?", fragt Kate und lässt endlich von mir ab. Sofort verschwindet der Schmerz zwischen meinen Rippen. Ich nicke nur lahm. Eigentlich möchte ich sie fragen, wie es ihr geht, aber ich bekomme kein Wort heraus. Es ist, als wüsste ich nicht mehr, wie man spricht. „Alles gut", lalle ich mit schwerer Zunge. Kate streckt mir auffordernd die Hände entgegen. Ich ergreife sie. Mit aller Kraft, die noch in mir steckt und zitternden Knien, stemme ich mich an meiner Schwester hoch. Sobald ich stehe, fühlt es sich an, als würden alle Erschöpfung und Schmerzen an mir heruntergleiten und am Boden zu meinen Füßen liegen bleiben. Erleichert atme ich auf. Erst jetzt kann ich mich richtig umsehen. Der Rauch der Explosion hat sich zum größten Teil aufgelöst.

Der Erste, den ich von den anderen sehe, ist Lucca. Er sitzt auf dem Boden und reibt sich die Schläfen. Wie es aussieht, ist seine Kopfplatzwunde wieder aufgerissen, denn das Pflaster, das auf seiner Stirn klebt, ist durchgeblutet. Neben ihm stolpert Philippe hustend und nach Luft schnappend über seine Füße. Er wirkt ziemlich desorientiert und so als wüsste er nicht wirklich, wo er gerade ist. Alessia läuft schnellen Schrittes von der Seite auf ihn zu und nimmt ihn flüchtig in den Arm. Dann schiebt sie ihn von sich weg, um zu sehen, ob bei ihm alles in Ordnung ist.

Mein Blick gleitet zur anderen Seite der  Schlucht hinüber. Dort stehen noch immer die Cinquenti. Alle vier wirken völlig unbeeindruckt, so als hätte die Explosion ihnen gar nichts ausgemacht. Trotzdem machen sie keinerlei Anstalten, uns noch einmal anzugreifen. Mit steifen, emotionsleeren Gesichtern starren sie zu uns hinüber. Unter Emmas Arm klemmt ein dunkler Stoffbeutel. Als sie sich ruckartig bewegt, wirkt es, als wollte sie jeden Moment davonlaufen.

„Rückzug!", brüllt Hector, „gemeinsam sind sie mächtiger als wir. Rückzug!!!"

Kaum dass er das sagt, drehen sich die Cinquenti um und rennen los. Ich kann nicht glauben, was ich sehe. Sie fliehen tatsächlich. Fast schon so, als könnten wir ihnen etwas antun. Dieser Gedanke ist vollkommen absurd. Die Cinquenti haben diese Schlacht gewonnen. Warum laufen sie nun also davon? Es wäre ihnen doch ein Leichtes gewesen, uns anzugreifen und die Elementträger ein für alle Mal zu besiegen. Das, was gerade passiert, ergibt keinen Sinn.

Die ElementeWhere stories live. Discover now