Academy of Salem

47. Kapitel

Die Regeln des Wettkampfs waren simpel: Man musste alle Schüler der anderen Fraktionen besiegen.
Dazu waren alle Mittel erlaubt.
Und niemand durfte ernsthaft zu Schaden kommen.
Bei letzterem hatte ich allerdings meine Zweifel, denn was für Jones 'nicht ernsthaft zu Schaden kommen' hieß, wusste wohl niemand so genau.
Allerdings war es uns Schülern freigestellt, selbst aufzugeben, wenn es brenzlig wurde, indem wir den kleinen, leuchtenden Chip, der jedem von uns zugeteilt worden war, mit unserem Fingerabdruck aktivierten.
Dann würden wir automatisch vom Wettkampf ausgeschlossen und von einem Schutzschild umgeben werden, welches sich in der winzigen Technik verbarg.
Auf dem Trainingsgelände waren fünf verschiedene Hindernisparcours aufgebaut worden, die uns durch einige versteckte, magische Details in Schach halten sollten. Wer den Hindernisparcours verließ, bevor nur noch Angehörige der eigenen Fraktion übrig waren, wurde ebenfalls disqualifiziert.
Als Jones die Teams einteilte, die gegeneinander antreten würden, stöhnte ich genervt auf.
Das konnte doch nicht wahr sein...?!
Damien, Shadow und die hochnäsige, brünette Nyx stellten sich mit hämischem Grinsen Argon und mir gegenüber.
Der dritte Artemis in unserem Team war ein Junge, der mir bisher noch nie sonderlich aufgefallen war und dessen Namen ich mir nicht hatte merken können. Ich meinte mich allerdings daran zu erinnern, dass er über eine übermenschliche Stärke verfügte, was im Kampf durchaus nützlich sein könnte.
Immerhin waren wir im Vorteil, da wir so ziemlich die Schüler mit den stärksten Kräften der Artemis waren, wobei Shadow und Damien zugegebenermaßen ebenbürtige Gegner waren.
Ich fragte mich, ob Jones die Zusammensetzung der Gruppen absichtlich so ausgerichtet hatte, dass sie das Interesse der Herrscherin wecken würden.
So oder so würde es wohl einen spannenden Wettkampf zwischen uns geben, wobei die Chancen, dass Argon gewinnen würde, recht gut standen.
Ich musterte die drei Eunomia, von denen keiner sonderlich bedrohlich wirkte.
Bei den Metis hingegen war ein Mädchen, vor der ich im Kampftraining bei Harry ab und zu wirklich Angst hatte.
Ich atmete einmal tief durch.
Hier waren die Spielregeln andere.
Ich konnte mich auf meine Kräfte verlassen.
"Also dann", murmelte Argon angespannt.
Ich versuchte mich an einem ermutigenden Lächeln. "Also dann"
Nachdem ich Eve, die gegen Lucas antreten würde, einen kurzen Blick zugeworfen hatte, lief ich zu dem uns zugeteilten Hindernisparcours.
Er bestand hauptsächlich aus einem Holzgerüst, einigen metallenen Stangen und hatte am hinteren Ende etwas, dass wie ein Teil eines Riesenrads aussah.
Erleichtert atmete ich aus und musterte dann den Parcours, der für Kilians Gruppe vorgesehen war: Eine Mischung aus Hochseilgarten und gefährlich scharf aussehenden Geräten, die mich dunkel an Kreissägen erinnerten.
"Was soll das denn bitte sein?!", flüsterte ich Argon schockiert zu und deutete auf den Parcours.
Argon ließ seinen Blick jedoch starr geradeaus gerichtet. "Wir müssen uns jetzt auf unseren eigenen Wettkampf konzentrieren", sagte er leise, aber bestimmt.
Ich nickte nur wenig überzeugt.
"Na, Prinzchen", rief Shadow, während er sich elegant auf das Holzgerüst heraufschwang. "Angst, weil du weißt, dass du verlieren wirst?"
Ich starrte ihn wütend an und versuchte hinter dem bosartigen Funkeln in seinen Augen etwas zu erkennen, das mir zeigte, dass der Shadow, den ich kannte, immer noch da war.
"Starr mich nicht so an, Aline", sagte er kühl und blickte verächtlich an mir herunter.
"Ihr könnt immerhin würdevoll verlieren"
Argons Wangenknochen spannten sich noch etwas mehr an und ich merkte, dass er etwas erwidern wollte. Dann schluckte er jedoch seinen Konter herunter und wandte sich kopfschüttelnd von Shadow ab.
Wahrscheinlich hatte er Recht und es war unsinnig, überhaupt auf Shadows Provokationen zu reagieren.
Doch ich musste mich ziemlich zusammenreißen, um es ihm gleichzutun.
Ich schwang mich hinter Argon und dem anderen Artemis ebenfalls auf das Holzgerüst hinauf und warf Eve einen letzten Blick zu, bevor ich mich auf unsere Gruppe konzentrierte.
Als Jones das Startsignal gab, ertönte ein metallisches Quietschen und das Gerüst unseres Parcours begann sich plötzlich wie von Zauberhand zu bewegen.
