33

40 4 0
                                    

Die nächsten Tage war Harry entweder bei mir oder ich bei ihm. Tatsache ist jedenfalls, dass wir keine Sekunde ohne einander verbracht haben. Zugegeben dieses ständige hin und her pendeln tut mir nicht gerade gut, weil ich momentan am liebsten den ganzen Tag im Bett verbringen würde. Mein Bauch ist unendlich schwer, was nichts verwunderliches ist, denn ich bin in der Endzeit meiner Schwangerschaft angekommen. Die Tatsache, dass dieses kleine Wesen in mir drin jeden Moment kommen könnte, macht mir Angst. Ich weiß nicht, ob ich bereit bin, es kennenzulernen, aber ich will es ganz gewiss nicht länger in mir herumschleppen müssen.

„Ashleyyyy" ertönt eine laute Stimme. Harry hat es sich zur Aufgabe gemacht, schon einmal ein Baby Bett aufzubauen, auch wenn das gerade total unpassend ist. Wir wissen noch immer nicht wie es mit unserer Wohnsituation weitergehen soll. Diese Wohnung ist zu klein für uns beide, ganz zu schweigen wenn das Kind mal da ist. Harry ist der festen Überzeugung, ich solle wieder zu ihm ziehen, denn er hat genügend Platz, aber das ist mir jetzt zu stressig. Nicht nur wegen der Tatsache, dass ich hochschwanger bin, sondern auch weil ich mir noch immer nicht sicher bin, ob ich und Harry es diesmal hinkriegen. Klar, wir machen Fortschritte und haben uns immerhin seit einer Woche nicht mehr richtig gezofft – abgesehen von kleinen Diskussionen und Meinungsverschiedenheiten natürlich – aber es kann jeden Moment wieder anders werden. Und wenn ich dann mal bei ihm bin – und unser Kind auch – sollte das schon halten. Das einzige, das noch anstrengender ist, als Hochschwanger umzuziehen, ist mit einem schreienden Neugeborenen das zuhause zu wechseln.

„Sag mal Ashley, hörst du mich nicht?" holt mich Harrys patzige Stimme aus meinen Gedanken. Er streift sich seine schmutzigen Hände an der Hose ab und kommt mit grimmiger Miene in mein Zimmer hereingestürmt.

„Tut mir leid, was ist los?"

„Ich verstehe diese dämliche Anleitung nicht." Harry lässt sich frustriert neben mich aufs Bett fallen und hält mir die Anleitung direkt vor die Nase. Seufzend entreiße ich sie ihm. Auf der Anleitung sind keine Bilder oder ähnliches, sondern nur ein langer, kleingedruckter Text.

„Ich liebe es wie sich deine Stirn in Falten legt, wenn du angestrengt nachdenkst" Ganz falsche Worte, Harry. Eine Frau will niemals wissen, wenn sie Falten bekommt, erst recht wenn sie als Model arbeitet und Falten ein absolutes Problem darstellen.

„Lese diese scheiß Anleitung doch selber" beleidigt drücke ich sie ihm in seine Hand zurück und lege die nun frei gewordene Hand auf meinen Bauch. Ich habe schon den ganzen Tag unerträgliche Bauchschmerzen, was Harry ganz genau weiß. Und trotzdem nervt er mich damit, ein scheiß Bett aufzubauen, das in dieser Wohnung noch nicht mal Platz hat. Ich weiß seine Fürsorge zu schätzen, aber ich hab in meinem Leben noch nie etwas handwerkliches gemacht und nun ist der falsche Moment damit anzufangen. Er soll das ruhig alleine machen.

„Danke für deine tolle Hilfe" meckert Harry, steht vom Bett auf und läuft wieder in die Küche – oder wo auch immer er das Bett aufbaut. Seufzend blicke ich ihm nach. Ich kann immer noch nicht fassen, dass Harry mir gehört.

„Keine Sorge, Harry ist nicht immer so. Ich weiß er wird dir ein toller Vater sein" flüstere ich dem Baby zu, während ich über meinen Bauch streiche. Vielleicht ist es verrückt, aber ich bin fester Überzeugung, dass kleine bekommt schon mit, was hier alles abgeht. Harry macht sich jedes mal über mich lustig, wenn ich mit meinem Bauch rede, aber so dumm ist das gar nicht. Einige in meiner Schwangerschaftsgruppe, der ich neuerdings angehöre, tun das auch.

Ich schnappe mir das Buch, welches neben mir auf dem Nachttisch liegt und beginne zu lesen. Ich habe seit Jahren kein Buch mehr gelesen und würde es jetzt eigentlich auch nicht tun, aber ich weiß einfach nicht mehr, wie ich die Zeit rumschlagen soll. Auf Netflix habe ich so gut wie jede gute Serie mittlerweile durch, mein Handy hat mir Harry weggenommen, damit ich nicht den ganzen Tag davor sitze – darüber hatten wir schon eine lange Diskussion, weil ich das nicht unterstütze und ich will echt nicht wissen, wie viele Follower ich mittlerweile verloren habe - also bleibt mir wohl nur noch diese Option.

Während mein Blick über die ganzen Buchstaben schweift, werde ich ganz müde und kurze Zeit später muss ich wohl eingeschlafen sein. Meine Träume handeln von schreienden Kindern, herumeilenden Harrys und Nialls und meiner nörgelnden Mutter, die selbst an dem kleinen neugeborenen Kind etwas auszusetzen hat, weil die Nase nicht passt oder sonst irgendwas.

Von höllischen Schmerzen geweckt, schrecke ich auf. Ich blicke auf die Uhr und sehe, dass ich den ganzen Nachmittag über geschlafen habe, denn es ist schon später Abend. Harry scheint noch immer in der Küche herumzuwerkeln, denn ich höre laute Geräusche.

Erst jetzt fällt mir die Nässe unter meinen Beinen auf. Scheiße. Mein Herz scheint einen Schlag auszusetzen, nur um kurz danach umso stärker zu schlagen. Meine scheiß Fruchtblase ist geplatzt.

„Harry" schreie ich laut „HARRYYYY"

"Was?" schreit er fast genervt zurück, weil ich ihn unterbreche.

"Das Baby kommt" Meine Nerven sind am Ende.

Ich höre einen lauten Knall und daraufhin sehe ich Harry, wie er hektisch durch die Tür rennt. Erschrocken blickt er sich um, bis sein Blick auf mich fällt, wie ich mir schmerzverzerrend den Bauch halte. Sein Blick ist genauso überfordert wie meiner.

Die Schmerzen, die mich die letzten Wochen verfolgt haben, waren nichts im Vergleich zu diesen.

Blitzschnell dreht er sich um und rennt wieder aus dem Raum.

„Harry!" Er lässt mich doch nicht wirklich hier liegen. Vor allem nicht jetzt, wo ich in den Wehen liege.

Die Tür öffnet sich wieder und Harry betritt den Raum. In seiner Hand hält er die Tasche, die für diesen Moment seit ein paar Wochen bereitsteht.

„Scheiße ich bin so nervös. Ashley ich.." er fährt sich mit der Hand durch die Haare. „Ich weiß echt nicht wie ich damit jetzt umgehen soll"

Ich nicke verständnisvoll. „Ich habe doch auch keine Ahnung" gestehe ich verzweifelt.

Harry steht noch immer total nervös in der Ecke des Raums und blickt mich an. Seine Haare stehen in alle Richtungen ab.

Eine erneute Wehe lässtmich aufschreien. Harry sieht mich total erschrocken an und rennt auf mich zu.

Plötzlich kam er in das Leben eines TopmodelsHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin