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HARRY:

Stunden später verlasse ich den Flughafen in Los Angeles und mache mich auf den Weg, ein Hotel zu suchen. Als ich fündig werde, checke ich schnell ein und gehe direkt weiter auf die Suche nach Ashley.

Zum Glück hat sie vor einer halben Stunde eine Instagram Story gemacht, in der man ihren Standort erkennen kann. Hastig erkunde ich mich nach dem nächsten Bahnhof, studiere den Fahrplan und steige nach Ewigkeiten endlich in eine Bahn. Scheiß Los Angeles.

An der Adresse angekommen, stutze ich. Das ist ein verdammtes Luxushaus. Ich wusste, dass dieser Niall viel Geld hat, aber dass es so viel ist, hätte ich nicht erwartet. Plötzlich verlässt mich der Mut und ich würde am liebsten umkehren. Ashley würde sich nie für mich entscheiden, ich kann ihr nicht das bieten, was Niall ihr bieten kann. Und selbst wenn, was soll ich bitte sagen, wenn ich gleich klingle? Das war ne scheiß Idee. Und definitiv alles andere als durchdacht. Oh verdammt, seit wann höre ich auf irgendwelche Nutten, die ich nicht mal kenne? Dann wäre ich jetzt nicht in dieser  beschissenen Situation.

Trotz all meinen Zweifeln überwinde ich mich, die Klingel zu drücken, schließlich möchte ich nicht umsonst hergeflogen sein. Aber oft kann ich diese Beziehungskacke nicht mehr machen, verliere ich Ashley heute, dann werde ich sie endgültig in Ruhe lassen. Nicht nur mein Geld wird durch dieses ewige hin und her weniger, nein auch meine Geduld.

Es dauert keine Minute, da wird die Tür von diesem Niall geöffnet. Na toll, jetzt muss ich auch noch mit dem reden.

Ich mustere ihn von oben bis unten. Pullunder und Stoffhose. Was hab ich auch anderes erwartet, der Sohn eines Designers würde niemals in Gammelklamotten rumlaufen so wie ich. Ein weiterer Punkt, bei dem er mir überlegen ist. Ja verdammt, er passt sogar wirklich gut zu Ashley, auch wenn diese Gedankengänge schmerzen.

„Kann ich dir helfen?" fragt er mich irritiert.

„Ist Ashley da?" Niall nickt und sieht mich weiterhin fragend an.

„Kannst du sie bitte holen? Oder kann ich rein?" Ungeduldig trete ich von einem Bein auf das andere. Vielleicht bin ich auch etwas nervös, aber das schieben wir jetzt mal zur Seite.

„Woher kennt ihr euch?" Ich seufze.

„Du musst Ashley nicht vor mir beschützen" entgegne ich rau. Er starrt mich schockiert an, beginnt dann aber zu lachen.

„Eyy, das wollte ich gar nicht" ruft er lachend aus, während er mir kumpelhaft auf meinen Arm haut. Diese Geste habe ich noch nie bei Menschen verstanden und auch jetzt lässt sie mich genervt zusammenzucken. „Ashley, komm mal bitte" ruft Niall schließlich ins Haus rein.

Erleichtert streiche ich meine Haare zurück und hoffe, dass dieser Niall nicht noch mehr mit mir reden will.

„Bist du ein Freund von ihr?" Damit wäre all meine Hoffnung dahin.

Ich nicke. Hoffentlich versteht er mit dieser Geste jetzt, dass ich nicht reden will.

Aber auch das versteht er nicht. „Weißt du schon von ihrer Schwangerschaft?"

Meine Augen weiten sich. Das war das letzte Thema, worüber ich sprechen wollte. Wegen dieser Scheiße ist dieses ganze Drama überhaupt entstanden. Ohne mich wäre sie jetzt nicht bei dir, mein lieber. 

Ohne auf meine Antwort abzuwarten, spricht er weiter. „Ich werde Vater. Hab es gestern erfahren" Nialls Blick ist überglücklich und offensichtlich erwartet er Glückwünsche von mir. Ha, das kann er vergessen.

Ich glaube mir wird schlecht. Als nun Ashley aus der Tür tritt und mich schockiert ansieht, reicht es mir. Meine Nervosität ist verflogen und hat der Wut Platz gemacht. 

„Ashley, schön dass du deinen Vater gefunden hast" Mit diesen Worten drehe ich mich um und laufe schnell davon. Ich wünschte das alles wäre nur ein Traum. Aber ein Stechen in der Brust zeigt mir deutlich, dass es das nicht ist. Und ich Idiot dachte, ich wäre der Vater..

Plötzlich tauchen Bilder von Kindern in meinen Gedanken auf und die Vorstellung Vater zu werden gefällt mir plötzlich. So absurd das auch klingen mag, aber ja, ich bin wütend dass Niall das bekommt, was ich unbewusst wohl doch immer wollte. 

Schnell laufe ich zurück zum Hotel, schmeiße mich auf mein Bett und denke reglos über die vergangene Zeit nach. Ich liege lange schweigsam da, bewege mich nicht im geringsten. Vielleicht ist es auch besser so.. Niall wird bestimmt ein guter Vater – ein besserer als ich. Und das ist es doch, was Ashley verdient. Jemanden, der sie und ihr Kind gut behandelt und lieben kann. Ich kann nicht lieben, schätze ich.

Und zum zweiten mal in dieser Woche laufen mir stumm Tränen die Wangen hinunter.

Ich erlaube meinen Körper zu trauen, ich tue es ja doch viel zu selten. Aber ich habe nicht nur mein Kind verloren, nein ich habe am heutigen Tage die schönste und tollste Frau auf Erden verloren. Ich kann gar nicht anders als zu trauern. Ich liebe Ashley so sehr, mehr als Worte oder alles andere jemals beschreiben könnten. Eine Zeit lang dachte ich, dies beruht auf Gegenseitigkeit, aber anscheinend war ich der einzige, der so gefühlt hat. 

Bevor ich Ashley kannte war ich kalt, habe niemanden an mich rangelassen. Erst durch Ashley hat sich all dies geändert. Und was habe ich jetzt davon? Ich sitze heulend und schwach in einem lächerlichen Hotel in Los Angeles.

Und dies war der Abend, an dem ich mein Herz wieder verschloss. Und diesmal für immer.

Plötzlich kam er in das Leben eines TopmodelsWhere stories live. Discover now