14 ~ Unklarheit

206 18 0
                                    

Die nächsten Stunden verbrachte ich damit, Link zu erzählen, was alles passiert war, ab dem Zeitpunkt, an welchen er sich noch erinnern konnte. Dabei beschloss ich aber, ihm nur die nötigsten Dinge zu erzählen, die auch wirklich mit der Verheerung zu tun hatten. Ich vermutete, dass ich ihn nur aus der Fassung bringen würde, wenn ich ihm auch noch erzählte, dass wir uns ziemlich nahe gekommen waren. Es schmerzte zwar daran zu denken, dass er das alles vergessen hatte, doch ihm das alles wieder neu zu erzählen, wenn er nicht einmal davon wusste, war wahrscheinlich noch viel schlimmer.

Deshalb beschränkte ich es auf unsere gemeinsamen Reisen zu den Quellen und Dörfern, als auch den Ausbruch der Verheerung und den Moment, als meine Siegelkraft erwachte. Link hörte die meiste Zeit einfach nur zu, ohne viel zu sagen. Es musste für ihn wohl auch ziemlich schmerzlich und unverständlich sein; wenn ich alle meine Erinnerungen verlieren würde, dann würde ich vermutlich genau so reagieren, wenn ich nicht sogar in Selbstmitleid ertrinken würde.
Darüber hinaus erzählte ich Link von dem Ausbruch des Hasses aus dem Master-Schwert und erklärte ihm, wie es überhaupt zu dem Überfluss dessen gekommen war. Ich konnte erkennen, wie sich eine Gänsehaut auf seiner Haut bildete, als ich ihm diese Dinge erzählte.

"Und so war das alles", beendete ich meine Erzählung, als Link noch immer neben mir laufend ganz gedankenverloren nickte.
"Ich verstehe zwar nicht alles", setzte er an, als er mich gezwungen anlächelte. "Aber ich bin so glücklich, dass Ihr Euch die Zeit nehmt, mir das alles zu erzählen, Euer Hoheit."
Kurz verneigte er sich vor mir, woraufhin ich meine beide Hände auf seine Schultern legte.
"Natürlich mache ich das für dich, Link", erklärte ich ihm, während er mich verwirrt musterte. "Und bitte lass die Formalitäten sein. Wir sind Freunde."

Jetzt schaute er mich noch verwirrter an, während er einen Schritt nach hinten machte, um so eine Distanz zwischen uns zu bringen.
"Tut mir leid, Euer Hoheit- ich mein-", stotterte er, als er sich mit seiner linken Hand verlegen am Hinterkopf kratzte.
"Es tut mir leid, Zelda", korrigierte er sich nun selbst. "Aber es ist komisch, dich nicht wie gewohnt anzusprechen."

Ich musste schmunzeln als er das sagte. Natürlich musste es schwer sein; genau solch eine Konversation hatten wir schon einmal und er hatte mit genau den gleichen Worten geantwortet. Vielleicht steckte in ihm doch mehr von dem alten Link, als ich ursprünglich dachte.

Glücklich, ein Stück des alten Links gesehen zu haben, winkte ich ihn zu mir herüber, als wir auch schon in Richtung des Dorfes der Orni aufbrachen. Ich hatte nämlich einen Plan.

Auf dem Weg zum Schloss war ich zum Teil auch über Tote gegangen, denn all die Menschen, welche von dem Hass ergriffen wurden, lagen inzwischen darunter vergraben. Nicht nur, dass das ziemlich erschreckend und eklig war, aber sobald sie mit meiner Siegelkraft in Berührung kamen, da konnte ich sehen, wie sie sich bewegten oder atmeten. Also, was ist denn, wenn sie nicht tot waren, sondern eigentlich nur eingeschlossen? Keine Leichen, sondern verzweifelte Hylianer, welche auf Rettung warteten?
Diese Erkenntnis brachte mich auf eine Idee; auch wenn wir dachten, dass die Recken in dem Hass gestorben waren, was wäre, wenn sie eigentlich auch nur eingeschlossen waren, wie die anderen Hylianer? Wer sollte das wissen?
Und genau deswegen wollte ich vorerst einmal zu den Ornis; ausprobieren, ob meine Hypothese Sinn ergab und falls ja, die Recken befreien.

All dies erzählte ich auch Link, welcher aufmerksam zuhörte, als er plötzlich eine wichtige Bemerkung machte. "Was wäre denn, wenn der Recke der Orni gar nicht in Berührung mit dem Hass gekommen war?"
Und da hatte Link definitiv recht. Revali konnte fliegen und das könnte bedeuten, dass er sich irgendwo retten konnte.
"Noch ein Grund mehr, warum wir so schnell wie möglich dort ankommen sollten", antwortete ich ihm, woraufhin ich ihn zu mir winkte, da er immer noch hinter mir ging.
Etwas überrascht schloss er zu mir auf, als wir unseren Weg zum Dorf der Orni fortsetzten.

