Zuhause

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  Müde sprang ich vom Pferd, nachdem wir im Hof des Herzens vom Düsterwald ankamen. Etwas irritiert blickte der stolze Elbenkönig drein, als ich seine auffordernde Hand, um mir von seinem Schimmel zu helfen, vergaß. Ich versuchte ihn anzulächeln, doch es schien eher einer Grimasse gleichzukommen, denn durchaus bemerkte ich sein amüsiertes Flackern in den Augen, auch wenn er seit wir seine Wälder passiert hatten, einen gleichgültigen Ausdruck angenommen hatte.

  Erst war ich irritiert, glaubte naiver Weise, ich hätte etwas Falsches getan, doch ich vermutete nun, dass es einem Spiel, einer Rolle, glich. Einer Rolle in Form des stolzen und hohen Königs über die Wälder seines Reiches. Trotzend und Unbarmherzig gegenüber seinen Feinden, als Maske, um zu schützen, was ihm lieb und teuer war; seinem Reich, seines Volkes und seiner Familie. Eine Rolle, die er zu gerne in Kauf nahm, wie ich realisierte, als er mir seine behandschuhte Hand auf den Rücken legte und kommentarlos, Seite an Seite, mit erhobenen Haupt in seine Hallen schritt.

  Ich konnte nur verstohlen aus dem Augenwinkel beobachten, wie die Menschen in den großen Hallen und den langen Stegen ehrfürchtig, aber doch freundlich und mit einer gewissen Bewunderung in den niedergeschlagenen Augen und gesenkten Häuptern entdecken konnte. Faszinierend. Egal, wie schlecht und griesgrämig sie manchmal hinter vorgehaltener Hand über ihren König sprachen, konnten doch ihre meist blauen und grünen Augen, seltener braun, nicht lügen. Sie waren ein Tor, ein Einblick, in ihr Wesen, welches nur die wenigsten, einschließlich des Königs, hervorragend verschließen konnten, wenn es ihnen beliebte.

  >> Wo willst du hin? <<, eine Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Ich blickte mich um, ehe ich bemerkte, dass Thranduil an einem Gang stehengeblieben war und mich fragend musterte. Niemand war hier, sodass auch er wieder etwas entspannter, aber immer noch stets bedacht, war.
  >> In meine Räume, oder sind sie es nicht mehr? <<, und deutete tiefer in den leicht dunklen Gang, der nahen Abenddämmerung. Ich beobachtete, wie er leicht seine Stirn kraus zog, bis Thranduil mit großen, langsamen Schritten auf mich zukam und schließlich vor mir stehen blieb.
  >> Du gehörst jetzt zu mir. Natürlich kommst du mit mir, in meine Gemächer. Außer du wünschst dir mehr Abstand, dann kann ich auch noch etwas Warten. <<
  Leicht legte ich den Kopf in den Nacken, um dem großen Elben in die hellblauen Augen zu blicken. Ich zuckte mit den Schultern.
  >> Ich habe schon das Bett mit dir geteilt und mich die hingegeben. Ich denke es sollte mich nicht länger stören bei dir zu bleiben.<<
  Eine Weile noch schaute er mich prüfend an, bevor er nach meinem Handgelenk griff und mit mir aus dem leeren Gang schritt.

  Seine Räume lagen relativ dicht an meinen, nur ein oder zwei Gänge weiter. Dieser hier, war jedoch aus hellem Stein mit zahlreichen Wandbildern und Fackeln geschmückt. Außerdem waren an dem Gang zwei Wachen postiert, dessen Gesichter unter dem schillernden Gold des Helmes und der Rüstung in den Schatten lagen.

  Sie rührten sich nicht, als wir an ihnen vorbei gingen, um kurz darauf in das große Vorzimmer des Königs einzutreten. Schlichter, als ich es in Erinnerung hatte, war der Raum gestaltet. Lediglich ein paar Samtstühle aus hellem königsblau, wie ein großer Holztisch, aber auch das ein oder andere Sofa zierten das Zimmer. Von diesem Raum gingen drei große Türen aus, durch die Eine mich nun Thranduil schob.

  Dieses schien sein Schlafzimmer zu sein. Ein großes Himmelbett aus grünen Stoffbahnen schmückte den Raum, wie der große Balkon, der fast die gesamte Wandbreite einnahm, und zwei Sessel mit einem kleinen Beistelltisch dekorierten die hellen Wände aus zarten Holztäfelungen auf denen ebenfalls kleine Bilder eingelassen worden waren.

