Im Zelt

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Ich lief bereits an einigen Zelten vorbei, doch ich war mir nicht mehr so sicher, wo er sein Eigenes hatte. Ich war vorhin einfach blindlings irgendwo langgegangen und schlussendlich dann doch vor meiner Zeltöffnung gestanden.
Dass es dunkel war, war auch keine besonders große Hilfe. Es war bestimmt schon mitten in der Nacht, vermutete ich. Was, wenn er bereits schlief? Ich musste es wohl herausfinden.

Nach einigem Umherirren, wobei mir schwaches Licht aus so manchem Zelt den Weg wies, stand ich nun doch vor dem großem Zelt. Zwei Soldaten flankierten die Seiten des geschlossenen Zelteingangs und blickten in die Ferne.

>> Könnten Sie den König fragen, ob er kurz Zeit für mich hat? << fragte ich die Beiden freundlich. Ich war mir sicher, dass sie mich nicht einfach reinlassen würden und wollte nicht mitten ins Zelt hineinplatzen.

Beide musterten mich kurz, ehe einer von ihnen in das Zelt eintrat. Der Andere musterte mich kritisch, als sein Genosse mir den Eingang des Zeltes einen Augenblick später offen hielt, sodass ich eintreten konnte. Erst zögerte ich, aber ich gab mir einen Ruck.

Im Zelt, wo nun mehrere kleine Öllampen angezündet waren, war es angenehm schummrig. Nicht zu hell und nicht zu dunkel, dabei noch angenehm warm. Als ich nun meinen Blick durch das Zelt schweifen ließ, wurde die Zeltöffnung hinter mir wieder zugezogen.

Thranduil saß auf dem außergewöhnlich, verzierten Stuhl. Er schien mit den Karten gearbeitet zuhaben, denn sie lagen alle etwas unordentlich auf dem Tisch, wie ein heller, funkelnder Stein. Er schien aus sich raus zu leuchten, nahm ich an, sodass ich nur schwer meinen Blick von dem Juwel lösen konnte.

Thranduil musterte mich, als ich näher kam und schlussendlich einige Schritte vor seinem Tisch stehen blieb. >> Was möchtest du? << fragte er mich. Seine Stimme klang nicht kalt oder genervt, als er mit mir sprach. Anders. Ungewöhnlich ruhig. >> Ich wollte eigentlich nur fragen, ob du kurz Zeit hast, aber du scheinst anderweitig beschäftigt zu sein. << gab ich etwas unbehaglich zu. Er wandte den Blick kurz ab, um auf seine Karten zu schauen. Verharrte kurz und bedeutete mir mit einer Hand auf dem Holzschemel neben dem kleinem Beistelltisch mit seinem Wein platz zunehmen. Ich folgte seiner Aufforderung.

>> Niemals genug, wenn du da bist. << sprach er mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen und stand auf. Er kam auf mich zu, oder eher zu dem Beistelltisch neben mir. Er schenkte in zwei Kelche etwas von dem Wein ein und reichte mir einen. Dankend nahm ich ihn an, wobei er seine Finger nicht sofort zurückzog, sondern sie die Meinen kurz streiften. Ich lächelte ihn leicht gequält an, um meine plötzliche Verlegenheit zu überspielen.

Nun stand er wenige Schritte vor mir an den schweren Schreibtisch gelehnt und schwenkte willkürlich sein Getränk, als ich nur an dem Meinem kurz nippte. Der Wein schmeckte immer noch so köstlich, wie als hätte ich ihn das erste Mal getrunken, weshalb mir gleich etwas behaglicher wurde.

>> Weshalb bist du hier Arien? << fragte er mich nun, während seine Aufmerksamkeit wieder mit galt. Nervös zog ich mir einige Hautstreifen von meiner Unterlippe, welches er sofort bemerkte.

Doch nach kurzer Zeit der Stille zuckte ich unwillkürlich mit den Schulter und entschloss mich ehrlich zu sein. >> Ich weiß nicht... mein schlechtes Gewissen hatte mich geplagt, sodass ich nicht schlafen konnte. << gab ich zu. Sein Blick wandelte sich zur Überraschung um.
>> Schlechtes Gewissen? Weshalb? << fragte er ehrlich interessiert. Ahnte er es etwa nicht? >> Ich hatte dich vor wenigen Stunden stehen gelassen. << erinnerte ich ihn. Thranduils Lippen kräuselten sich leicht. >> Wenn einer ein schlechtes Gewissen haben sollte, dann ja wohl eher ich, als du. <<

Ich sah ihn interessiert an, als er fortfuhr.
>> Du hattest recht. << gab er mir mit leicht hängendem Kopf zu verstehen. >> Womit?<< hakte ich nach.

