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Die letzten Tage verliefen ruhig. Ich habe meine Sachen bei Harry abgeholt, wobei wir außer einem kleinen Smalltalk nicht besonders viel geredet haben. Dann habe ich mich einigermaßen gemütlich in meiner neuen Wohnung - meinem neuen Zuhause - eingerichtet und eigentlich nur noch auf dem Sofa gelegen und Netflix geschaut, um meine Schmerzen auszublenden.

Während dieser Tage hat sich aber auch niemals jemand bei mir gemeldet. Weder Harry, noch Niall und meine Eltern erst recht nicht. Enttäuscht schaue ich täglich auf mein Handy, nur um festzustellen, dass ich keine neuen Nachrichten habe, außer ein paar von meinen Followern.

Diese sind meist aber nur solche wie: "Kannst du mich grüßen?" oder irgendwelche Komplimente, die mich zwar rühren, aber nicht das sind, was ich jetzt brauche. Ich brauche Menschenkontakt, jemanden, mit dem ich mich ganz normal über irgendwelche langweiligen Dinge unterhalten kann. Nicht meine Follower, die mich vergöttern. Wüssten sie, wie es in meinem Leben wirklich aussieht, würde mich keiner von ihnen mehr eines Blickes würdigen. 

Als ich zum wiederholten mal an diesem Tag auf Instagram vorbeischaue, fällt mir ein Beitrag von Charlotte in die Augen. In diesem sitzt sie lächelnd in einem Club und schreibt in ihrer Caption ebenfalls nochmal, dass sie den Abend dort verbringen wird und Spaß haben will. Da der Beitrag erst vor wenigen Minuten gepostet wurde, beschließe ich kurzerhand dort aufzutauchen. Vielleicht ist die Person, die ich immer am meisten gehasst habe, die einzige Person, mit der ich Spaß haben kann. Manchmal verfluche ich mich ja schon dafür, dass ich mir nie sonderlich viel um Freunde gemacht habe. Ich hielt es für Zeitverschwendung. Besser gesagt meine Mutter. Aber diese Tage wünschte ich doch, ich hätte wenigstens eine Person, zu der ich kommen kann. Aber das habe ich nicht. Ich habe niemanden.

Langsam erhebe ich. Mit diesem fetten Bauch vor mir, ist das gar nicht so einfach. Dazu kommen noch Rückenschmerzen, die mich selbst beim stehen quälen, weshalb ich sitzen und liegen bevorzuge.

Nichtsdestotrotz stelle ich mir vor meinem Kleiderschrank, suche nach irgendwas angemessenem, dass mir noch passt und ziehe mir wenige Minuten später ein grünes, dehnbares Kleid an. Dieses war schon vor der Schwangerschaft ziemlich eng an mir gelegen und hat jedes Körperteil gut betont. Durch meinen mittlerweile gewachsenen Bauch, ist es noch enger, aber das einzige, dass mir noch passt. Und mit Jogginghose möchte ich dort auch nicht auftauchen. Wahrscheinlich ist es sowieso total unpassend, Hochschwanger feiern zu gehen, aber eine weitere Stunde auf diesem Sofa in dieser Wohnung würde ich nicht überstehen. 

Bevor ich mich schminke, schreibe ich Charlotte eine schnelle Nachricht und frage sie, ob ich auch vorbeikommen kann. Ich weiß, dass sie ja sagen wird. Somit muss ich mich jetzt nicht auch noch um eine Einladung kümmern, denn nach kurzer Recherche fand ich heraus, dass dieser Club ein Privatclub ist.

Seufzend setze ich mich, wobei die eine Hand an meinem Rücken liegt. Ich bin so froh, wenn dieser Bauch endlich wieder weg ist, ich meine alte Kleidung wieder anziehen kann und endlich diese gottverdammten Schmerzen aufhören. Wer hätte schon gedacht, dass eine Schwangerschaft so schmerzhaft werden würde?

Gute 20 Minuten später bin ich fertig mit dem Schminken. Ein Blick auf mein Handy zeigt mir eine neue Nachricht – was mich grinsen lässt. Wie ich dieses Zeichen vermisst habe.

Charlotte hat mir die Adresse gesendet und gemeint, sie würde sich auf mich freuen. Das kann ich von mir zwar nicht ganz behaupten, aber selbst ein Abend mit Charlotte ist besser als ein weiterer Abend zuhause auf meiner Couch. Also tippe ich schnell, dass ich mich ebenfalls sehr dolle freue und lege mein Handy weg.

Ich mache mich auf dem Weg zur Türe, packe vorher noch ein paar Kleinigkeiten in meine Tasche und bleibe erst vor dem Schuhregal wieder stehen. Seufzend lasse ich meinen Blick über die verschiedensten Modelle werfen. Am liebsten würde ich sofort zu High Heels greifen, jedoch überdenke ich diese Aktion nochmal. Ich war schon lange nicht mehr mit High Heels unterwegs, erst recht nicht, seitdem mein Bauch so gewachsen ist.

Was ist nur aus mir geworden? Seit wann überdenke ich meine Entscheidungen 100 mal? Früher hätte ich einfach zu den Heels gegriffen und mein Ding gemacht. Und kurzerhand tue ich dies auch. Ich setze mich auf die Bank daneben, beuge mich fluchend ein Stück nach unten und nehme die komischsten Positionen ein, um mich in die engen Schuhe zu kriegen. Auch hier ist mir mein Bauch extrem im Weg und ich muss meine Arme durchstrecken, um an meine Füße zu kommen.

Als dieser Kampf geschafft ist, ich auf der Straße stehe und auf mein Taxi warte, blicke ich mich um. Ich habe die Gegend hier noch nicht erkundet. Es ist zwar die gleiche Stadt, in der ich schon seit meiner Kindheit lebe, trotzdem war ich noch nie in diesem Abteil der Stadt unterwegs.

Endlich fährt das Taxi heran, ich steige ein, übergebe die Adresse und lehne mich zurück. Hoffentlich ist der Ausflug heute Abend keine Katastrophe.




„Tschüss" verabschiede ich mich, während ich die Tür des Taxis zuwerfe. Charlotte kommt direkt grinsend auf mich zu, reist ihre Augen beim Anblick meines Bauchs auf und zieht mich umständlich in eine Umarmung.

„Du bist mit deiner Schwangerschaft weiter als ich dachte" erwidert Charlotte, bevor sie mich hineinführt.

Der Club ist voll, aber trotzdem fühle ich mich hier mehr als wohl. Ich stelle meine Tasche neben die Garderobe auf einen kleinen Tisch und mische mich in das Getümmel. Während ich alle möglichen Leute hier anquatsche und eine kleine Unterhaltung führe, merke ich gar nicht, wie Harry neben mich getreten ist.

„Ich hätte nicht gedacht, dich hier anzutreffen" begrüßt er mich monoton. Ich blicke tief in seine grünen Augen. Hach, wie ich sie vermisst habe.

„Wo ist Niall?" fragt er weiter, da ich ihm nicht geantwortet habe.

„In Los Angeles" erwidere ich knapp. Harry nickt kurz und lässt mich dann einfach stehen. Na toll. Ich wollte einen schönen Abend haben. Muss Harry wirklich alles ruinieren? Nicht mal ein Abend von Freude sei mir gegönnt.

Plötzlich kam er in das Leben eines TopmodelsWhere stories live. Discover now