Die Metis, die gerade einen Sprung auf Argon zu gemacht hatte, hielt sich haltsuchend an einer Metallstange fest, während ihre Beine im Nichts baumelten.
Als ihr ein anderes Mädchen aus ihrer Fraktion zur Hilfe kommen wollte, stieß Damien sie mit einem Tritt vom Gerüst.
Sie landete mit einem dumpfen Aufprall auf dem Boden und das Leuchten ihres Chips erlosch, als Zeichen, dass sie ausgeschieden war.
Das ganze war so schnell von Statten gegangen, dass ich ihr mit ungläubigen Blick hinterherstarrte, während sich unser Gerüst einige Meter in die Höhe schraubte.
Damien war deutlich anzusehen, dass er nicht ganz schwindelfrei war. Trotzdem lief er auf die nur noch mit einer Hand an einem Metallstreben hängende Metis zu.
Doch als er ihre Hand berührte, verpasste sie ihm einen heftigen Stromschlag, woraufhin Damien zurücktaumelte. Argon nutzte den Moment, schwang sich zu Damien herüber und drängte ihn durch Flammen, die er in seinen Händen aufflackern ließ, gen Abgrund.
Shadow und die brünette Nyx waren über eine aus metallenen Sprossen erschienene Leiter auf ein höheres Stangengerüst geklettert und hatten sich dort in Sicherheit gebracht.
Jetzt mussten sie jedoch dabei zusehen, wie Damien, wehrlos gegen Argon, an der Kante des sich bewegenden hölzernen Gerüsts stand.
Wahrscheinlich wäre Damien dem Mädchen nachgestürzt, dass er so eben von dem Parcours gestoßen hatte. Doch plötzlich drehte sich Argon blitzschnell um und feuerte eine Kugel aus Feuer ab.
Die Metis, die noch eben einhändig an einem Metallstreben gehangen hatte, hatte sich unbemerkt von uns anderen wieder auf das Gerüst geschwungen und rannte nun auf Argon zu. Geschickt wich sie dem kleinen Feuerball aus, woraufhin Argon sie mit weiteren bombardierte.
Damien rammte Argon seinen Ellenbogen mit einer unglaublichen Wucht in die Rippen, sodass dieser in sich zusammensackte und auf der Metallplatte liegen blieb, auf der er gerade gestanden hatte.
Ich konzentrierte mich auf Argon und versuchte alle anderen auszublenden. Doch meine Kräfte unter Druck anzuwenden, war sehr viel schwerer als gedacht.
Als ich es endlich geschafft hatte, Argon mit einer Art Schutzschild aus Wind zu umgeben, der es jedem Angreifer schwer machen würde, zu ihm durchzudringen, drehte ich mich zur Seite und sah gerade noch, wie der andere Artemis aus unserem Team von der aggressiven Metis mit in den Abgrund gerissen wurde.
Nahezu im selben Moment griffen die drei Eunomia gemeinsam einen Jungen der Metis an.
Anscheinend hatte ich ihre gebündelte Stärke unterschätzt, denn auch wenn der Junge weitaus stärker war, schafften sie es, ihn zu disqualifizieren.
Somit waren die Metis aus dem Wettkampf ausgeschieden.
Ich richtete meinen Blick auf Damien, der Argon finster anstarrte, während er das Schutzschild umkreiste.
Plötzlich stieß eine der Eunomia einen Schrei aus.
Ich wandte mich zur ihr um und sah, dass sich das Stangengerüst selbstständig gemacht hatte und nun die drei Eunomia attackierte.
Wäre das Mädchen nicht noch im letzten Moment ausgewichen, hätte sie diese Metallstange sicherlich aufgespießt.
Mit weit aufgerissenen Augen starrten ich Jones an, der mit verschränkten Armen neben der Herrscherin von Salem stand und den Fortgang des Wettkampfs mitverfolgte.
Der hatte sie doch nicht mehr alle....!
Das Mädchen von den Eunomia hatte es anscheinend als einzige Chance gesehen, ihren Chip zu aktivieren und war nun ebenfalls disqualifiziert worden. Sie wurde von einer leuchtenden Blase umgeben, an der die Metallstangen, die mittlerweile wie Speere durch die Luft sausten, einfach abprallten.
Die beiden anderen Eunomia kletterten die Metallsprossen zu Shadow und der anderen Nyx hinauf, um sich vor den Metallstangen in Sicherheit zu bringen.
Ich hingegen versuchte nicht einmal ihnen auszuweichen, sondern konzentrierte mich auf die Luft, die die Metallstangen umgab.
Als ich die vollkommene Kontrolle über die Stangen besaß, konnte ich einfach nicht anders, als mir damit einen kleinen Spaß zu erlauben.
Selber Schuld, wenn Jones diese Mordmaschinen für unseren Wettkampf konstruiert hatte...
Mit einem lauten Zischen rasten die Stangen durch die Luft auf Jones zu. Nur wenige Zentimeter von seinem Körper entfernt ließ ich sie inne halten und anschließend zu Boden sinken.
Jones warf mir einen ziemlich wütenden Blick zu, doch ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
Sarkastisch deutete ich einen Knicks an und wandte mich dann von dem fassungslosen Professor Jones und Argons Mutter, die diesen amüsiert musterte, ab.