Es war das erste Mal, dass ich ihn um Worte ringen sah. >> Ich... << setzte er an, doch brach gleich wieder ab. Kurze Zeit später sah er wieder auf und betrachtete mein Gesicht, während er sein Weinkelch auf den Schreibtisch, neben den funkelnden Stein stellte. Der König schluckte schwer, als er es nochmal versuchte. >> Du hattest mit allem recht. Mit meinem Verhalten dir gegenüber. Ich war... Es war kompliziert. Es tut mir Leid... vom Herzen. Ich verspreche dir, es kommt nie wieder vor, dass ich dich auf deine Gemächer verbanne oder dich herablassend behandle. Ich hatte nur einiges falsch verstanden und die Weitsicht verloren. << gestand er mir. Ich sah ihn doch recht verwundert an, denn damit hatte ich nun doch nicht gerechnet.

>> Danke. << hauchte ich. Mein Kopf noch zu voll mit seinen Worten. Doch bevor ich meinen Mund davor bewahren konnte, musste ich es wissen. >> Warum hast du deine Weitsicht verloren? << Thranduil musterte mich, ehe er antwortete. >> Ich war aufgebracht und hatte nicht nachgedacht.<< Ich betrachtete ihn kurz, wie er sich in die Tischplatte krallte, schon das weiße seiner Knochen hervorkommend. Doch nun wandte sich mein Blick über seine Robe nach oben zu seinen strahlend blauen Augen. Sie waren wahrlich wunderschön. Ich hätte sie Stunden anstarren können, doch nun stieß er sich vom Tisch ab und kam langsam auf mich zu, sodass ich aufstand.

Er ließ sich Zeit. Fast so, als würde er mir die Gelegenheit geben zurückzuweichen, doch das tat ich nicht. So kam er mir so nahe, dass ich ihn, wenn ich eine Hand ausstrecken wollte, berühren konnte. >> Weißt du... << fing er etwas heiser an, bevor er mit leicht gesenkter Stimme fortfuhr. >> Ich hatte Angst dich zu verlieren. Die Wochen mit dir im Schloss waren die Schönsten in meinen letzten 500 Jahren gewesen. << Überrascht sah ich ihn an, sodass er leicht lächelte. So alt war er? 500 Jahre oder sogar noch älter? Doch anstatt danach zu fragen erwiderte ich ebenso etwas leiser. >> Mir hatten die Wochen auch sehr gefallen. <<

Nun wurde sein Lächeln doch etwas breiter, als er mir flüchtig meine nach vorne gefallenen, braunen Haare hinter eines meiner spitzen Ohren strich. So schnell, wie die Hand aber gekommen war, verschwand sie aber leider auch. Fast schon etwas enttäuscht über die viel zu kurze Begegnung sprach ich weiter.
>> Besonders der Ausritt zu dem Tal mit den hohen Bergen. <<

Thranduil lächelte. Er erinnerte sich noch gut an den Ort, wo die Blumenhügel im tiefen Tal wuchsen. Es hatte ihm Freude bereitet Arien seine besonderen Stellen im Königreich zu zeigen. Jedes Mal lächelte sie ihn an, sodass sich sein Herz erwärmte, wenn er sie an neue Orte brachte. Doch an diesem Tag kam sie aus ihrem Erstaunen nicht mehr heraus. Wie sie über die Wiesen und später in den angrenzenden kleinen Wald schritt, wo die großen, weißen Blumen wuchsen, folgte er ihr mit Freuden. An diesem Tag fühlte er sich endlich wieder lebendig. So gerne hätte er Arien berührt. Er erinnerte sich noch gut an das Gefühl, gegen das er so stark angekämpft hatte, bis er ihr dann doch eine der lila Blumen hinters Ohr gesteckt hatte, da er nicht widerstehen konnte und vielleicht kurz ihre Wange berührt hatte. Fast so, wie eben. Sie hatte es ihm definitiv angetan, dass wurde ihm jetzt langsam klar.

>> Wenn wir wieder zurück sind, dann können wir gerne dort wieder hinreiten. << bot er ihr an. Arien lächelte breit, als sie nickend zustimmte. Es erleichterte ihn, dass sie nichts erwiderte oder entgegenbrachte, dass sie nicht mit ihm in den Düsterwald zurückkehren wollte und ihm wurde leichter ums Herz. Sie würde freiwillig mit nach Hause kommen. Alles war gut.

Thranduil FF || DIE BESTIMMUNG - Mond und SterneWhere stories live. Discover now