  Eine plötzlich fehlende Wärme breitete sich auf meinem Rücken aus, weshalb ich mich suchend nach Thranduil umdrehte. Dieser Schritt nun auf eine der zwei weiteren Türen in seinem Schlafzimmer zu, ehe er sie öffnete und er Eintritt. Ich blieb einfach stehen und wartete, da ich nicht wirklich wusste, ob ich ihm folgen sollte und wollte. Zu müde waren noch immer meine ächzenden Glieder, weshalb ich mir den Weg, egal wie lang oder kurz er auch sei, einsparen wollte.

  Kurz darauf kam er wieder heraus, jedoch ohne seine Lederhandschuhe und nur noch in Rüstung. >>Wie kommst du aus der raus?<<, fragte ich etwas unbeholfen, um irgendetwas zu sagen und die langanhaltende Stille, seitdem kurzem Gespräch auf dem Pferd zu vertreiben.
  >> Einige meiner Diener, die mir beim ankleiden helfen, gehen mir zur Hand. <<
  >> Wie? Du ziehst dich etwa nicht alleine an, oder trägst etwas, dass dir gefällt? <<, fragte ich leicht amüsiert. Ich konnte mir nur schwer vorstellen, wie der König vor seinem Kleiderschrank stand und nicht wusste, was er anziehen sollte, geschweige denn wie.
  >> Ich trage durchaus, dass was mir gefällt, jedoch ist es kompliziert die vielen Stoffschichten alleine anzulegen, oder wenigstens so, dass sie richtig sitzen. <<
  Ich grinste leicht, als ich nickte, um ihm zu verstehen zu geben, dass ich verstand. Nun überwand er die letzten paar Schritte zwischen uns und hob mit einer Hand mein Kinn leicht an. Ich versuchte mein Grinsen zu unterdrücken, doch er hatte meine Belustigung durchaus bemerkt. Gefährlich nahe kam er mir mit seinem viel zu hübschen Gesicht und streifte leicht meine Lippen. Ich rechnete fast damit, dass er mich küssen würde, als er vorsichtig mit seinen schmalen Lippen über meine fuhr. Doch er zog sich provozierend langsam zurück und blickte mich herausfordernd an.
  >> Du solltest ein Bad nehmen. Das Wasser ist sicher schon eingelaufen. <<, sagte er stattdessen und deutete auf die Zimmertür hinter ihm. Missbilligend zog ich die Augenbrauen hoch.
  >> Willst du etwa sagen, dass ich stinke?<<
  >> Das würde ich nie sagen. Jedoch klebt an dir schon seit Tagen Dreck und Blut. Ich dachte, ich biete dir ein Bad an, bevor wir zu Abend essen und erfülle somit die Pflichten eines fürsorglichen Elben gegenüber seiner Dame. <<

  Ich blickte ihn nochmal kurz an, wie er in dem Raum stand. In seiner blutbesudelten Rüstung und dem leicht verknoteten, langem Haar, die Ruhe und die vollkommene Reglosigkeit, darauf wartend, dass ich reagierte. So schritt ich einfach an ihm vorbei, schloss die Tür zu dem Badezimmer jedoch nicht.

  Tatsächlich war das Wasser schon fast in die große Wanne eingelaufen, in denen sogar kleine Seifenblasen schwammen. Ich wusste nicht, ob Thranduil noch an der ein und der selben Stelle stand, wo ich ihn zurückgelassen hatte, oder ob er sich selbst seiner Rüstung entledigte, als ich mühselig die dreckige Kleidung abstreifte und schließlich nackt vor die große Mamorwanne schritt. Es roch leicht nach Kiefern und Zimt, als ich vor der Wanne  zum Stehen kam und vorsichtig ein Bein hineingleiten ließ. Es war wirklich herrlich. Wie lange war es schon her, seitdem ich mich das Letzte mal wirklich gewaschen hatte? Seit dem Sternenlichtsfest? Oh Gott... das war ja schon ewig her gewesen.

  Angeekelt über das Gefühl der Unreinheit meines Körpers, ließ ich mich nun vollends in das warme Wasser gleiten. Erleichtert stöhnte ich auf und schloss die Augen. Zu schön war das Gefühl des warmen, noch wabernden Wasser um und über meinen Körper, der sich gleich etwas mehr entspannte.

  Einige Atemzüge später öffnete ich wohlig die Augen und blickte geradewegs in meine liebsten hellblauen Augen, die mich gebannt anstarrten. Verschmilzt lächelte ich, als ich Thranduil im Türrahmen gelehnt sah, reglos und starr, mit großen Augen.

Thranduil FF || DIE BESTIMMUNG - Mond und SterneHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin