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ASHLEY

„Ashley" ertönt Harrys Stimme laut durch das ganze Haus. „Noah hat schon wieder in die Windel gemacht"

Ich verdrehe genervt die Augen. Sobald unser junger Sohn gewickelt werden muss, ruft er immer mich, egal wie gestresst ich gerade bin oder wenn ich einmal am Tag für nur 10 Minuten meine gottverdammten Beine hochlegen möchte. Harry weigert sich partout eine vollgekackte Windel anzufassen, was ich nachvollziehen kann, da das auch nicht zu meinen liebsten Aufgaben gehört, aber dennoch muss es getan werden. Und auch er kann das ruhig mal machen.

Schon von dem Moment an, ab dem ich aus dem Krankenhaus entlassen wurde, hat er mir diese ätzende Aufgabe überlassen. Und das obwohl es mir die ersten Tage sehr schlecht ging. Aber welcher Frau geht es nach einer Geburt schon gut? Erst recht wenn die Monatsblutung zurückkehrt und das auch noch stärker als je zuvor. Jedenfalls wollte ich in diesen Tagen am liebsten nichts anderes tun als mich auszuruhen, aber dieser Luxus wurde mir nicht gegönnt. Aber versteht mich nicht falsch. Harry ist ein sehr fürsorglicher Papa, der mir bis auf das Wickeln so ziemlich alles abgenommen hat und den ganzen Tag über damit verbringt, Noah zu unterhalten, damit ich mich etwas um den Haushalt kümmern kann. Auch wenn Haushalts Arbeiten nicht schöner sind.

In meinem Zimmer angekommen, in dem auch das Babybett und die Wickelkommode steht, muss ich lächeln. Noah liegt bereits auf der Kommode und Harry steht über ihn, kitzelt ihn und scheint dumme Grimassen zu ziehen. Er kann gut mit Kindern umgehen, auch wenn er immer das Gegenteil behauptet hat.

„Endlich bist du da. Ich ertrage diesen Gestank nicht mehr" klagt er und hält sich die Nase zu, um zu demonstrieren wie sehr er leidet. Ich schaue ihm kopfschüttelnd nach, während er das Zimmer verlässt. Ich liebe diesen Mann mehr denn je.

Dann beuge ich mich über Noah, der mich angrinst, was mein Herz sofort erwärmt, und entsorge schnell die alte Windel. Nachdem ich sie gegen eine neue ausgetauscht habe, nehme ich ihn in den Arm und laufe den Gang entlang Richtung Wohnzimmer.

Dort angekommen überreiche ich ihn Harry und begebe mich an den Tisch, auf dem mein Laptop steht. Den ganzen Tag schon verbringe ich damit, mir einen neuen Model Auftrag einzuholen. Leider – oder zum Glück – bin ich mittlerweile auf dem Karrierelevel angekommen, bei dem Reporter und in den ganzen News über meine Schwangerschaft berichtet wird. Normalerweise würde mich das sehr freuen, aber die Presse mit meiner Schwangerschaft hilft mir bei der Jobsuche nicht gerade. Keine Firma möchte mich buchen, aus Angst, negative Presse zu kassieren.

Meine Geburt ist erst 2 Wochen her und würde mich jetzt jemand buchen, würde die Presse in den Nachrichten schreiben, wie scheiße es von dieser Firma wäre, mich jetzt schon zu buchen und dass sie mir keine Zeit zum ausruhen geben. Ha Ha als ob ich das jetzt hätte. 

Diese Wohnung hier ist zu klein für uns drei und früher oder später braucht Noah ein eigenes Zimmer. Harry und ich wollen so schnell wie möglich wechseln, aber eine große Wohnung kostet um einiges mehr Geld. Ganz zu schweigen von den Utensilien, die wir für die Geburt ausgegeben haben.

Zusätzlich vermisse ich das Modeln wirklich sehr. Harry ist der Meinung, es wäre zu früh. Durch meine Schwangerschaft haben sich viele Dinge in meinem Leben geändert, aber niemals werde ich mir von irgendjemanden vorschreiben lassen, was ich machen soll, was ich darf und was nicht. Ich bin eine eigenständige Frau und notfalls bräuchte ich weder Mann noch Kind. Jedoch liebe ich die beiden schon und möchte kein Leben ohne die beiden.

„Welch eine Ironie, dass ich mir nach der Vergewaltigung geschworen habe, nie wieder etwas mit einem Mann anzufangen" murmle ich so vor mich hin, während ich weiterhin durchs Internet scrolle.

„Was?" Harry springt plötzlich von der Couch auf und kommt mit schnellen Schritten auf mich zu. „Was hast du da gesagt?"

Ich blicke ihn verwirrt an. Was soll diese Scheiße denn schon wieder?

„Ashley, wurdest du wirklich vergewaltigt?" fragt er Ernst. Ich reiße meine Augen auf.

„Mach doch jetzt kein Drama, das ist 2 Jahre her"

„Wieso hast du mir nie etwas davon gesagt?" schreit er mich plötzlich an. Ich zucke zusammen. Harry fährt sich gestresst durch seine Haare.

„Okay, sag mir jetzt wie der Wichser heißt, der dir das angetan hat"

„Harry, du.."

„Nein Ashe, ich meine es ernst. Du hättest mir früher davon erzählen sollen."

„Aber das spielt doch absolut keine Rolle mehr" stammle ich überfordert. Ich weiß gar nicht, was jetzt in Harry gefahren ist.

„Nein, Ashley. Ich habe jetzt kein Bock mehr. Sag mir wer es war."

Ich blicke ihn unsicher an. „Sag mir, wie der Kerl heißt" brüllt Harry und kommt ein paar Schritte auf mich zu.

Hastig springe ich auf. Atemlos keuche ich „Liam Payne. Er heißt Liam Payne"

„Ich werde.."

Bevor Harry den Satz beenden kann, laufe ich auf ihn zu und drücke meinen Mund auf seinen. Er reagiert sofort und drückt mich weg.

„Du wirst nichts machen. Er hat seine Strafe bekommen. Ich habe damit abgeschlossen."

„Du solltest dich so von keinem Typen behandeln lassen" erwidert er wütend. „Und du hättest mir früher davon erzählen sollen. Du hast mir nicht vertraut, stimmts? Das ist es, du hast mir einfach nicht vertraut" murmelt er. Tränen bilden sich in meinen Augen und ich trete einen Schritt näher zu ihm, wobei er sofort zurückweicht. Nun blickt er mir das erste mal seit diesem Gespräch in die Augen und sieht mich dunkel an.

Ich zucke erneut zusammen. "Ich wollte nicht darüber reden Harry. Mit niemanden. Ich musste das verdrängen. Dauernd darüber nachzudenken hätte mich fertig gemacht"

Aber Harry zeigt kein Verständnis. Ohne weitere Worte verlässt er die Wohnung und lässt mich zum wiederholten mal stehen. Und ich Idiot dachte, wir könnten es diesmal schaffen, wenigstens für Noah. Aber ich war naiv, ich habe mich getäuscht. Harry und ich werden nie eine Zukunft haben. Zu viele Dinge stehen zwischen uns. Ich dachte wirklich, wir hätten uns geändert, gebessert. Aber das war nur ein egoistischer Traum, der wohl nicht in Erfüllung gehen konnte.

Laut schluchzend setze ich mich neben Noah auf die Couch, der dort so friedlich schläft. Er hat nichts von alldem mitbekommen. Er hat es gut.

„Tut mir leid, dass du so schlimme Eltern erwischt hast" flüstere ich und kuschle mich neben ihn. „Ab sofort gibt es nur noch uns, Noah. Aber ich verspreche dir, wir zwei meistern das. Wir sind ein gutes Team." Das beste Team. Besser als ich und dein dämlicher Vater. Aber das kann ich natürlich nicht laut sagen.

Plötzlich kam er in das Leben eines TopmodelsWhere stories live. Discover now