60 - Hayat

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*** Eylem's Sicht ***

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*** Eylem's Sicht ***

Ich schloss die Wohnungstür hinter mir und lehnte mich erstmal an die geschlossene Tür an. Nach einer langen Diskussion mit Zeynel im Krankenhaus hatte er mich endlich Nachhause gefahren, auch wenn er mich ungern allein gelassen hat.

Doch ich brauchte das gerade. Ich brauchte die leere Wohnung und eine gewisse Einsamkeit um meine Gedanken und meine Gefühle zu sortieren. Die letzten Tage waren einfach zu viel gewesen für mich, viel zu viel.

Ich rutschte an der Wand hinunter und spürte wie die erste Träne meine Wange hinunter lief. Im Krankenhaus konnte ich mich noch zusammen reißen, auch für Loran, der immer noch in Lebensgefahr schwebte. Doch jetzt, wo ich alleine war kam alles wieder hoch. Jeder dieser schrecklichen Momente der letzten Tage wiederholten sich in meinen Gedanken. Doch anders als erwartet war es keine Trauer oder Angst die in mir hochstieg und das Gefühlschaos in mir entfacht, sonder Wut und Hass.

Wut auf Can. Ich konnte immer noch nicht realisieren, dass er tot ist. Doch was ich wusste war, dass es seine eigene Schuld war. Wie kann sich ein Mensch, von dem man dachte, dass man ihn kennt nur so sehr verändern? Dass er mich mit meiner Schwester betrogen hat war bloß der Anfang gewesen, denn im Vergleich zu all dem war es gar nichts. Er hatte mich entführt und beinahe vergewaltigt. Und ich konnte gar nichts dagegen unternehmen. Egal wie sehr ich geschrien, geweint oder versucht habe ihn von mir weg zuschubsen, nichts half.

Das Einzige was ihn gestoppt hat, waren die Schüsse die plötzlich aus dem Flur ertönten und wie ich mir dann später alles zusammen gereimt habe, kamen die Schüsse von Loran.

Ich erinnerte mich daran zurück wie Can sofort aufsprang und durch die Tür lief. Leider war er schlau genug die Tür von außen wieder abzuschließen, so dass ich nicht fliehen konnte. Ich lief ebenfalls zur Tür um zu lauschen, doch das Einzige was ich hören konnte waren ein weiterer Schuss und die Stimmen von zwei Personen, doch wem sie gehörten konnte ich nicht zu ordnen.

Kurz darauf ging die Tür auch wieder auf und ich presste mich sofort an die gegenüberliegende Wand an, so weit weg von Can wie nur möglich. Doch dieser kam mit einem wütenden Blick auf mich zu. Eine Gänsehaut bildete sich auf meiner Haut wenn ich an seinen Blick zurück denke, als er mir gesagt hatte, dass sie jetzt wohl nur noch eine Geisel hätten. Er lies mich in dem Glauben Loran wäre gestorben. Daraufhin fing ich an gegen seine Brust zu schlagen und ihn zu beschuldigen, dass er ihm das Leben genommen hätte.

Doch das schockierende war, als er mir sagte, dass nicht er derjenige war der es getan hat. Und als er mir schließlich gestand wer es war fing die Wut in mir an zu wachsen.

Natürlich war ich erleichtert, als ich dann herausfand, dass Can gelogen hatte und Loran noch lebte, doch die Wut in mir auf die Person, die den Abzug gedrückt hatte war kein bisschen weniger geworden.

Ich hatte Zeynel im Krankenhaus in dem Glauben gelassen, dass es Can war. Erstens, damit er bei seinem besten Freund blieb und nicht mit der Rache wieder hinauslief und zweitens, weil es meine Angelegenheit war.

Im Krankenhaus hatte ich die gemischten Gefühle in Zeynels Augen gesehen. Die Reue und die Schuldgefühle. Doch ich gab ihm für nichts von all dem die Schuld, denn es war auch meine Schuld. Can war mein Ex Freund und Dilan- ach Dilan. Ich brach den Gedanken ab, denn die Wut in mir kochte.

Auch wenn ich es mir nicht ganz eingestand hatte mich die Zeit in dem dunklen Zimmer verändert. Die Einsamkeit in der Dunkelheit gefesselt da zu sitzen und nicht zu wissen was als nächstes passieren wird. Die Angst.

Ich atmete tief durch und wischte mir die Tränen auf dem Weg in die Dusche weg.

Nach der Dusche stand ich mit einer Zigarette in der Hand auf dem Balkon und überlegte wie ich mit meinem Plan voran gehen sollte. Doch schnell wurde ich von dem Klingeln der Tür unterbrochen.

Ich zündete meine Zigarette aus und lief zur Wohnungstür. Vorsichtig sah ich erst durch den Spion hindurch, doch entspannte mich sofort.

Ich öffnete die Tür und vor mir standen Zeynels Brüder.

"Yenge" (Schwägerin) rief Efe glücklich und zog mich in eine Umarmung. Ich erwiderte diese lächelnd und zog auch Kaya dazu, der verlegen durch die Gegend sah.

"Wir sind so erleichtert, dass es dir gut geht" gab Kaya zu nachdem wir uns losließen und ich die beiden hinein bat.

"Danke, aber Loran-"

"Wir wissen Bescheid" unterbrach mich Efe "Abi hat uns aus dem Krankenhaus angerufen und uns gesagt, dass wir dir das hier geben sollen"

Er hielt mir ein Handy hin und ich sah ihn fragend an.

"Er ist davon ausgegangen, dass du dein Handy nicht mehr hast" erklärte er und ich sah ihn überrascht an.

Ich hatte noch gar keine Zeit gehabt an so etwas zu denken, doch er hatte Recht mein Handy hatte ich leider nicht mehr. Ich nahm es in die Hand und sah es mir an. Ich schüttelte lächelnd den Kopf. Ach, Zeynel es hätte doch nicht direkt das neuste Modell sein müssen.

"Seine Nummer ist schon eingepeichert und unsere habe ich auch hinzugefügt" sagte Kaya und zwinkerte mir zu, was ich belächelte.

"Danke Jungs" antwortete ich ehrlich "Hat Zeynel was zu Lorans Zustand gesagt?"

Sie schüttelten gleichzeitig den Kopf "Hat sich nichts geändert. Meine Mutter betet schon seit Stunden für ihn. Für sie ist er wie ihr vierter Sohn"

Ich nickte traurig "Allah kabul etsin" (sowas wie 'möge Gott es akzeptieren')

Die beiden verabschiedeten sich und ich sah mir das neue Handy an und überlegte. Und dann fiel es mir ein. Ich meldete mich bei iCloud an und war mehr als glücklich, dass ich mich immer um aktuelle Updates gekümmert hatte, so dass ich die Nummer von Dilan schneller fand als erwartet.

Lange sah ich mir die eingespeicherte Nummer an, doch wusste dass es nicht bei einem Anruf bleiben konnte und diesen wollte ich erst tätigen wenn ich soweit war. Immer wieder rang ich mit meinen Gefühlen und diskutierte mit mir selbst in meinem Kopf. Ich wusste, dass ich mehr wollte als nur reden. Ich wollte keine Erklärung, keine leeren Worte- nein am besten gar keine Worte. Ich wollte Rache. Und das nicht auf meine Art. Überrascht musste ich bei meinem nächsten Gedanken feststellen, dass mehr von Zeynel auf mich abgefärbt war als ich gedacht hätte.

Immer wieder tauchten kleine Szenen vor meinen Augen auf. Wie ich betäubt wurde und gefesselt in einem dunklen Raum aufwachte. Wie Loran komplett zusammen geschlagen vor meine Füße geworfen wurde. Wie Can mich angefasst an. Diese Berührungen brannten immer noch auf meiner Haut und unbewusst kratze ich mich, als könnte ich so den Ekel von mir werfen. Der Moment, als mir und dem halb verbluteten Loran eine Waffe an den Kopf gehalten wurde.

Den Blick in Zeynels Augen, als er uns so aufgefunden hat werde ich nie vergessen. So verzweifelt hatte ich ihn noch nie gesehen. Von all dem was ich bis jetzt von Zeynel gesehen hatte, dachte ich er hat vor nichts und niemandem Angst. Dass er unerschütterlich sei. Doch im Endeffekt war er auch bloß ein Mensch.

Und diesmal war ich es, die ihn beschützen musste.

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> C.

HayatWhere stories live. Discover now