🔹    🔹    🔹

"Du möchtest da jetzt einfach so hingehen?", fragte Link ein wenig erstaunt, als wir am Stall der Orni ankamen, wovon eigentlich nichts mehr übrig war. Ich nickte ihm zu.
Der Hass hatte sich über das Dach des Stalles gelegt und die sonst so vollen grünen Tannen am Rande des Stalles waren nur noch vereinzelte Stöcke, welche in die Luft ragten. Zwischen dem schleimigen Hass konnte ich ein komisches Auge erkennen, welches Link und mich eindringlich musterte.
"Was ist das?", sprach ich meine Gedanken laut aus, als ich einige Schritte zurückging und mich hinter Link stellte. "Ist da irgendein komisches Monster aus dem Hass entstanden?"
Link schüttelte ein wenig amüsiert den Kopf, als ich mich nun komplett hinter ihm versteckte, woraufhin ich beide Hände auf seine Schultern legte und vorsichtig an ihm vorbeischaute.
"Wenn du mich loslässt, dann kann ich das Monster für uns töten", antwortete er mir mit einem leichten Grinsen im Gesicht, als ich sofort meine Hände von seinen Schultern nahm.
"Du hast doch gar keine Waffe", warf ich ein, als Link die Hände in die Hüften stemmte.
"Darf ich dich bitten, deine Siegelkraft auf einen der Bäume zu lenken?", fragte er mich freundlich, als ich ohne groß nachzudenken tat, worum er mich bat. 

Ich staunte nicht schlecht, als der Hass sich von dem Baum entfernte und eine gesunde grüne Tanne zurückblieb. Das bedeutete, dass ich mit meiner Siegelkraft die Macht hatte, das Leben zurückzuholen?
Ich konnte nicht länger darüber nachdenken, als Link auf den Baum zulief und einen losen Ast vom Boden sammelte, womit er zu mir zurückkam.

"Du willst damit kämpfen?", fragte ich verdutzt, als er den Stock, an welchem noch immer ein paar wenige Tannennadeln hingen, in seiner Hand elegant einmal drehte und dann durch die Luft schwang. 
"Jupp", war alles, was er antwortete, als er auch schon mit dem Stock nach dem Auge warf und es genau mittig traf.
Verwirrt, da alles so schnell ging, schaute ich zu, wie das Auge zerplatzte und in Hass zerfloss. Erschrocken schaute ich nun zu Link herüber.
"Was sollte das?", wies ich ihn zitternd zurecht. "Ich hab mich total erschrocken."

Verängstigt von seiner spontanen Aktion, wich ich ein wenig von ihm ab. Ich wusste nicht, was mit ihm passiert war, aber das hätte er früher niemals gemacht. Er hatte mir immer gesagt, was er tat und er hatte mir auch nie Angst gemacht. Jetzt stand er dort und zuckte mit den Schultern, als er auf das Dorf der Orni deutete. "Lass uns gehen."

Vorsichtig machte ich den weiteren Weg frei, als mein Blick auf das Dorf der Orni fiel. Die Verbindungsbrücken, welche den Weg zum Dorf bildeten, waren komplett von Hass überdeckt und ich hatte schon ein wenig Angst, dass die Brücke einstürzen würde, wenn wir nur darauf schauten.
Link musste bemerkt haben, dass ich ein wenig Bammel hatte einen Fuß auf diese Brücke zu setzten, weshalb er nach meiner linken Hand griff und mit mir zusammen die Brücke betrat. Sein Griff war fest, doch auch nicht zu fest; ich fühlte mich bei ihm sicher, auch wenn ich noch immer nicht seine Reaktion von zuvor verstehen konnte; er hatte mir nicht einmal geantwortet.
Doch eigentlich hätte ich eine Antwort von ihm erwartet; der Link von früher, der hätte sich auch entschuldigt. Ich weiß nicht, was in ihn gefahren war, vor allem, weil er jetzt auch wieder so fürsorglich war.

Gemeinsam setzten wir unseren Weg fort, Schritt für Schritt über die vier Verbindungsbrücken, bis wir am Dorf ankamen, welches, wer hätte es gedacht, ebenfalls komplett in Hass gehüllt war. Die wenigen verbliebenen Häuser, welche um das Dorf herum angebracht waren, quollen nur so von Hass über; die restlichen Häuser waren in die Tiefe gestürzt und somit wohl für immer verloren.
Kurz schaute ich zu meiner linken Seite, woraufhin Links und mein Blick sich für einen Moment trafen, als ich plötzlich erschrak. Nicht wegen seiner wunderschönen Augen, welche mich lieblich anschauten, sondern wegen des roten Kranzes, welcher sich um seine Iris legte.
"Link-", setzte ich an, als er blinzelte und das rot sofort wieder verschwunden war.
Jetzt legte er vorsichtig seine Arme um mich und zog mich nah an sich heran.
"Vergib mir, ich wollte dich vorhin nicht erschrecken", flüsterte er mir ins Ohr, als er unsere Umarmung nur noch verfestigte.

Etwas befremdet erwiderte ich seine Umarmung, als er diese ganz plötzlich und unerwartet wieder löste.
"Wir sollten gehen", sagte er mit einem befehlenden Unterton, welcher mich zusammenzucken ließ.
Sofort schlug er den Weg hinauf zum Dorf der Orni ein, als ich ihm schnell folgte, damit ich ihn vor dem Hass, welcher das gesamte Dorf belagerte, schützen konnte.

Vielleicht wussten wir wirklich viel zu wenig über den Schrein des Lebens. Es war ja nicht zu übersehen, dass Link sich irgendwie verändert hatte.
Kurz seufzte ich; ob ich den alten Link jemals wiedersehen würde?

Vergib mir | Legend of Zelda FF | DEWhere stories live. Discover now